Dieser Bericht ist Teil der Serie "Tom's Orlando Guide". Informationen zu weiteren Parks findet Ihr hier:
Seaworld – eine der bekanntesten Attraktionen in Orlando, direkt nach Disney – passt nicht ganz in das Themepark-Schema à la Universal oder Disney. Während es sich selbst beim thematisch verwandten Animal Kingdom hauptsächlich um Rides und Shows ist Seaworld ein reinrassiger "Tierpark" ... plus drei Achterbahnen.
Der Eingangsbereich von Seaworld – nein, die Walrösser sind nicht echt
Die Hauptattraktion ist somit nicht der B&M
Floorless Coaster Kraken, sondern die Shamu-Show, dessen "Star" der gleichnamige Orca-Wal ist.
Der Park selbst befindet sich zwischen International Drive und A4 in der Nähe der Universal Studios. Im Grunde gibt es verschiedene "Ansätze", Seaworld in einen Orlando-Besuch einzubeziehen: Im Orlando Flexticket, das auch Universal, Wet'n'Wild und in der "großen" Version Busch Gardens enthält, ist der Park mit enthalten. Wenn man sich für Meeresbewohner interessiert, kann man ohne weiteres einen ganzen Tag in diesem schön angelegten Park verbringen. Ist man eher kein Fan (eingesperrter) Fische, so lässt sich der Park prima mit einem anderen Park kombinieren, denn die beiden "großen" Coaster Kraken und Journey to Atlantis liegen direkt nebeneinander und sind in kürzester Zeit abgehakt. Selbst wenn man die mehrmals täglich laufende Shamu-Show in den Besuch mit einbezieht, ist das ganze in 2-3 Stunden zu schaffen.
Wenn man aber die Coaster-Fan-Scheuklappen ablegt, bietet Seaworld in einer ruhigen Atmosphäre eine Reihe toller "Animal Encounters".
Die "Pacific Point Preserve" bietet kalifornische Seelöwen, die für einen Fisch-Snack Kunststückchen zum Besten geben und deren "Öööök, Öökk, Öööööök" schon von weitem zu hören ist. Vorsicht ist jedoch vor den Seemöwen geboten: die mögen Fisch auch sehr gerne.
Ööök, Ööök!
Look at me!
In der seichten "Dolphin Cove" gibt es Delfine zum Anschauen, Füttern und Streicheln. Durch Glasscheiben lassen sich die Tiere auch unter Wasser beobachten. Nebenban liegt übrigens die "Dolphin Nursery", in der frisch gebackene Delphin-Mamas mit Ihren Nachkommen leben.
Sie nannten ihn Flipper, Flipper, den Freund aller Kinder
Die in der "Stingray Lagoon" lebenden Mantas kann man anschauen, streicheln (wenn man sich das denn traut) und sogar füttern. Dazu steckt man sich einen Fisch zwischen die Finger und legt seine Hand flach auf den Boden. Der Rochen lässt sich nieder und "saugt" den Fisch auf.
Boah, voll der tiefer gelegte Manta, ey!
Im "Penguin Encounter" watscheln vier verschiedene Pinguin-Arten umher. In diesen Indoor-Attraktion herrschen frostige 0° Celsius, eine willkommene Abkühlung im zeitweise doch recht heißen Orlando.
Ebenfalls kühl wird es in "Wild Artctic", damit sich die Eisbären, Walrösser, Belugas, Seehunde und Forellen dort auch wohlfühlen. Wer "Back to the Future" in den Universal Studios hinterhertrauert kann den Weg in die Attraktion auch mit einem Simulator bestreiten, der einen Helikopter-Flug zeigt. Eine elende Rappelkiste, in der mir auf der ersten und einzigen Fahrt speiübel geworden ist.
Hai gefällig? Beim "Shark Encounter" sieht man ein Haifischbecken aus einer ganz anderen Perspektive: Von unten! Möglich macht dies ein 20-meter langer Acrylglas-Tunnel. Gruselig!
Am "Turtle Point" warten Schildkröten in allen Größen und Formen auf den Besucher.
It's Turtle-Time!
Die Manatee ist eine in Florida vorkommende Seekuh, die vom Aussterben bedroht ist. In die "Manatee Rescue" verbringt Seaworld verletzte Manatees aus ganz Florida. Die Tiere werden dort gepflegt um sie später wieder auszuwildern und so die Art zu erhalten.
Seaworld versteht es, seine Tiere gekonnt in Szene zu setzen: Die beiden Shows "Clyde and Seamore" und "Blue Horizons" verbinden Musik, Action und sogar eine Art Handlung mit tierischen Protagonisten: Seelöwen bzw. Delfinen.
Die Clyde and Seamore Show
Blue Horizons
Die Nummer #1 unter den Shows ist jedoch mit Abstand die mehrmals täglich stattfindende Shamu-Show, die in einem riesigen halbkreisförmigen Auditorium stattfindet. In der Mitte befindet sich ein gigantischer Video-Screen, auf dem auch die Pre-Show in Form von Fragen und Antworten stattfindet -– hier können die anwesenden Besucher ihr Wissen über Wale testen. Danach betritt ein gutes Dutzend Trainer die Bühne und kurz darauf haben die Orcas ihren – im wahrsten Sinne des Wortes – großen Auftritt. Was hier an Sprüngen und Interaktion zwischen Mensch und Tier gezeigt wird, ist schon atemberaubend – ebenso wie die Tiere selbst, die nicht nur riesenhaft (bis zu acht Meter lang), sondern unglaublich schön sind. Über die Video-Wand können die Zuschauer das Geschehen auch unter der Wasseroberfläche verfolgen.
Riesiges Display, riesiges Auditorium, riesiger Orca
Wer in einer der ersten Reihen sitzt, hat eine gute Chance, komplett nass zu werden, denn wenn Shamu mit seiner riesigen Schwanzflosse das Wasser aufpeitscht, spritzt dieses meterhoch. Zudem ist das Wasser eiskalt: Gut für den Wal, nicht so schön für Besucher, die einen Schauer der Marke "geduscht" abbekommen.
Splash!
Shamu ist übrigens nur der "Künstlername". In Wirklichkeit leben in Orlando acht Tiere mit den Namen: Katina, Kalina, Tilikum, Taima, Takara, Kayla, Trua, Nalanie.
Shamu
Neben Bewohnern des kühlen Nass hat der Park ein zweites Standbein – Busch Gardens macht es vor: Die beiden Achterbahnen Kraken (ausgesprochen: Kräcken, nicht Krääähkhhen) und Journey to Atlantis.
Bei Kraken handelt es sich um einen B&M
Floorless Coaster. Die Mechanik, mit der in der Station der Boden zwischen die Wagen und wieder weg geklappt wird, ist schon beeindruckend und so ist auch der gesamte Ride:
Ausfahrt aus der Station
Nach dem Lifthill und dem B&M-typischen Pre-Drop, fährt der Zug durch eine 90° Rechtskurve und in den relativ flachen
First Drop.
First Drop - nicht gerade steil
Danach folgt ein Vertikal-
Loop und dann ein wirklich atemberaubendes Element: Der Dive-
Loop. Der Zug steigt auf, dreht sich auf den Kopf und stürzt einen halben
Looping hinab. Danach folgt eine Zero-
G und eine Cobra-Roll. Der Zug wendet und fährt in eine
Blockbremse. Normalerweise leiden B&M-Bahnen ab jetzt an einem "Hilfe was machen wir jetzt – wir müssen noch zwei Inversionen abspulen und zur Station zurück"- Syndrom. Nicht so Kraken! Nach einem kleinen, aber gemeinen
Loop, der halb eingegraben wurde, taucht der Zug mit voller Geschwindigkeit in einen höhlenartigen Tunnel ein, vollführt dort eine enge 180° Wende, um danach wieder aufzusteigen und eine
Corkscrew zu durchfahren.
Ab in den Tunnel!
Aus dem Tunnel!
Durch den Korkenzieher!
Was für ein Finale! Danach fährt der Zug in eine weitere Bremse, im Schritttempo eine 180° Wende und zurück in die Station.
Machen wir uns nichts vor: Die Bahn macht keine Gefangenen. Wer zwei Runden hintereinander dreht, der merkt das. Der "Mann mit dem Hammer" kommt aber perfiderweise erst dann, wenn man wieder festen Boden unter den Füßen hat. Ansonsten ist die Bahn unglaublich smooth, spannend und eine der besten B&Ms, die ich kenne, ich würde sie auf eine Stufe mit Medusa setzen. Die Thematisierung geht auch in Ordnung, wobei der namensgebende Kraken selbst ein wenig nach Grundschul-Bastelei ausschaut.
Das ist der Kraken
Minuspunkte macht die Bahn auch als Foto-Objekt: Sie ist nämlich vom Park aus kaum einsehbar – ganz anders schaut das schon vom International Drive aus: Besonders wenn Nachts der Lifthill beleuchtet ist, ist Kraken ein gigantischer Anblick. Eventuell kann man die Bahn vom Park-eigenen Aussichtsturm einsehen, nur ist dieser erstens kostenpflichtig und war zweitens bislang bei jedem meiner Besuche geschlossen.
Direkt nebenan befindet sich die zweite Achterbahn des Parks: "Journey to Atlantis" -– eine Mischung aus Darkride und Watercoaster aus dem Hause
Mack. Bei diesem Ride-Typ schwimmt das Boot teilweise durch Wasserkanäle, teilweise wird es aber auch in Schienen eingefädelt und fährt dann wie eine "richtige" Achterbahn. Das Prinzip ist dem einen oder anderen vermutlich aus dem Europapark (Poseidon) bekannt. Im Vergleich zur Bahn in Rust bietet Journey to Atlantis zusätzlich zu Beginn einen Dark-Ride-Teil an den sich relativ früh der erste große Splash-Down anschließt. Danach fährt das Boot eine 180° Schleife bei der Zuschauer die Chance haben, die Passagiere mit münzbetriebenen Wasserfontänen zu durchnässen. Wer es bis hierhin geschafft hat, trocken zu bleiben, sollte sich allerdings nicht in falscher Sicherheit wähnen. Liebe Ingenieure von
Mack: Journey to Atlantis ist eine fantastische Bahn, aber was in aller Welt, habe Ihr Euch bei der nun folgenden Stelle gedacht? Das Boot wird über ein Förderband ca. 30 cm hochgehoben und gleitet einen Abhang mit maximal einem Meter Höhenunterschied hinab. Je nachdem wie das Boot beladen ist, taucht dabei der Bug unter die Wasseroberfläche, eine Welle geht einmal von vorne nach hinten durch das Boot und jeder ist bauchabwärts durchnässt. Danach geht es einen zweiten Lifthill hinauf (wehe dem der hinten sitzt: Nasse Füße sind garantiert!) und ein der Rest der Fahrt, inklusive dem für die Zuschauer nicht einsehbaren Achterbahnteil schließt sich an.
Journey to Atlantis
Fazit: Ich bin bezüglich des Parks hin- und hergerissen. Auf der einen Seite ist Seaworld ein wirklich schön angelegter, weitläufiger und angenehm ruhiger Park und der Betreiber Anheuser-Busch engagiert sich in einer Reihe von Tierschutz -Projekten. Journey to Altantis macht nicht nur nass, sondern auch Spaß und Kraken ist ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Die Shows, in denen die Tiere zu Stars avancieren, haben für mich einen etwas bitteren Beigeschmack: Sicherlich ist das Shamu-Becken für menschliche Verhältnisse riesig, aber gilt das auch für die tonnenschweren Orcas, die darin leben (müssen)? Ähnliches gilt für das Delfin-Streichel-Becken, in dem die Tiere hunderten aufgeregter Besucher ausgesetzt sind und das Tag für Tag. Sicherlich ist Seaworld in vielen Bereichen, die den Tierschutz betreffen meilenweit vor anderen Delfinarien, dennoch ist für mich das beste Aquarium aus Tiersicht immer noch das offene Meer. Paradoxerweise hat sich bei mir diese Meinung in einer Shamu-Show verfestigt: Beim Anblick dieser majestätischen, unfassbar schönen schwarz-weißen Tiere.
Aber vielleicht sehe ich das Ganze auch zu verbissen. Ich kann jedem nur empfehlen, sich selbst vor Ort ein Bild zu machen. Denn eines ist sicher: Seaworld ist einen Besuch wert! Und wenn man die zweite Hälfte des Tages in einer Mall, einem Wasserpark oder den nahe gelegenen Universal Studios verbringt.
Ach ja: Echte Chancen auf einen trockenen Popo bei Journey to Atlantis hat, wer das Boot hinten möglichst schwer und vorne leicht beläd.