Schleswig-Holsteins Schausteller verzichten wegen sinkender Besucherzahlen und steigender Kosten auf die Teilnahme am Kieler Sommermarkt. Die Kieler Woche bekommt durch die Aufstellung von Fahrgeschäften immer mehr Jahrmarkts-Atmosphäre. Schausteller-Präsident Ludolf Fock hält daher den Sommermarkt 2006 für gefährdet.

Kiel
Ann-Christin Henze
Viele Jahrmarktsbesucher staunten nicht schlecht als der bunt gemischte Artisten-Trupp vom Zirkus Roncalli schwatzend am Autoscooter von Ludolf Fock auf dem Kieler Wilhelmsplatz eintraf. Zirkusleute auf dem Jahrmarkt?! „Früher gehörten Zirkus und Jahrmarkt immer zusammen“, erklärte dazu Ludolf Fock, der als Präsident auch dem Schleswig-Holsteinischen Schaustellerverband vorsteht. Da der Zirkus Roncalli bis zum 23. Juli in Kiel gastiert und auch der Jahrmarkt noch bis zum kommenden Sonntag für Abwechslung sorgt, lernte man sich bei diesem Besuch gegenseitig kennen. Nachdem die muntere Artistenschar etliche Runden im Autoscooter gedreht hatte, luden sie ihrerseits die Karussellbetreiber für den kommenden Mittwoch in eine Roncalli-Vorstellung ein. „Schließlich haben die Schausteller auch ein wenig Spaß verdient“, erklärte dazu Gordon Strahl. Und Spaß können die Schausteller auf dem Kieler Sommermarkt allemal gebrauchen, den deren wirtschaftliche Situation ist deutlich angespannt. Ludolf Fock begründete das vor allem mit der Inflationierung von Veranstaltungen und Ausweisung zusätzlicher Flächen in Kiel. „Hier ist ständig etwas los, sei es der Kieler Umschlag, die drei Jahrmärkte auf dem Wilhelmsplatz, das Ducksteinfestival, das Fest der Biere, das Hafenfest, die Piratenwoche und vieles mehr“, so der Schausteller-Präsident. Und nun bekäme sogar die Kieler Woche mit ihrem „Actionpark“ immer mehr Jahrmarkts-Charakter und überschatte damit den nur eine Woche später liegenden Sommermarkt. „Die Menschen sind es einfach müde und das Geld sitzt ja auch nicht mehr so locker“, erläutert Ludolf Fock.

Bis zum letzten Jahr habe gegolten: Keine Fahrgeschäfte auf der Kieler Woche! Erstmals wurden jedoch 2004 Schaustellerfamilien mit Fahrgeschäften aus anderen Bundesländern von privaten Vermarktern nach Kiel eingeladen. Dies läge vor allem auch am Desinteresse einiger Ämter im Kieler Rathaus vermutet Fock. Für den Schaustellerverband sei der Sommermarkt in Kiel für 2006 daher deutlich gefährdet. „Für viele Betriebe lohnt es sich wegen der hohen Stand- und Parkgebühren einfach nicht mehr aufzubauen“, so Fock. Das Parken auf dem Kieler Wilhelmsplatz ist grundsätzlich gebührenfrei, nur die Schausteller müssten neben den Standgebühren auch noch für das Abstellen ihrer Fahrzeuge zahlen. Und dies alles bei sinkenden Besucherzahlen. Bereits in diesem Jahr haben daher viele Schaustellerbetriebe kurzfristig ihre Teilnahme am Sommermarkt abgesagt. Daher musste auch die Veranstaltungsfläche auf dem Kieler Wilhelmsplatz deutlich verkleinert werden. Süßwarenverkäufer Michael Wundsam macht sich ebenfalls Sorgen um die Zukunft der Kieler Jahrmärkte: „Die Situation ist einfach verfahren!“

Quelle shz.de