Wie der eine oder andere Mitfahrer bei der Troychallenge mitbekommen hat, habe ich versucht, ähnlich den Tagebüchern unserer USA Touren für euch direkt meine Gedanken auf kleinen karierten Zettelchen festzuhalten. Ich muß leider sagen: Diesbezüglich bin ich gescheitert. Warum? Es fehlte einfach die Zeit. Man konnte letztlich nur vom Einfahren in die Schlußbremse bis zur nächsten Abfahrt des Zuges schreiben. Samstags ging das tagsüber, solange es hell war, auch noch einigermaßen. Abends wurde die Zeit nochmals deutlich verkürzt als das Tageslicht weg war und nur der Aufenthalt in der Station zur Verfügung stand. Ab 0.00 Uhr wurde der zweite Zug rausgenommen und der Aufenthalt in der Station hätte kaum gereicht, um das Heftchen aus der hinteren Hosentasche zu ziehen und direkt wieder reinzustecken. Ich schreibe daher einfach mal das, was ich festgehalten habe und den Rest gibt es aus der Erinnerung heraus.
Samstag
08.40 Uhr: Wir sitzen bei Markus im Auto. 10 Minuten später als gedacht, aber erstens war sowieso genug Puffer eingeplant und zweitens werden wir mit Superlaune und Musik meiner Lieblingsband entschädigt.
11.20 Uhr: Die T-Shirts sind super und vor allen Dingen eines: Schwarz! Langsam kommt Nervosität auf. Die größten Befürchtungen habe ich wegen der kommenden Schlaflosigkeit und vor verkrampften Kniegelenken und Beinen. Aber ich freu’ mich riesig, dass es endlich losgeht. In fünf Minuten gemeinsamer Marsch Richtung Troy.
Erste Runde der Challenge
12.35 Uhr: Langsam fahre ich mich ein.
13.00 Uhr: Der erste Onrider steigt zu mir in den Wagen: Volker, mit Superlaune und viel Spaß dabei. Wie alle anderen Mitfahrer auch.
13.15 Uhr: Lesley, der Belgier hat sein Essen verloren und muss jetzt aussteigen, um es wiederzufinden. Das ist das Ende für ihn. Die Angelegenheit (also die Challenge) scheint doch nicht so trivial zu sein. Mein Magen fühlt sich auch komisch an. Eine kurze Selbstanalyse kommt zu dem Ergebnis, ich muss was essen. Ein großes Stück Schokolade und wenige Minuten später und alles ist wieder innerhalb idealer Betriebsparameter.
14.40 Uhr: Sascha erinnert mich daran, was zu schreiben. Danke Sascha!
14.45 Uhr: Entweder das Kunstleder der Troysitze oder meine rückwärtige Bekleidung sind nicht optimal. Mein Gesäß fühlt sich an, als sei ich auf einer Wildwasserbahn gefahren. Vielleicht liegt es auch an dem wirklich supertollen Wetter. Einige Fahrten später merke ich nichts mehr davon. Die Sitzbank hat wohl einen Rückzieher gemacht, nachdem ich das Problem durch aggressives Ignorieren klar besiegt habe. Sitzqualität aktuell: 10 von 10 Sternen.
15.25 Uhr: Ich fahre ausnahmsweise auf der rechten Seite auf einem Presseplatz neben Jeroen, da der niederländische C-Promi unbedingt links neben seinem Lakaien fahren will und somit einen Challengerplatz besetzt. Im Gegensatz zu diesem Zitronenfalter sind wir Challenger da deutlich flexibler.
16.40 Uhr: Ein Problem stellen die sich zuziehenden Bügel dar. Entweder man hat Spaß, wenn sie aufbleiben oder man muß sich auf zunehmenden Blasendruck aufgrund erhöhter Flächenpressung durch die orangefarbenen Zuhaltemechanismen einstellen. Im Laufe der Challenge erlerne ich mindestens 10 verschiedene Antibügelzuziehhaltungen.
18.00 Uhr: Wir sind in der ersten großen Pause, sprich: Futterzeit. Das Zelt für die Versorgung der Challenger und Begleiter ist ja gut und schön, aber wie kommt man auf die Idee, man wolle sich zum Essen hinsetzen? Ich möchte mein Essen lieber im Stehen verzehren und suche mir daher mit Anita einen Stehtisch.
19:10 Uhr: Unsere beiden „Verzorger“ Markus und Anja kümmern sich spitzenmäßig um uns. Interessant dabei, dass sie da komplett unterschiedliche Methoden haben: Markus ist eher der Mann fürs Grobe: „Ich hol’ noch mal eben eine halbe Palette Wasser für euch, dann habt ihr immer genug da.“
Anja geht da filigraner zu Werke: Nachdem man verkündet hat, dass man in der nächsten Stationseinfahrt gerne einen Schluck Wasser hätte, bekommt man prompt wie gewünscht die Wasserflasche direkt an den Sitz gebracht, selbstverständlich schon aufgeschraubt und ergonomisch optimal bereitgestellt, damit wir unsere Kräfte für das Achterbahnfahren aufbewahren können.
20.30 Uhr: Im zweiten Zug sitzen fast nur Onrider. Wo sind die anderen Clubs?
20:45 Uhr: Verdammt ich habe etwas Wichtiges vergessen zu schreiben: Wir haben eine Fahne zur Challenge bekommen. Aber nicht nur irgendein Fähnchen, sondern eine Deluxe-Premium-Ausgabe aus dem Hause Frigga Fashion mit onride Logo und Karikaturen von speedfreak und mir. Sensationell. Irgendjemand hat sie in der Station aufgehängt (sorry, ich bin total vergesslich und weiß nicht mehr wer es war). Sie bleibt die ganze Challenge über hängen.
21.10 Uhr: Interessant, die Fahrt kommt mir mit jeder Umrundung kürzer vor. Ebenso interessant, die Mitfahrer empfinden das genauso.
22.30 Uhr: Ich bin total euphorisch. Frontrow, der beste Motivationsschub, den man haben kann. Endgeil, wie der Track auf einen zu rast!
23.20 Uhr: Es wird zunehmend kühler. Faszinierend ist dabei, dass die Temperatur über den Track verteilt sehr unterschiedlich ist. Dass es in der Station am wärmsten ist, dürfte jedem einleuchten. Am kältesten ist es jedoch nicht auf der Spitze des Lifthills, sondern in der Schlußhelix nahe dem kleinen Tümpel, in dem sich die ganze Zeit ein Entenpärchen aufhält. Ja, auch ein bisschen Sightseeing während der Fahrt muß sein.
Sonntag
00.30 Uhr: Zeit für die Troy-Disco! Die Techniker des Toverlandes haben in der Station und im Gebäude nach der Schlußbremse bunte Scheinwerfer aufgehängt und in der Station hören wir statt „Troy, de sensatie“ jetzt einen Mix gemischterMusik mit textlich im niederländischen angesiedeltem Schwerpunkt.
Ich sitze in der dritten Reihe, Anita in der siebten. Wir sind beide ohne Mitfahrer, daher nutzen wir die Chance, gemeinsam ein paar Ründchen zu drehen und Anita kommt zu mir nach vorne.
02.15 Uhr: Was gäbe ich für eine Toilette! Dadurch, dass wir nur zu festgelegten Zeiten das stille Örtchen aufsuchen können, will sowohl die Einfuhr als auch die Ausfuhr von Flüssigkeit geplant sein. Während die Einfuhr nur volumenmäßig geregelt sein muß, denn weder zuwenig (potentiell Kopfschmerzen) noch zuviel Wasser (sollte klar sein wieso) erleichtern das Fahren. Die Flüssigkeitsabgabe hingegen will vor allen Dingen in einen durch den Zeitplan vorgegebenen Rahmen eingepasst werden, bei dem die Blase leider kein Mitspracherecht hat. Also was tun? Ganz einfach: Zu den Gelenkumspannenden Muskeln weitere der menschlichen Aktoren aktivieren und es sich verkneifen. Die 45 Minuten bis zum nächsten Toilettengang sind die Schlimmsten für mich während der gesamten 24h.
Das Enttäuschendste während der Challenge sind Tim’s gebetsbuchartig wiederholten Witze -oder was auch immer das sein soll- während des Austretens:
„Mich würde dieser Druck von den Onridern, unbedingt durchhalten zu müssen, fertig machen. Willst du nicht lieber aufgeben?“
„Thomas (zu TT gewandt), du musst nur noch eine Stunde fahren, dann bist du immerhin eine halbe Stunde länger gefahren als Bruno.“
„Wieso ist Volker (kmonster) nicht mehr da? Der baut bestimmt eine Laseranlage auf, um in den Himmel
Bruno halt durch zu projezieren.“
Sorry, Tim, das war nichts, da hatte ich mehr von dir erwartet! Oder kannst du mir erklären, was das darstellen sollte? Halt ich hab’s: Du hast dich heimlich von
Jimmy Breuer sponsern lassen, stimmt’s? Du alter Schlingel, du!
04.05 Uhr: Die holländischen Mädels tanzen gemeinsam mit der Tochter der Parkchefin, die die Nachtschicht übernommen hat, zu Ehren unserer 200sten Runde bei unserer Ankunft Sirtaki in der Station. Der absolute Brüller! Hoffentlich hat das jemand fotografisch oder auf Video festgehalten!
Die Jungs und Mädels von themepark.nl haben einen riesigen Anteil daran, dass wir nicht im stimmungsmäßigen Mittelalter landen und unser letztes Fünkchen Begeisterung für diese wirklich tolle Holzachterbahn als brennender Scheiterhaufen endet. Was unsere niederländischen Achterbahnfreunde an Stimmungsmache, Show und Motivation abliefern, ist weltmeisterlich. Ich persönlich verneige mich jedenfalls vor Irene, Yolande, Hans und allen anderen, deren Namen ich nicht weiß oder vergessen habe.
05.10 Uhr: Die oben schon erwähnten Antibügelzuziehhaltungen führen dazu, dass ich mangels Sitznachbar aus Langeweile versuche, auf jeder Fahrt verschiedene Sitzpositionen mit stets aufs neue variierten Bügelhaltungsstellungen zu kombinieren, um so immer neue Fahrerlebnisse zu komponieren. So machen auch die Fahrten alleine Spaß. Irgendwas muss man ja machen, um sich zu beschäftigen.
06.00 Uhr: Beim Aussteigen fühle ich mich wackeliger auf den Beinen als bei den vorhergehenden Pausen. Ich erzähle Anita von meinen Körperstabilisierungsproblemen und sie berichtet, dass es ihr genauso ergeht. Wir beschließen, erstmal was zu essen und dann weiterzusehen.
06.35 Uhr: Seit fünf Minuten wieder im Zug sitzend geht es mir blendend. Ich weiß jetzt, was das Problem während der Pause war: Das Nicht-Fahren war schuld. Mir bekommt so was einfach nicht!
Die Sonne geht auf und es wird zunehmend heller. Genauso ergeht es meiner Stimmung. Die letzten Stunden waren schon nicht so einfach. Niedrige Temperaturen, Müdigkeit und Dunkelheit verführen jedenfalls nicht zu pausenlosem Frohlocken. Aber jetzt ist wieder alles gut!
08.00 Uhr: Seit langem Mal wieder ein Gesicht aus dem Hause onride neben mir. Nach vielen Fahrten mit weniger bekannten Gesichtern aus unserem Nachbarland erleichtert das die Konversation dramatisch, da ich meine Muttersprache einsetzen kann. Nicht falsch verstehen, die Niederländer hätten zum großen Teil sicher auch englisch oder deutsch verstanden, aber ich wollte erstens höflich sein und zweitens meine niederländische Sprachkenntnisse verbessern. Letzteres ist mir nicht wirklich gelungen, zu ersterem kann ich nicht sagen, wie es angekommen ist.
Achja, Jeroen: Du hast dich zu Recht beschwert, dass ich mich mit dir nicht niederländisch unterhalten habe. Ehrlich gesagt, bei dir war es mir besonders wichtig, dass du mich richtig verstehst und da dein Deutsch um Dimensionen besser ist, als mein Niederländisch, habe ich mich für die größte sprachliche Schnittmenge entschieden.
10.00 Uhr: Passend zum einsetzenden Starkregen steht meine Frontrowfahrt an. Passend auch, dass ich meine Regenhose mit meinen Stiefeln im Wachturm beim Zugang zum Troybereich eingeschlossen habe, zu dem ich erst um 12.00 Uhr wieder Zugang habe. Glücklicherweise hat Markus eine Regenhose dabei, die er mir für eine Stunde leihen will. Um 11.00 Uhr will er sie zurück haben, um selber noch ein Stündchen zu fahren. Ich nehme sie dankend an, denn die erste Reihe im Zug bei Starkregen bedeutet sonst auch den ersten Platz im Durchnässungswettbewerb. Also ehrlich gesagt, es regnet nicht, es schüttet. Wie uns später die Parkchefin Caroline Maessen erläutert, wird bei derartigen Wassermassen normalerweise die Bahn stillgelegt. Gut, dass man es nicht tut. Die einstündige Fahrt auf Toverlands nassester Attraktion erfrischt ungemein. Und mein Frontrowplatz hat zumindest einen großen Vorteil: Ich kann aus dem gefühlt ein Quadratzentimeter großen Guckloch meiner fast bis aufs Kinn heruntergezogenen Kapuze wenigstens die Schiene sehen. Die anderen Challenger können das nicht und vollziehen somit eine Blindwasserung nach der nächsten.
11:00 Uhr: Die letzte Stunde bricht an und der Regen lässt nach. Mir ist jetzt alles egal und ich will nur noch das Troyholz genießen. Also Kapuze runter und Arme hoch. Ohne nach hinten zu gucken fühle ich: Die Anderen empfinden genauso. Die Menschen in der Station und auf dem Balkon des Abstellgleises feiern uns als seien wir Fussballweltmeister. Die Stimmung ist einfach unbeschreiblich. Ich gestehe, dass ich so was noch nie vorher erlebt habe und es fühlt sich saugeil an!
12:00 Uhr: Die letzte Fahrt beginnt exakt bei Ende des Countdowns 00:00:00 und die Freude kennt einfach keine Grenzen mehr. Nach Beendigung der letzten Fahrt folgt noch eine Ehrenfahrt ohne die Mitfahrer, aus dem Troyzug wird ein echter Triumphwagen für die Challenger. Will man mir zu diesem Zeitpunkt das Strahlen aus dem Gesicht entfernen, so muss man schon operativ vorgehen.
Dann ausgestiegen, einander umarmt und sich nur noch feiern lassen.
Letzte Runde der Challenge
12:30 Uhr: Irgendwie haben wir uns umgezogen und befinden uns jetzt auf der offiziellen Presse- und Huldigungskonferenz. Frau Maessen hält eine wie ich finde sehr bewegende Rede, aber das liegt wohl daran, dass ich mich zu diesem Zeitpunkt sehr zusammenreißen muss. Jetzt kann ich verstehen, wenn Olympiasieger nach ihren Erfolgen die eine oder andere Träne verlieren.
Wir werden mit „We are the Champions“ nochmals gemeinsam gefeiert und anschließend werden uns die Urkunden ausgehändigt.
13:30 Uhr: Wir verlassen das Toverland und werden von Yuma nach Hause gefahren. Das erste Mal seit über 25 Stunden schlafen wir während einer Fahrt ein.
Fazit: Das war der Wahnsinn! So ein unglaublich intensives Event habe ich vorher noch nie erlebt. Genau genommen handelte es sich auch nicht um eine Troychallenge, sondern um eine Troyorgie. Die Unterstützung durch insbesondere die Onrider und die Jungs und Mädels von themepark.nl war einfach unbeschreiblich. Während man in der Zeit von 18.00 Uhr bis 24.00 Uhr den Eindruck hatte, als hätte onride.de das Toverland diesen Abend für eine Exklusivveranstaltung gemietet, boten unsere niederländischen Achterbahnfreunde während der Nacht eine Partyveranstaltung vom Feinsten und führten fantastische Motivationstänze auf.
Danke fürs
- Vertrauen, das ihr in uns gesetzt habt!
- mitfahren!
- einfach kommen!
- spontan mehrere Stunden kaufen!
- zuhause am Liveticker mitverfolgen!
- Wasser und Brötchen reichen!
- Sirtaki tanzen!
- Anfeuern!
- fotografieren!
- was-auch-immer-tun, das uns wie-auch-immer geholfen hat!
Danke onride!