Etwas benommen unterbricht der Wecker den tiefen Schlaf. Nach kurzer Verwirrung über den derzeitigen Aufenthaltsort fällt mir die Erkenntnis, dass ich gerade in Hamburg liege, wie Schuppen von den Augen. F623 und ich machen uns schnell bereit für den Aufbruch in den Hansa Park. Heute wird ein guter Tag, denn wir beide sollten heute völliges Neuland betreten.
Der Vorfreude entsprechend rollten wir um 8:30 auf dem Parkplatz ein, auf welchem man für sehr faire 2¤ sein Auto abstellen darf. Über eine Brücke gelangt man zum eigentlichen Eingang und kann auf dem Weg dorthin einen ersten Einblick in den Park gewinnen. Grün ist die dominierende Farbe und angesichts der bereits gleißend hellen Sonne sollte uns die Vielzahl schattenspendender Bäume gerade recht sein. Wir hatten ja noch keine Ahnung, wie sehr wir diesen Park in unsere Herzen schließen würden.
Hansa Park - der Seelen-Baumel-Park schlechthin
Nessie.
An der Kasse erfuhren wir, dass wider Erwarten die Attraktionen erst um 10:00 eröffnen sollen. Entsprechend passten wir unseren Plan an und beschlossen, eine morgendliche Fotografie-Tour durch den Hansa Park zu tätigen. Kaum waren die ersten Bilder des Duettes zwischen Nessie und dem Rasenden Roland auf Linse eingefangen, absolvierten die Bahnen zu unserer Verwunderung auch schon die ersten Testfahrten. Von infantiler Hoffnung getrieben suchten wir den Bahnhof der alten Dame auf und fanden dort tatsächlich bereits die ersten Fahrgäste vor, zu welchen wir uns gesellten.
Da die erste Reihe bereits von zwei Personen belagert wurde, verbrachten wir unsere erste Fahrt in den bequemen Sitzen der letzten. Angenehmerweise versetzen die Züge einen zurück in eine Zeit, in der Inversionen noch mit gemütlichen Beckenhalterungen durchfahren werden konnten. Es ist kein Wunder, dass die Hersteller durch die Reihe hindurch daran sind, diese Epoche wiederzubeleben. Drastisch formuliert befinden wir uns also bald wieder auf dem Niveau einer alten Schwarzkopfbahn.
Stolze Damen hasten nicht und so lässt sich auch Nessie bedacht Zeit, um den Kettenlift zu erklimmen, obgleich sie dabei einige komische Geräusche von sich gibt. Sobald ca. zwei Drittel der Höhe erklommen sind, gesellt sich auch der Rasende Roland zu uns, um das bald folgende Rendez-Vous im
Looping einzuläuten, welches in den Morgenstunden noch exakt geplant von Statten geht. In moderater Höhe gleitet der Wagenverbund elegant durch eine Kurve und gewinnt dabei schon einiges an Schwung, ehe es den
First Drop hinabgeht, dem sogleich auch der
Vertikallooping folgt. Das alles geschieht mit einer derart angenehmen Laufruhe, dass einen das schiere Alter der Bahn (Baujahr 1980) doch stark verblüfft.
Der Rest der Fahrt bietet noch zwei sanfte Airtimemomente und eine
Helix, in der praktisch nichts geschieht, ehe man in das Maul des Ungeheuers abtaucht. Ein beißender Geruch steigt in die Nase, die Bremsen verzögern den Zug unter tosendem Lärm und eine Handvoll Lichter blinkt entlang eines Tunnels auf. Mit lautem Scheppern rollt der Zug gemütlich zurück in den Bahnhof, wo er neue Fahrgäste zu einer nostalgischen Achterbahnfahrt einlädt, die auch 2012 noch ihre Daseinsberechtigung hat.
Bilder von Nessie
Im Bahnhof befindet sich eine Geschwindigkeitsanzeige: Das Tempo variierte von kalten 70km/h bis warmgefahrenen stolzen 90km/h
Die ersten Sonnenstrahlen kitzeln den Looping, der den Eingangsbereich des Hansa Park prägt
Rasender Roland.
Nachdem uns der Schwarzkopf in Stimmung brachte, wollte der Rasende Roland erkundschaftet werden. Das Layout wirkt vielversprechend, schließlich ist es für eine Kinderachterbahn außergewöhnlich lang und hat - am Rande bemerkt - mehr Schienenmeter anzubieten als die Krake im Heide Park. Letztendlich besteht die Bahn aber vor allem aus einem: Kurven. Die Anlage ist weder unangenehm zu fahren, noch besonders komfortabel. Sie ist nicht nervenaufreibend, aber auch irgendwie nicht wirklich entspannend. Schade ist auch, dass das Treffen mit Nessie im
Looping (zwangsläufig) nur während der ersten Rundfahrt um den Schienenparkour arrangiert wird. Ohne diesen Synchronakt mit dem Schwarzkopf fehlt es dem Rasenden Roland doch ziemlich vollkommen an Charme und es ist entsprechend schade, dass offenbar bei dem kleinsten Anzeichen von Andrang keine Zeit mehr darauf verschwendet wird, die Züge der Nessie mit denen des Roland zu takten. Letztendlich eine Kinderachterbahn ohne Schwächen, aber eben auch ohne Stärken.
Bilder vom Rasenden Roland
Eine Loopingdurchfahrt? Pipifax, wir wollen zweimal!
Aber auch sonst schlängelt sich der Roland gehörig um Nessie
Fluch von Novgorod.
Es bleibt ohne Frage, dass es vor 2009 noch leicht fiel, den Hansa Park stiefmütterlich als den Park mit Meeresblick als Werbegag abzutun. Selbst während der Erbauung des Gerstlauers fehlte es zumindest mir an der Muße, der auffällig gestalteten Storyline, die um die neue Attraktion gewoben wurde, aufmerksam zu verfolgen. Erwartungsgemäß ist die Bahn auch in der Realität aufwändig von A bis Z durchthematisiert. Sobald man das Gebäude des Wartebereiches betritt, verschlingt einen die düstere Stimmung, die den Fluch umgibt, sofort. Auf den letzten Metern spaltet sich die Warteschlange in Fahrgäste für die erste und zweite Reihe, sowie in eine für Single-Riders. Besonders für letztere ist die späte Trennung doch etwas ärgerlich, da hier häufig zwei Plätze nebeneinander in der ersten Reihe unbesetzt blieben und man als Single-Rider doch Gefahr läuft, in der Summe unnötig lange anzustehen. Das ist allerdings nur ein kleiner Wermustropfen, denn auch durch die Fahrt selbst setzt sich die beeindruckende Gestaltung in Kombination mit teils halsbrecherischen Elementen fort und es kann wohl mit Recht behauptet werden, dass der Turm mit dem Außenbereich der Anlage ein wahrer Hingucker ist. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten: (Wenn ihr mehr lesen wollt, gibt es
hier eine weitere Beschreibung der Bahn im Spoiler. Ich habe hier lieber darauf verzichtet, da das Forum keine Spoilerfunktion bietet. Sollte es Probleme mit der Fremdverlinkung geben, beschwert euch bitte, sodass ich sie wieder entfernen kann. Es sollte alles ohne Anmeldung einzusehen sein.)
Bilder vom Fluch von Novgorod
Der Außenbereich der Warteschlange
Nebeleffekt zu Beginn des Außenbereichs
f(x) = -(x²)
Und so wirkt sich Analysis auf die Frisur aus
Ein spaßiges Fahrelement!
Achtfache Zustimmung
Und schon geht es in den Buchtknoten
Sexy Rechtskurve[/b]
Die Schienenbiegung wirkt aus manchen Perspektiven etwas verkorkst[/b]
In anderen Blickwinkeln ein aalglattes Element[/b]
Okkulte Heartlineroll
Wunderbar einzusehender Streckenverlauf
Detail: die letzte Stütze vor der Turmeinfahrt ruht auf einem Holzbalken
Fluch in der Ferne
El Paso Express & Crazy Mine.
Am Ausgang des Fluches fanden wir zu unserer Linken auch gleich den Metroliner namens El Paso Express. Die Fahrt ist nicht wirklich spannend, höchstens olfaktorisch leicht belästigend, jedoch gefällt mir dieses Exemplar im Hansa Park deutlich besser als die nackte Ausführung im Allgäu Skyline Park. Auch der Ride-Operator war hier einer der nettesten, die ich bisher angetroffen habe, schließlich entschuldigte er sich bei uns dafür, uns zuvor darauf hingewiesen zu haben, dass wir die (leere) Bahn versehentlich über den Ausgang betreten haben. Es folgte eine Runde auf der Wilden Maus "Crazy Mine", deren Bremsen uns jedes Mal die Innereien massierten, sodass die Bahn relativ weit unten auf unseren Mäuselisten steht. Da kann auch selbst das begehbare Minengebäude, das neben der Bahn errichtet wurde, nicht viel retten.
Bilder von El Paso Express & Crazy Mine
Und es dreht und dreht und dreht ...
Definitiv keiner unserer Favoriten
Die Schlange von Midgard.
Eigentlich erwarteten wir von der Neuheit 2011, einem
Gerstlauer Family Coaster, kein Stück mehr Unterhaltung als von den vorherigen zwei Bahnen, weshalb uns bereits der bisher gefüllteste Wartebereich sofort positiv überraschte. Guten Bewissens kann ich behaupten, dass ich so eine durchgetüftelte Gestaltung noch nie für eine Kinderachterbahn gesehen, geschweige denn erwartet habe. So haben zum Beispiel zwei Charaktere des Wartebereichs in der späteren Preshow einen erneuten Auftritt. Preshow? Nicht nur das, denn die Bahn dreht aufgrund ihrer Kürze zwei Runden, wobei die Geschichte während der zweiten nicht einfach wiederholt, sondern fortgesetzt wird. Begleitet wird das Ganze von einigen weiteren ansehnlichen Effekten und dem makellosen Außenbereich der Anlage, der komplett über einen kleinen Teich führt. Im Kontext mit dem Fluch von Novgorod bekommt man einen guten Eindruck, in welche Richtung der Hansa Park sich hoffentlich erweitern will.
Bilder von der Schlange von Midgard
Überblick des Streckenverlaufes
Mit etwas mehr Strecke wäre sie definitiv meine neue Lieblingskinderachterbahn geworden!
Rio Dorado.
In Sichtweite um die Schlange verteilt liegen eine Handvoll Attraktionen: Die Glocke wollten wir nicht besser kennenlernen als vom Außenstandpunkt und der Freifallturm war gab nach einem halben Tag den Geist auf, sodass uns noch das Rafting und der Starflyer übrig blieben. Angesichts der funkelnd heißen Sonne fiel uns die Wahl auch nicht schwer und wenige Minuten später nahmen wir in einem der komfortablen Gummisofa-Rundboote Platz.
Vor einigen Jahren erblickte ich in einem Werbeprospekt den farbenfroh verkleideten Lift dieser Raftinganlage und war entsprechend erfreut, das Gebilde endlich in Natur betrachten zu dürfen, obgleich der Tunnel um den Lifthill aus der Innenperspektive um einiges unspektakulärer wirkt. Als Entschädigung massieren die Rollbänder, die man durch den extrem dünnen Boden der Boote einzeln spürt, angenehm lange die Füße. Oben angekommen versetzt sich das Boot nun aus eigener Kraft in Bewegung und nimmt den einzig möglichen Weg gen Wasser.
Dabei war es eine spaßige Idee des Hansa Park, auf den Innenseiten der Kurven Gummimatten zu verlegen, wodurch die Boote sich in waghalsig schnelle Drehungen versetzen. Dabei wird die Raftinganlage allerdings nicht zu einer Kotzschleuder wie etwa das Exemplar im Skyline Park, sondern fährt langsam und bedacht den Kanal hinab, da die Boote durch die Gummimatten natürlich gehörig ausgebremst werden. Entsprechend fällt die Einfahrt ins Wasser sehr trocken aus, sodass Rio Dorado in der Summe eine schön anzusehende Bahn bleibt, der jedoch das gewisse Etwas fehlt.
Bilder von Rio Dorado
Farbenfrohe Konstruktion
Ernüchternd trocken
Torre del Mar.
Für eine Fahrt auf meinem ersten Starflyer war ich noch nicht zu nass, also erklomm ich das gute Stück mit der Absicht, eine gute Gesamtaufnahme des Parks einzufangen. Dabei unterschätzte ich allerdings gehörig, wie schnell ein solcher Starflyer sich dreht und änderte während der Fahrt spontan mein Fotoprogramm (wie man an den folgenden Bildern sehen kann). Als endlich die gewünschte Aufnahme gelang, machte ich mir zum ersten Mal die Fahrt bewusst und muss zugeben, dass ein Kettenkarussell dieser Höhe zumindest mir ordentlich Respekt einflößt. Zweifelsohne eine gelungene Kombination aus ruhiger Fahrt, einer guten Prise Thrill und himmlischen Ausblick.
Bilder von Torre del Mar
Die zwei Türme des Hansa Park
Höher muss es in meinen Augen schon nicht mehr sein
"Wheee!" über dem Hansa Park
Super-Splash.
Da es uns die Rio Rapids noch nicht so ganz besorgt hatten, beschlossen wir kurzerhand, die beiden anderen Wasserattraktionen im Park auszutesten, die vielversprechend aussahen. Super-Splash ist im hintersten Eck des Hansa Park platziert und das ist auch gut so, da die Anlage rein optisch zu nichts anderem passen möchte. Für sich allein ist Super-Splash jedoch durchaus schön anzusehen und macht ihrem Namen durchaus ganze Ehre: Sobald sich das Boot langsam über die letzten Zentimeter vor der Abfahrt müht und dabei die Anspannung der Insassen ins Unerträgliche steigert, rast man unaufhaltsam in Richtung Boden, wo das Wasser einen glücklicherweise ausbremst, aber auch beeindruckend stark besudelt. Genau die richtige Bahn für so einen heißen Tag.
Bilder von Super-Splash
Von einem Zelt beschattet erreicht man über eine Brücke die Drehplattfrom
Jetzt gibt es gleich kein Zurück mehr
Auf ins kühle Nass!
Sonstiges.
Im Anschluss an den Super-Splash betraten wir die recht unspektakuläre Wildwasserfahrt, die aber durchaus lobenswert in das Terrain integriert wurde und vor allem dem aufmerksamen Fahrer einige Einblicke in das Geschehen beim Fluch von Novgorod gewährt. Den üblichen Tag genossen wir noch eine Vielzahl an Fahrten auf ebendieser Bahn, besuchten aber auch eine besonders edle Dame am Eingangsbereich nochmals, ehe wir einen wunderbaren Aufenthalt im Hansa Park bereits um 16:00 vorzeitig ausklingen ließen.
Bilder vom Hansa Park
Wildwasserfahrt - ein Flume irgendwo im grauen Mittelfeld
So viele knallrote Gummiboote
Das richtige Wetter für den richtigen Themenbereich
An wirklich großflächiger, kohärenter Gestaltung mangelt es im Hansa Park vielleicht noch etwas
Der mächtige Eingang in den Hansa Park am frühen Morgen
Blasmusik und Schwarzkopf läuten einen guten Sonntag ein
Auf Wiedersehen, Hansa Park!
Zumindest für meine Wenigkeit war der Hansa Park die positive Überraschung schlechthin auf der gesamten Tour. Gerade mit den letzten beiden Achterbahnen hat man wohl so ziemlich alles richtig gemacht, was richtig zu machen war, und viel Liebe in Details investiert. Allerdings muss man auch zugeben, dass die Bahnen für sich zwar immer ein rundes und stimmiges Bild abgeben, jedoch im Gesamtkontext ein bisschen zu wenig aufeinander abgestimmt, was aber nicht wirklich stört. Generell wirkt der Hansa Park durch seine Farben sehr einladend, während schattiges Grün den dominierenden Farbton angibt, wodurch sich ein sehr wohliges Flair ergibt.
Für uns hieß es nun aber, den weiten Weg in die Niederlande anzutreten, wo wir abseits von familärer Wärme eine ganz andere Dimension an Freizeitpark zu Gesicht bekommen sollten.