Von New Jersey aus führte die Reise in nördlicher Richtung weiter. Connecticut sollte das Ziel sein. Da ich New York bereits von einer anderen USA-Reise her kannte, konnte ich dieses Mal einen grossen Bogen drum machen. Selbst davor grauste mir aber ehrlich gesagt - in vielen Erfahrungsberichten habe ich gelesen, dass der Autobahnring um New York komplex und konstant verstopft sei. Das konnte ja heiter werden, zumal das Regenwetter vom gestrigen Tag in Six Flags Great Adventure immer noch nicht nachgelassen hatte. Aber weit gefehlt - die Umfahrung von New York klappte dank relativ flüssigem Verkehr, sehr guter Ausschilderung, Baustellenfreiheit und sicherer Navilenkung so reibungslos wie bei keiner anderen Stadt auf dem Trip! Das stelle man sich mal vor: Unscheinbare Städte wie Louisville, Columbus und vor allem Pittsburgh werde ich nach diesem Trip verkehrstechnisch als zähflüssig im Gedächtnis behalten, aber die Millionenmetropole New York nicht! HÄ?!
Das Ergebnis dieser positiven Erfahrung: Eine entspannte Ankunft am Ort des Geschehens und mehr Zeit für die Souvenir-Jagd in einigen Outlet Stores und Malls. Meine USA-Reise würde sich schon recht bald wieder dem Ende zuneigen, das muss also auch noch sein!
Am Tag darauf stand ich also frisch gestärkt an den Toren von Lake Compounce und freute mich auf einen spassigen Tag!
Es war bewölkt, aber wenigstens trocken. Ich stand als einer der ersten vor den Einlasstoren und hörte einigen Gesprächen um mich herum zu. Stets war davon die Rede, sofort Boulder Dash zu fahren und dann erst die anderen Bahnen. Irgendwie hielt ich es für eine gute Idee, diesem Trend nicht zu folgen und es umgekehrt zu machen. Schliesslich sind der hier stehende
Boomerang und auch einige andere Bahnen ja auch nicht gerade Kapazitätsmonster. Bald wurden die Tore geöffnet und ich betrat den Park. Ich verstaute noch kurz meine Wertsachen, und weil die Tagesspinde in der Nähe des Klassikers Wildcat lagen, wagte ich zuerst hier eine Fahrt.
Diese Bahn thront direkt über dem Eingangsbereich des Parks und dreht hier schon seit 1927 ihre Runden. Hier war Walk-on angesagt und ich konnte direkt in der letzten Reihe Platz nehmen. Zwar ist die Fahrt spassig und bietet auf ihren vielen kleinen Hügeln tolle
Airtime-Momente, leider war sie hier auf eine sehr spezielle Art und Weise etwas gar holprig. Ist schwer zu beschreiben - es handelt sich um irgendwie recht "sprunghaft" und in langsamem Rhythmus auftretende Stösse durch den Oberkörper. Als ob die Sitze auf Bettfedern angebracht wären und man möglichst viele Hüpfer in einem kurzen Zeitraum schaffen wollte.
Ist zwar nicht sonderlich angenehm, aber längst nicht so abrupt wie z.B. bei Mean Streak. Als ich ausgestiegen bin, fiel mir ein, mal irgendwo gelesen zu haben, dass sowas auf einigen Bahnen mit Sechserwagen auftreten kann. Man solle sich für ein angenehmeres Fahrerlebnis unbedingt in die Mittelreihe und nicht auf "wheel seats" setzen. Da die Schlange noch nicht so lang war, tat ich dies auch gleich und erlebte dann eine deutlich angenehmere Fahrt. Fahrkomfort definiert man zwar schon etwas anders, aber für eine Bahn dieses Alters geht das voll in Ordnung.
Insgesamt also ganz nett!
Lake Compounce tritt in die Fussstapfen von Holiday World und bietet gratis und unlimitiert Softdrinks mit dem Eintrittspreis an. Klasse!
Hierauf ging es dann zum
Boomerang namens Zoomerang!
Die Bahn führte noch Testfahrten durch und machte kurz danach auf. Ich stand hinter einer etwa 15-köpfigen Teenie-Hortgruppe in der Schlange, die in der Station angekommen dann unbedingt mit dem später noch nachgerückten Teil der Gruppe zusammen fahren wollte, es aber nicht schaffte, die Ottonormalbesucher zwischen den beiden Gruppenteilen kurz vorzulassen und lieber äusserst lautstark direkt über unsere Köpfe hinweg diskutierte. Dadurch blieb der erste Zug des Tages etwa fünf Minuten in der Station und wurde schlussendlich halbleer losgeschickt. Leider war solch vollkommen idiotisches Anstehverhalten dann noch den ganzen Tag über Programm, an so ziemlich allen Bahnen. Es schien, als ob an diesem Tag sämtliche betreuten Jugendferiengruppen einiger lieb ausgedrückt wohl eher problembehafteten Gegenden der Region hier zusammen gekommen sind. Hat stellenweise echt ein dickes Nervenkostüm gebraucht.
Nun ja, die Fahrt selbst war dann jedenfalls sehr spassig. Ich kann bestätigen, dass dies einer der sanfteren Boomerangs ist!
Nun ging es direkt zum eigentlichen Hauptgrund für meinen Parkbesuch: Boulder Dash!
Auf diese Bahn war ich natürlich sehr gespannt! Dieser an einen bewaldeten Hang gebaute Woodie wird ja oft in den allerhöchsten Tönen gelobt und zählt zu den absoluten Weltklasse-Holzachterbahnen. Erfreut stellte ich fest, dass die Warteschlange kaum über die Station hinausreichte. Allerdings kam bald darauf die Ernüchterung: Nur ein Zug war im Einsatz. Durch die doch immerhin 1,4 km lange Strecke mit entsprechend stolzer Fahrzeit, eine recht behäbige Crew und etliche Parkbesucher mit beschränkter Auffassungsgabe dauerte es eine geschlagene halbe Stunde, bis die überschaubare Menschenmasse hier abgefertigt war. Einfach nur ätzend, wie sehr der Beladungsprozess hier schlicht scheusslichst in die Länge gezogen wurde. Es war mindestens ebenso viel Stationspersonal vorhanden wie bei vielen anderen Bahnen auf dieser Reise - aber alle drehten Däumchen, während der Zug locker zwei Minuten lang unterwegs war. Schon recht mühsam, besonders bei der Anzahl laut johlender Checker und Honks in der Schlange (benutze jetzt auch mal diesen hier sehr zutreffenden Ausdruck
), die sich teilweise auch vorgedrängelt haben - zum Glück nie direkt an mir vorbei. Einige Familien mit Kindern haben sich darob sichtlich genervt. Jedes einzelne Mal, wenn der Zug eintraf, wurde laut eine standardisierte Rede vorgetragen, in der unter anderem erklärt wurde, dass man seine Wertsachen in den Boxen auf der anderen Seite der Station verstauen soll, und dass man zuerst den Sicherheitsgurt anlegen und dann erst den Bügel schliessen soll. Trotzdem gab es endlose Diskussionen darüber, was mitkommen durfte und was nicht, und bei fast jeder Zugladung mussten alle Bügel wieder aufgemacht werden (auch dies mit ellenlanger Lautsprecherankündigung), weil sich irgendwelche Volldeppen ohne zu gucken auf ihre Gurte draufgesetzt und gleich den Bügel zugemacht haben. Beliebtester Kommentar dazu, trotz bis zum Erbrechen wiederholter Lautsprecherdurchsage: "What? There was a seatbelt?" Boah echt, zum Haareraufen!
Ausserdem wurde bei jeder Abfertigung ein grässlich blödes Show-Programm durchgezogen, so à la "Wenn ihr laut genug schreit, lass ich euch vielleicht losfahren. You guys ready to ride? ... Das war gaaar nix, I can't hear you! Now - are you guys ready to ride? ..." Und immer so weiter. Einfach zum Kotzen bei der langen Wartezeit und einem schon komplett abgefertigten und startbereiten Zug. Grauenhaft und dumm!
Dies also dazu. Als ich dann endlich festgezurrt und an der Reihe war, ging es los. Den Lifthill und damit auch den Hang hinauf, hinein in den tiefen Wald. Dann folgt die überraschend hohe Abfahrt, auf der man ein unglaubliches Tempo gewinnt und die den fulminanten ersten Teil der Fahrt einleitet. Immer dicht an den Abhang und Felsen gebaut, zwischen Bäumen und Büschen flitzend, manövriert der Zug hier auf und ab und hin und her! Die Strecke ist einfach fantastisch und ganz wunderbar ans natürliche Gelände angeschmiegt! Diese Bahn verpasst dem Ausdruck "terrain coaster" wirklich eine ganz neue Bedeutung! Unglaubliche Schussfahrten, heftige
Airtime-Momente, wilde seitliche
G-Kräfte, Double Ups, Double Downs... Wahnsinn! Hierauf folgt einen gefühlten halben Kilometer von der Station entfernt eine grosse abwärts führende Kehrtwende und dann acht oder neun total verrückte Bunnyhops auf dem Rückweg zur Station. Und auf jedem einzelnen saftige
Airtime vom allerfeinsten! Gegen die Mitte hin werden sie immer kleiner und der "Hops-Rhythmus" entsprechend schneller. Grandios! Danach folgt die Schlussbremse und die Fahrt ist zu Ende.
Boulder Dash ist ein absoluter Kracher und definitiv ein ganz besonderes Sahnestück auf diesem Trip! Unglaublich kraftvoll, wild, abwechslungsreich, total "out of control", airtimelastig und dazu noch wunderbar in die Landschaft integriert! Wirklich sensationell! Der Abstecher nach Lake Compounce hat sich alleine deswegen voll und ganz gelohnt. Völlig zurecht eine Bahn mit Weltklasse-Ruhm und auch bei mir ganz weit oben in der persönlichen Woodie-Hitliste.
So sehr mich die Attraktion durch die Fahrt an sich auch umgehauen hat - die Abfertigung war bei meinem Besuch schlicht eine Katastrophe. Im weiteren Verlauf des Tages sollte es noch zu vier weiteren Fahrten kommen. Selbst mit nur etwa 60, 70 gefühlten Leuten vor mir in der Schlange dauerte das jedesmal eine halbe Stunde und gerne auch weitaus mehr. Meine fünf Fahrten haben locker zweieinhalb Stunden Anstehzeit verschlungen. Bei der kleinen Menschenmenge schlicht unbegreiflich und einfach zum aus der Haut fahren! So sehr man sich auch immer wieder ins Bewusstsein rief, dass die Ride-OPs ja nur ihren Job machen und erst recht keinen Einfluss auf den Einsatz des zweiten Zuges haben - wenn das Mikrofon für diese unsäglich nervtötende, unnötige und alles noch mehr in die Länge ziehende Pre-Show gezückt wurde, hätte ich - pardon - am liebsten geschrien: "Schnauze halten und endlich den Startknopf drücken, du blöde Kuh!!!"
Meist bin ich zwar zwischen gleichgesinnten Parkbesuchern angestanden, aber alleine die Tatsache, dass ich für unendlich lange Zeiträume die Geräusche dieser Honk-Gruppen auch nur anhören musste, hat mir echt den Tag vermiest. Da half dann auch das bei mir diesbezüglich sehr hohe Toleranzniveau nichts mehr.
Zwischendurch drehte ich einige Runden mit ein paar der umliegenden Flatrides, die erheblich weniger Wartezeit hatten. Der Park hat in der Beziehung ein recht hübsches Portfolio: ein Kettenkarussell, eine grosse
S&S-Schaukel, eine Enterprise, eine Schiffschaukel, Flyer, ein schicker
S&S-Turm namens Downtime... Und unter anderem auch eine persönliche Premiere für mich, einen Rotor! Wirklich ein spezielles Fahrerlebnis, sollte es wirklich öfters geben!
Offenbar habe ich ihn gerade in seiner letzten Saison noch erwischt, laut Screamscape kommt nächstes Jahr so ein Disk'O-Teil dahin.
Danach bin ich noch am Seeufer des eigentlichen Lake Compounce entlang spaziert, parallel zur Hügelstrecke von Boulder Dash.
Die Strecke kann auch mit diesem alten kleinen Trolley zurückgelegt werden. Im Innern des Fahrzeugs sind als Themeing übrigens lustige Werbeplakate aus dem Jahr 1911 angebracht. Für Pomaden, Seife und Zigaretten, z.B.
Am Ende der Strecke, quasi auch am anderen Ende des Parks, befinden sich ein grosses Picknickareal, ein Sessellift, der einen auf den Hügel und gleich wieder zurückbringt; die Station einer zweiten kleinen Rundbahn, die offenbar am anderen Seeufer entlang führt sowie auch die berühmt-berüchtigte Raftinganlage Thunder Canyon.
Da kommt definitiv keiner trocken wieder raus!
Ich habe daher aus sicherer Distanz fotografiert.
Hier noch ein abschliessendes Bild vom zugehörigen Wasserpark, den ich nicht besucht habe. Die Leuchtturmrutsche und die beiden Röhren, die im See enden, hätten allerdings toll ausgesehen. Bereits am späten Nachmittag verliess ich den Park.
Man hörts vielleicht etwas raus: Lake Compounce hat mir leider nicht so gefallen. Für das wirklich nervtötende Verhalten dieser Teenie-Gruppen kann man dem Park ja nicht die Schuld geben, aber für den Einzugbetrieb auf seiner unbestrittenen Hauptattraktion schon. Erst recht bei sichtbar einsatzbereitem zweitem Zug auf dem Abstellgleis und genügend vorhandenem Personal zur Abfertigung desselben. Da erwarte ich schlicht mehr fürs Eintrittsgeld. Das hat mir gründlich den Tag verdorben - gratis Softdrinks und das eigentlich recht ansehnliche Angebot an restlichen Rides konnten da leider nichts mehr retten. Vor allem: Mit dämlichem und asozialem Verhalten von grösseren Schüler- und Teeniegruppen rechnet man eigentlich Ende Mai, anfangs Juni, wenn Schulklassen einen Abschlussausflug vor den Sommerferien machen. Im August würde man ja eher viele Familien mit Kindern als Hauptteil des Parkpublikums erwarten - die waren zwar auch vorhanden, aber nervten sich genauso ab den Honks wie ich. Dumm gelaufen und einfach den falschen Tag erwischt, schätze ich mal. Ich würde gerne wieder einmal in der Nebensaison herkommen, überlege mir eine lange Anfahrt dafür aber lieber zweimal.
Dankeschön fürs Lesen. Als nächster und letzter Park in dieser Berichteserie folgt Six Flags New England!
"Sometimes your shallowness is so thorough it's almost like depth."