Duinrell ist ... anders. Einen halben Tag nahm der unscheinbare Familienpark in unserem Programm ein und das, obwohl man dort durchaus ein gesamtes Wochenende verbringen könnte, ohne sich zu langweilen: Wirft man am Samstag Morgen noch seine Kinder in den Campingwagen, verbringt man bereits den Nachmittag auf Schienen und
Upstop-Wheels. Abends wird in gemütlicher Runde noch eine Wurst gegrillt, ehe man sich bis zum nächsten Mittag wieder aus dem Feldbett rollt, um noch eine letzte Abkühlung im Tikibad mitzunehmen. Es soll kein Geheimnis sein: Ich habe keine Ahnung vom Campen und genau deswegen besuchte ich Duinrell eher im Anliegen, endlich Falcon zu fahren und um den neuen
Gerstlauer Familiencoaster auf Herz und Nieren zu prüfen. Es folgt ein geballter Bericht von einem überschaubaren Familienpark, der uns besonders durch seine vielen Ungewöhnlichkeiten überzeugen konnte.
Ich seh den Park vor lauter Bäumen nicht!
Weg zur Kikkerachtbaan.
Am Eingang lösten wir Kombitickets, mit denen man für einen schlappen Aufpreis von 3,50¤ nicht nur Duinrell, sondern außerdem noch das Tikibad für zwei Stunden besuchen darf. Nach Betreten des Parks begann sofort die Suche nach der Kinderachterbahn von
Zierer, von der aus wir uns zum deutlich knackigeren Eurofighter hocharbeiten wollten. Doch auf unserem Weg zwischen mannshohen Hecken hindurch konnten wir weit und breit nichts erblicken, was auf einen Freizeitpark hingedeutet hätte. Wir folgten unserer Nase bis zu einem schwebenden Wasserhahn mit der Aufschrift "Duinrell", der uns zumindest die Furcht nahm, von organisierten Verbrechern um den Eintrittspreis ausgenommen worden zu sein. Kaum eine Minute darauf passierten wir auch das Tikibad und gelangten nach einem weiteren Fußmarsch endlich zu einem Duinrell, wie wir es uns erhofft hatten: viel Wald, drei Coaster, ein bisschen Huss und ein Waterride - alles nahezu aufeinander gestapelt und wegen all der Bäume nicht einmal auf der kurzen Distanz von 100m komplett einzusehen. Duinrell ist anders.
"Holy Shit!"
Inzwischen glaubt man schon, einem Freizeitpark näher zu kommen
Bin ich jetzt VIP...?
Das einzige Foto vom Tikibad - genießt es!
Kikkerachtbaan.
Es geht bergauf und der Zug beschleunigt? Diese Kuriosität gehört meines Erachtens zu einer Familienachterbahn von
Zierer ebenso wie eine absurde Zuglänge und ein Setting in unangetasteter Natur. All diese Elemente verbinden sich in Duinrell und ergeben eine stimmige Kikkerachtbaan, die jedoch inzwischen unterhalb von Splash und Dragon Fly ihre Runden dreht, wodurch die Umgebung der Bahn eher schattig als natürlich wirkt. Dies tut der Kikkerachtbaan jedoch keinen Abbruch; Sie bleibt einfach die perfekte Bahn für Klein und Mittelgroß, deren auffallend blaue Züge sich hoffentlich noch viele Jahre durch den (Stützen-)Wald schlängeln dürfen. An diesem Dienstag sollten unsere Herzen allerdings für
Gerstlauer schlagen und so blieb es bei einer einzigen, wenn auch angenehmenen Runde auf diesem
Zierer.
Das Teil, das man kaum erkennt, ist die Kikkerachtbaan
Leider nicht nur auf dem Papier im Schatten von Dragon Fly
Dragon Fly.
Als ich zu Beginn des Jahres von der Baustelle "Dragon Fly" las und somit auch zum ersten Mal den Namen "Duinrell" aufschnappte, war schnell ersichtlich, dass es sich bei der entstehenden Anlage um eine Familienachterbahn handelt, die eine neue Messlatte erfordern könnte. Vor Pegasus im Europa Park war ich noch befallen von einer ungebgründeten Geringschätzung gegenüber allen Coastern, die offensichtlich für eine jüngere Zielgruppe gebaut wurden. Als diese Geisteshaltung schon längst beseitigt war, machte mir die Schlange von Midgard schließlich auf eindrucksvolle Weise klar, wie liebevoll man eine Kinderattraktion zu einem Fahr
erlebnis ausbauen kann, und erweiterte meinen Horizont erneut. Wo liegt nun Dragon Fly auf diesem Firmament?
Auf Platz 3: Obwohl der neue
Gerstlauer in Duinrell nicht von schlechten Eltern ist, musste man an einigen Punkten wohl einfach zu Gunsten der Gegebenheiten Abstriche machen: Mit Baufläche wird in Duinrell recht sparsam umgegangen, sodass die erste Abfahrt von Dragon Fly über dem bestehenden
Zierer errichtet wurde. Dies hat zur Folge, dass es Dragon Fly in gewissem Maße an einem waschechten Drop mangelt, wagt sich der Zug doch erst gegen Ende des Streckenverlaufs in Bodennähe, wo dann auch schon die Schlussbremse aufwartet. Doch keine Sorge, der Familiencoaster sammelt genügend Tempo und legt sich in den Umschwüngen wirklich ins Zeug, dass jeder Mitfahrer auf seine Kosten kommt. Einen grandiosen Auftakt wie auf der
Mack'schen Variante im Europa Park darf man jedoch nicht erwarten; das war in Duinrell wohl einfach nicht drin.
Dafür darf Dragon Fly einen hölzernen Bahnhof sein Eigen nennen, der sich angenehm in das Gesamtbild von Duinrell einfügt. Auch die Achterbahn selbst bekundet offen ihr Selbstverständnis als Waldcoaster und geht eine wunderbare Symbiose mit den umliegenden Bäumen ein, was nicht zuletzt der Rindenoptik seiner Stützen geschuldet ist. Auf der gestalterischen Seite verfolgt die Bahn kein eindeutiges Konzept und beschränkt sich auf eine Handvoll schematischer Skizzen von Libellen(-teilen), die im Bahnhof aushängen. Trotz dieser ließ ich mich übrigens nicht von meinem Irrglauben abbringen, dass Dragon Fly die Verkörperung einer furchteinflößenden Kreuzung aus Drache und Fliege wäre, schließlich skizzierte der Wartebereich eindeutig den Beginn einer Metamorphose, aus der die Drachenfliege als grässliches Produkt von ungezähmten Trieben und Industrieabfällen hervorgehen würde...
Von der Baumkrone bis zu den Wurzeln, vom modernen Lift bis zur Schlussbremse: Dragon Fly macht einfach Spaß, da komme was wolle. Die Fahrdynamik ist perfekt auf das Publikum abgestimmt und sofern die Bahn ihre Laufruhe beibehält, lag Duinrell mit dieser Investition schlichtweg goldrichtig.
Direkt neben dem Waterspin befindet sich der Weg zu Dragon Fly
Wieder ein blauer Zug, allerdings mit schniekem Farbverlauf
Hallo, First Drop!
Spaßgarantie im kurvigen Auftakt
Dragon Fly und ... was war das da unten nochmal?
Whee!
Flott unterwegs
So stellt man eine Schlusshelix zur Schau
Falcon.
Dragon Fly konnte erwartungsgemäß überzeugen, sodass wir es kaum erwarten konnten, den nächsten
Gerstlauer auszuprobieren. Schon seit zwei Tagen brannte uns die Frage, wie sich ein 97°-Drop wohl fährt, wenn er nicht gerade in einem dunklen Turm platziert ist, und ohnehin verspricht das ultrakompakte Layout von Falcon eine Fahrt am Rande des Wahnsinns. Da es im überschaubaren Wartebereich recht flott voranging, konnten wir ohne lästiges Anstehen unsere Plätze im Eurofighter einnehmen. Leider sind auch die Fahrzeuge von Falcon sehr knapp bemessen: Zieht man die Schulterbügel herunter, muss man sich schon beinahe mit seinem Sitznachbarn absprechen, wer die Arme oben und wer sie unten hält.
Eine enge Rechtskurve führt zum Lift, der uns sofort auf den Rücken legt. Dem gleißenden Sonnenlicht entgegen geht es vertikal nach oben, bis sich am höchsten Punkt der Achterbahn langsam das eigene Körpergewicht vom Rücken auf den Hintern umverteilt; wir sitzen wieder waagrecht. Der Radius am Ende des Lifthills ist dermaßen eng, dass man nicht mehr wirklich sieht, wohin die Schiene eigentlich verschwindet. Dennoch rollt man unerbitterlich auf dieses Nichts zu, kippt nach vorne um und findet sich plötzlich im Tal wieder, wo man alsbald in den
Looping einfährt.
Reißt der
First Drop die Fahrer beinahe ruckartig aus den Sitzen, schafft der
Looping einen anhaltenden Druck, der am Scheitelpunkt die Schwerkraft außer Kraft zu setzen scheint. Es folgt eine
Inversion, die sich wohl am ehesten als gestreckter Cutback bezeichnen lässt, sich aber im Fahrgefühl kaum von einem
Horseshoe unterscheidet. Mit dieser Fahrfigur setzt schließlich auch das Rappeln ein, das sich fortan während der restlichen Fahrt unangenehm bemerkbar macht. Über eine Kurve wird man wieder in die Luft geschleudert, dreht sich mit mäßiger Hangtime einmal um die Herzlinie und legt wieder einen Zahn zu, um das große Finale einzuläuten: Als Mitfahrer rechnet man ängstlich nach, wie schnell man ungefähr unterwegs ist und wie eng die bevorstehende Aufwärtshelix ist - zu eng. Mit einem ohrenwärmenden Umschwung wirft sich der Eurofighter in eine 360°-Kurve, die ihre rohe Gewalt unter Beweis stellt. Schlussbremse, Station ... Wie war Falcon?
Angesichts der eingequetschten Sitzhaltung und der doch teilweise recht derben Schläge, die Falcon besonders am Schluss austeilt, neigt man wohl etwas vorschnell dazu, "schmerzhaft" zu antworten. Falcon vermag von außen kaum jemanden einzuschüchtern, entpuppt sich dann aber als wahres Raubtier gegenüber seinen Mitfahrern. Und genau dieser Biss, den Falcon hat, führt doch letzten Endes vor allem zu einem, nämlich Spaß.
Wartebereich von Falcon
Vertikallift im Profil
Vertikallift wie man ihn aus dem Dickicht sieht
Radien, bei denen man die Schiene aus dem Auge verliert
Geiler als geil
Durchblick
Loop à la carte
Hinein in den Cutback
Richtungswechsel bei der Station
Heartline Roll geht immer
Splash.
Es ist klein, es ist unscheinbar, es ist nass ... Es liegt in der Mitte aller bisher gefahrenen Bahnen, ja, es ist vielleicht sogar eine kleine Sehenswürdigkeit für sich, über die ich wohl immer schmunzeln kann. Wildwasserbahn war gestern, jetzt kommt Splash! Bisher war ich mir beim Schreiben meiner Berichte immer unsicher, woran ich eine Wasserattraktion denn zu messen hätte, um ihren Nässegrad zu beurteilen. Hier ist sie nun, meine neue Referenz:
Bei manchen Freizeitparkbesuchern bekommt man das Gefühl, dass man es ihnen in einer Wasserbahn einfach nicht recht machen kann. Zwischen "trocken" und "frisch geduscht" gibt es einfach keine weiteren Abstufungen für sie. Splash treibt diese Schwarzweißmalerei auf die Spitze, wo sie als ironische Selbstreflexion einer gesamten Vergnügungsindustrie samt Klientel auf der Metaebene kulminiert ... ähm, was? Worauf es ankommt: Duinrell lässt durch den Einsatz von zwei verschiedenen Booten seine Gäste selbst entscheiden, wie sie aussteigen möchten. Bietet "de gesloten boot" eine halbwegs trockene Reise, sieht man aus "de offen boot" absolut niemanden mit trockenem Auge aussteigen.
Eine Runde im Plexiglasboot gewährt tiefere Einblicke in die zauberhafte Physik dieser erbarmungslosen Dusche. Kaum dass das Boot in den Splashbereich eintaucht, türmt sich vor ihm eine haushohe Wand aus dem kühlen Nass auf. Schon Newton wusste, dass diese Konstellation zu nur einem einzigen Ereignis führen kann: Die soeben aufgewirbelten Wassermassen stürzen über den Köpfen der Fahrer ein oder krachen mit einem dumpfen Schlag auf das Dach über den Köpfen der Landratten. Dass es außerdem zur Seite spritzt, ist eigentlich nur noch Show, die das Spektakel für die Hartgesottenen in der Splashzone, die im Übrigen auch den Ausgang von Splash darstellt, optisch aufwertet.
Lifthill, 180° um die Kurve und dann...
Zuerst aber die trockene Theorie: de gesloten boot
Ein bisschen nasser ist es in der Splashzone
Das offene Boot zieht Wellen
Zweite Bilderserie der Tour: Splash!
Nicht nur im Bermuda Dreieck verschwinden Boote
Mh, ob das Wasser bis zu mir spritzt?
Ja, tut es!
Sonstiges.
Kaum dass wir aus Splash ausgestiegen sind, kam die Frage auf, was man denn als nächstes tun könnte. Ein kleiner Spaziergang durch den Park führte uns zu einem Kettenkarussell, einer Rodelbahn und einem Zug, auf dem wir unsere bisher gepflegte Tourtradition fortsetzten. Die Wagons waren zwar merklich für kompaktere Menschen gebaut und auch im Tunnel zogen wir vorsichtshalber unsere Köpfe ein, aber was macht man nicht alles für eine kleine Tradition? Nach einem schnellen Imbiss und einer Fototour verließen wir den Park kurz, um unsere Badesachen aus dem Auto zu holen. Die nächsten zwei Stunden sollten im Tikibad zugebracht werden, sodass uns vor Parkschluss noch eine gute Viertelstunde verbleiben würde, um Falcon ein letztes Mal zu fahren. Leider wurden 20 Minuten vor Parkschluss keine Besucher mehr in den Wartebereich eingelassen, sodass uns der geplante Abschluss auf Falcon durch die Lappen ging. Zum Trost gönnten wir uns eine ansehnliche Portion Pancakes, ehe wir entspannt nach Hilvarenbeek aufbrachen.
Mangels Bildmaterial sei an dieser Stelle noch auf
Martins Bericht vom Tikibad hingewiesen, in dem sämtliche Rutschen ausführlich beschrieben werden. Leider haben wir die darin angesprochene Bodyslide mit
g-lastiger
Helix zugunsten der deutlich zahmeren Trichterrutsche ausgelassen, die aber zumindest für mich die erste ihrer Art war. Insgesamt hat das Tikibad uns durchaus überzeugen können und, obwohl ich mich nicht als Fan von Wasserrutschen erachte, wäre es ein Fehler gewesen, achtlos daran vorbeizulaufen. Schließlich ist nach vier Tagen Road- und Coastertrip eine kleine Abwechslung stets willkommen.
Mad Mill's mad
Waterspin mit Dragon Fly im Hintergrund
Warum so angespannt?
Duinrell ist der Streber unter den kleinen Freizeitparks: Ein Angebot aus normalen Attraktionen wäre wohl zu wenig gewesen, also mussten unbedingt noch ein Schwimmbad und Campingplatz her, um den Besucher etwas länger an der Angel zu halten. Jede einzelne Komponente für sich ist vielleicht nichts Herausragendes, gibt aber gerade im Zusammenspiel mit dem Rest einen Familienpark ab, der sich sehen lassen kann. Und schließlich geht die Rechnung doch auf: Wie die vielen Badehosenträger im Vergnügungspark und der gut besuchte Campingplatz zeigen, wird das zusätzliche Angebot von vielen wahrgenommen, wodurch sich die Besuchermengen angenehm verteilen.
Für uns als Achterbahntouristen war Duinrell zwar keine Erleuchtung, aber durchaus sehenswert. Aufwändige Gestaltung sucht man vergebens, findet dafür allerdings ein tolles Reportoire an Attraktionen, die gekonnt in den bestehenden Wald integriert wurden. Duinrell ist anders - wie eine kleine Vergnügungsoase, die man beim Wandern gefunden hat. Und an einer solchen Oase kann man sich durchaus erfreuen.