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Walygator Grand Est in Frankreich
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Ein trauriger spaßiger Tag im Walygator-Parc...
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crazyx
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Aufsteiger Robin
Dortmund
Deutschland . NW
 
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Link zum Beitrag #560145 Verfasst am Donnerstag, 24. Juli 2008 19:46
Themenersteller
Relax
Leider ohne Fotos, da kurz vorm Park der Akku unserer Kamera anzeigte, nur noch für ein paar Aufnahmen zu reichen - und für ein halbes Dutzend Bilder wollten wir nicht den ganzen Tag eine Kamera mitschleppen...


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Eigentlich hatte es nur eine Rückfahrt ins Ruhrgebiet werden sollen vom Hotel, in dem ich arbeite und in dem die Tochter meiner Freundin gerade zwei Wochen ein Praktikum gemacht hat. Aber da es vom Hotel "nur" 120 Kilometer bis Maizières-les-Metz sind, entschloss ich mich, ihr und mir spontan unseren jeweils ersten Besuch in einem französischen Freizeitpark zu gönnen.

Vor dem Park überraschte mich der große und fast leere (kostenfreie) Parkplatz - an einem trockenen Tag mitten in den Ferien hatte ich mehr Andrang erwartet. Die Leere war jedoch leider irgendwie gerechtfertigt, wie sich später herausstellen sollte...

Der Parkplan offenbarte eine recht kompakte Anordnung der Attraktionen rund um einen kleinen See, was zu einem klassischen Rundgang einlud. Doch schon der kurze Gang durch so eine Art "Main Street" war ernüchternd: rechts und links ein paar Shops, das Ganze zur Hälfte überdacht, ein bisschen Gastronomie - das alles in einem zwar modernen Stil, aber irgendwie trüb und heruntergekommen.
Die erste Attraktion, die wir besucht haben, waren die Toiletten - das ist nicht zur Nachahmung empfohlen. Lieber den ganzen Tag zurückhalten...

Nachdem wir den Ekel überwunden hatten, machten wir uns also auf den Rundgang.
Als erstes fiel uns eine Halle am Parkrand auf, an der ein riesiger Banner für die neue Attraktion in 2010(!) wirbt: anscheinend wird in dieser Halle eine Indoor-Achterbahn eröffnen. Auf dem Banner prangt ein großer Kopf von Jack (aus "Nightmare before Christmas"); es deutet also sehr auf eine Grusel-Thematisierung hin - vielleicht sogar mit Film-Thema?

Der weitere Durchlauf dann mal in Reihenfolge; die ebenfalls in größerer Zahl vorhandenen Kinderattraktionen und Rundfahrgeschäfte haben wir konsequent ausgelassen:

- Tang'Or
Das einzige Rundfahrgeschäft, das uns eventuell interssiert hätte - leider an diesem Tag geschlossen.

- Rafting
Ein Rafting mit dem interessanten Namen "Rafting". In der Station werden 4 Boote geichzeitig beladen - seltsames System. Abwechslungsreiche Fahrt mit ordentlicher Länge und angenehmem Nässefaktor auf allen Plätzen. Teils sehr liebevolle Griechische-Götterwelt-Thematisierung - die aber an vielen Stellen ihre hübschen Tage schon lange hinter sich hat.

- The Terror House
"freigegeben ab 14 Jahren" - das verspricht eine ganze Menge. Die obere Etage kann die Erwartung nicht ganz erfüllen: dort findet sich ein düsteres Funhouse mit Schwarzlicht und teilweise zu dunklen Stellen. Ganz nett, aber nicht gruselig.
Dann geht's in die untere Etage, und die überrascht positiv: ein ordentlicher Horror-Walkthrough, der in den ersten Räumen grandios gestaltet ist, diese Qualität allerdings im weiteren Verlauf nicht ganz halten kann. Sogar ein paar Live-Erschecker tummeln sich in den Gängen, die allerdings nur etwas uninspirierte Monster-Masken aufhaben und etwas ziellos durch die Gegend zu laufen scheinen. Insgesamt eine der lohnenswerteren Attraktionen des Parks.

- Ciné-Magic
In diesem Kino laufen wohl mehrere verschiedene Filme, wir haben uns, weil's zeitlich gerade passte, "Le voleur de bonbons" angesehen. Hier erklärt eine Mitarbeiterin des Paks live im Kinosaal die Kameraüberwachung im Park, die auf einmal einen Bonbondieb erwischt - sofort wird der Sicherheitsdienst losgeschickt, um ihn zu schnappen. Es folgt eine viertelstündige Verfolgungsjagd quer durch den Park, bis der Dieb dann live im Kino geschnappt wird. Tolle Idee: Ein extra gefilmter Action-Stunt-Streifen im eigenen Park, mit Darstellern, die in voller Fahrt unten an laufenden Karussels hängen und so weiter.
Leider ist die Umsetzung etwas nervtötend: das meiste läuft in Zeitraffer, unterlegt von wilder Tekkno-Musik, und dazu brabbelt kontinuierlich die Frau unten im Kino live auf Französisch in ihr Mikrofon.
Insgesamt trotz netter Grundidee völlige Zeitverschwendung.

- Dark Tower
Klassischer Freifall-Turm mit völlig sinnfreier futuristischer Gestaltung. Der Abschuss ist recht heftig, der Fall nicht ganz so - immerhin mit netter Aussicht über den Park, die man jedoch, weil die Fahrt oben keinen Halt bietet, nicht so wirklich genießen kann. Mittelmäßig.

- Waly-Coaster
Der erste Count an diesem Tag: Ein Vekoma Hurricane von 1989. Dem Zug sieht man das Alter an, die Fahrt ist trotzdem ganz angenehm. Looping, zwei Corkscrews, das Ganze durch schön bewachsenes, nett gestaltetes und gepflegtes Gelände - auch wenn die Begeisterung nicht so riesig war, dass es uns zu einer zweiten Fahrt hingerissen hätte, war die Laune nach dem grauenvollen Kinofilm erstmal wieder weit oben.

- Aquachute
Wasserrutsche mit 4 Bahnen. Wir sind beide gut nass geworden, spaßige Sache. Das Einzige nicht so spaßige: Anders als in moderneren Anlagen muss man die Boote selbst von Hand nach oben auf die Plattform tragen - naja; zumindest hat man sich da die anschließende Rutschpartie echt hart verdient...

- Anaconda
Erstmal trockengefönt auf Count Nummer 2: die Holzachterbahn Anaconda. Eine recht beeindruckende Holzkonstruktion, die sich am Parkrand über die komplette Länge des Parks zieht und bis zum Bau von Colossos im Heidepark mit 36 Metern die höchste und steilste Holzachterbahn Europas war - was ihr allerdings nicht viel hilft. Das Layout ein simples langgezogenes Oval mit ein bisschen Auf und Ab, anscheinend Reduzierbremsen auf jedem Hügel, dadurch so gut wie gar keine Airtime. Nach den aufgrund ihrer Höhe noch recht spektakulären ersten zwei Drops gepflegte Langeweile, an der auch die Britney-Spears-Videos auf dem in der Station aufgehängten Fernseher nicht viel ändern können. Trotzdem insgesamt eine der interessanteren Attraktionen des Parks.

- Mittagspause
In einem der recht zahlreich über den Park verteilten Snacks eingekehrt. Komischer Burger, belanglose Pommes mit Ketchup und Mayo, ein kleines Getränk und ein Magnum-Eisriegel für 8,50 Euro. Naja... Das einzig lohnenswerte war der Eisriegel; den hatte ja auch keiner im Park selbst gemacht...
Insgesamt machte die Gastronomie im Park keinen sehr hochwertigen Eindruck. Eine später noch gekaufte Waffel mit Puderzucker war immerhin ziemlich lecker - aber in der Mitte noch roh.

- Walywood Splash
Ach ja; es gibt sie noch, die guten alten Acapulco-Stuntspringer. Hoher Turm, kleines Wasserbecken, hohe Erwartungen. Eine Viertelstunde vor der Show beginnt die Musikanlage mit der Beschallung der Outdoor-Arena - gute Musikauswahl, satter Sound. Die Vorfreude steigt. Die 5 Darsteller sind fit und wissen, was sie tun - technisch ist die Show auf sehr hohem Niveau. Inhaltlich geht's für einen Freizeitpark in Ordnung: Wie der "Walywood"-Titel andeutet werden diverse Filmszenen nachgestellt. Das 16jährige Mädel neben mir findet Springer im Superman-Kostüm albern, ich finde einen Superman-Flug als Sprung vom 3-Meter-Brett total witzig. Am Ende dann der Sprung aus 25 Metern Höhe in das 2,70-Meter-Becken - beeindruckend.
Einzig negativ: die Präsentation. Die Frau aus dem Kino war wieder da, hatte wieder ein Mikrofon - und quasselte in einer Tour. Sollte wohl "kindgerecht" sein, ging einem aber in erster Linie gehörig auf die Nerven. Meine Begleitung beklagte sich, sie würde nix verstehen - ich verstand alles und habe sie sehr beneidet...
Wenn man die Präsentation mal ausblendet war's aber alles in allem eine durchaus lohnenswerte Show.

- Family Coaster
Count Nummer 3; ein kleiner Big Apple im Kinderbereich des Parks. Flott aufgebaute Kirmesversion ohne irgendwelche weitere Gestaltung.

- Quad-Piste
Steht nicht mal im Plan, macht aber tierisch Bock - kostet allerdings extra. 6 Euro pro Person, Beifahrer 2 Euro - also ging's für 8 Euro am Parkrand ein paar Minuten lang über Stock und Stein. Schöne verwilderte Piste in freier Natur - der Spaß war die zusätzliche Kohle wert.

- Les Fontaines Symphoniques
Das Theater "Metamorphose" - die nächste große Enttäuschung des Tages. Von außen wunderschön als riesiger Western-Felsen verkleidet, innen ein Bild des Grauens. Große Bühne mit moderner Technik, aber alte, großenteils defekte, teils ersatzlos abgebaute Billig-Klappsitze auf blankem Betonboden. Ich als alter Theatermensch hätte am liebsten angefangen zu weinen...
Grandios hingegen die Wasserfontänen-Show: Zwar nur ein knappes Viertelstündchen lang, aber ein unglaublich abwechslungsreiches Spektakel aus Licht und Wasser - mit hervorragender Musikauswahl. Und das alles nicht als seelenlose vorprogrammierte Computersequenz, sondern live bedient von einem alten Kerl im ebenso alten Frack, der vor der Bühne an einer wilden Anordnung von mindestens nochmal so alten umgebauten Hammond-Orgeln saß und mit diesen die Fontänen bediente - und zwischendurch erkennbare Probleme hatte, am CD-Player neben sich das nächste Musikstück zu starten. Mir ging das Herz auf.
Mein persönliches Highlight des Tages!

- La Rivière Sauvage
Kleine Wildwasserbahn mit nur einem Drop - immerhin recht ordentlichem Nässefaktor. Und defekter Fotoanlage: bei geschätzt jedem fünften Foto war nur die Front des Bootes zu sehen und keiner der Insassen...

- Western Show
Wieder im Theater, in dem auch die große Wasserorgel steht. Ein Bühnenbild, das wohl eine Westerstadt darstellen soll - ziemlich aufwändig, aber unglaublich hässlich. Darin eine Show mit 3 netten Western-Tänzen, 2 halben Stunts und einer angedeuteten Gangster- und Liebesgeschichte. Das Positivste, was man über diese rundweg mittelmäßige Show sagen kann: die komische Frau mit dem Mikrofon ist NICHT reingekommen und hat gequatscht; wir hatten diesbezüglich schon Sorgen...

Auf dem Weg nach draußen noch ein Halt im Souvenir-Shop - die Auswahl war ganz ok und qualitativ zum Teil recht hochwertig.
Vereinzelt tummelten sich auch noch Reste von Warner-Brothers-Souvenirs aus alten Six-Flags-Zeiten im Shop...
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Tja, schon war der Tag rum...
Was gibt's abschließend zu sagen zum Walygator-Park?

Erstmal eines: auch wenn das zwischenzeitlich anders geklungen haben mag: wir hatten einen ganzen Tag lang massig Spaß im Park.
Die Auswahl an Attraktionen ist insgesamt gelungen: Shows, Wasserfahrten, Kinderattraktionen, Rundfahrgeschäfte, Achterbahnen - alles da; quasi wirklich ein Park für die ganze Familie. Die Natur kommt trotzdem nicht zu kurz; obwohl man alle paar Meter über irgendeine Attraktion stolpert, läuft man doch die ganze Zeit durch eine recht liebevoll gestaltete Parkanlage.
Und immer wieder kommt man an wirklich tolle Ecken, an denen man sich denkt: wow, ist das schön hier!

Aber permanent stößt man auf Dinge, bei denen man nicht genau weiß, ob das jetzt Geldmangel ist oder fehlende Liebe zum Detail - oder vermutlich eine Mischung aus beidem. Bröckelnde Themengestaltung, heruntergekommene Gebäude, veraltete Attraktionen - ständig blutet einem als Parkfan das Herz.
Darüberhinaus haben dem Park vermutlich die Betreiberwechsel der letzten Jahre nicht sonderlich gut getan. 1989 als Schlumpfpark eröffnet, wünscht man sich als Besucher heute ständig, es würde doch mal ein Schlumpf um die Ecke kommen. Die sind aber 2003 verschwunden, als Six Flags das Ruder übernahm - und seit letztem Jahr ist aus dem zeitweiligen "Walibi Lorraine" der "Walygator Parc" geworden. Geld zur Umgestaltung war aber wohl keines da; außer Walygator-Aufklebern auf den Mülltonnen und diversen Souvenir-Artikeln ist vom neuen Maskottchen im Park nicht viel zu sehen.

Dabei hätte der Park so viele Möglichkeiten gehabt: eigene moderne Zufahrtstraßen von der Autobahn aus, Bahnhof direkt neben dem Haupteingang - aber aus allen Poren atmet der Dunst des Verfalls, überall riecht man förmlich den puren Überlebenskampf.
Unter der Woche hat der Park schon nur noch während der französischen Schulferien geöffnet; darüberhinaus nur samstags und sonntags.

Wer schon mal vom "Freizeitparksterben" gehört hat und schon immer mal wissen wollte, wie das aussieht, dem sei ein Besuch im Walygator-Parc empfohlen. Schon, weil man da tatsächlich einen Tag lang richtig Spaß haben kann - und mit seinem Eintrittsgeld die Lebenszeit des Parks am Ende doch um ein paar Momente verlängert.

Es war ein wirklich schöner Tag im Walygator-Park.
Schön - und irgendwie ein bisschen traurig...

In diesem Sinne,
crazyx

____________
Infos zum Park und Fotos z.B. hier, hier oder hier.
"Jeder Tag, an dem Du nicht hechelst, ist ein verlorener Tag!" (Bonzaii! Inc. 2004)
The Knowledge
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Deutschland . NW
 
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Link zum Beitrag #560160 Verfasst am Donnerstag, 24. Juli 2008 20:24 Relax
Das sind keine Reduzierbremsen, sondern Rücklaufsperren.
Coaster-Fan
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Aufsteiger

Deutschland . SL
 
Link zum Beitrag #560175 Verfasst am Donnerstag, 24. Juli 2008 20:54 Relax
Deine SchIlderungen stimmen soweit ja, allerdings hättest du den PArk vor Jahren mal sehen sollen, es wird viel getan... Dauert halt nur Zeit, der letze Besitzer hat den Park richtig runtergewirtschaftet und die neuen Besitzer geben ihr bestes.
Anaconda ist halt etwas falsch berechnet, macht aber abends dennoch Spass, zumindest mir.
!!!! mutta !!!!
benbender
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Redakteur Torsten Bender

Deutschland . HE
 
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Link zum Beitrag #560351 Verfasst am Freitag, 25. Juli 2008 12:43 Relax
Danke für den schönen Bericht. Kostet jede Menge Zeit, aber gerade aus solchen Berichten geht meist mehr hervor als die gewohnten Bilder Berichte.

Wir haben im Walygator Parc unsere Hochzeitsreise 2006 begonnen und haben dies nie bereut. Ich lese hier oft Berichte, wo der Park ziemlich niedergemacht wird. Dabei kann der Park mit vielen Parks in Deutschland, die hier über den Klee gelobt werden locker mithalten. Und sind wir doch mal ehrlich, solche sanitären Bedingungen erleben wir auch in good old Germany.
Es gibt im Walygator Parc sehr schöne Ecken, wo man die Tendenz für die Zukunft erkennen kann. Wenn man die alten Dark Ride Hallen wieder reaktiviert, sei es mit dem neuen Coaster oder einem neuen Ride, könnte der Park eine gute Zukunft haben. Leider kämpft der Park aber mit großen Akzeptanz Problemen in der Bevölkerung , die Gründe hierfür kenne ich leider nicht.
Aber wenn ich die Entwicklung von 2006 bis zum heutigen Stand verfolge, kann ich Oliver nur beipflichten. Es tut sich eine Menge, letztendlich werden aber die Besucherzahlen über die Schicksal des Parks entscheiden.

Grüße
Torsten
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