Der Wild- und Freizeitpark Klotten ist der wohl kleinste Park, den ich bisher in der Absicht besucht habe, Achterbahn zu fahren, und wirkte auf meiner Coaster-Count-Karte mit "+2" eher wie ein vernachlässigbares Ziel. Und doch ist an diesem Park irgendetwas, das mich nicht locker ließ: Ich musste unbedingt nach Klotten fahren und freute mich auf den kleinen Familienpark mehr als auf viele der noch bevorstehenden Ziele. Das lag sicherlich daran, dass der Tag in Klotten als Verschnaufpause gedacht war. Eine solche war längst überfällig, schließlich wollten in den kommenden drei Tagen bei gleißender Hitze weitere 1200km Autofahrt gestemmt werden – zusammen mit dem ein oder anderem Coaster-Marathon und Late Opening im Walygator Parc kein allzu entspanntes Vorhaben. Aber in Klotten liegt mehr als nur die ruhige Kugel, die ich dort schieben wollte, schließlich sollte mir der Besuch in Cochem eine vollkommen neue Art Freizeitpark offenbaren.
Dass Klotten besonders ist, wird einem spätestens bei der Anfahrt bewusst. Nach einigen Airtimemomenten auf der Landstraße, erreiche ich endlich den hoch gelegenen Parkplatz vor dem Eingangstor und genieße alsbald die morgendliche Aussicht ins Tal. Wenige Momente später trifft auch schon wojoma ein, mit dem ich in den kommenden fünf Stunden Klotten auskundschaften wollte. Hereinspaziert, der Tag beginnt.
Bei so einer Aussicht fällt das Warten leicht.
Heiße Fahrt.
Es soll kein Geheimnis sein, dass unsereiner Klotten nicht unbedingt wegen der Nautic Jets oder der Tiergehege besucht. Nein, der Anreisegrund ist wohl eher ein sehr vielversprechender
Gerstlauer Bobsled, der sich – zumindest gemäß den ursprünglichen Plänen - seinen Weg durch einen Vulkan bahnen sollte. Da die Thematisierung sowieso noch nicht allzu weit fortgeschritten war, hat man zu Beginn der Saison kurzerhand beschlossen, den einstigen Betonvulkan fortan „Burg“ zu nennen, sodass sich nun auch der neue Waterride "Zum Rittersturz" thematisch eingliedern lässt. Durch die zurückgebliebene Theming-Baustelle hinterlässt jedoch vor allem der Auftakt der Heißen Fahrt einen etwas kargen Eindruck. Darüber lässt sich allerdings spielend leicht hinwegsehen, wenn man bedenkt, welche Top-Attraktion der Wild- und Freizeitpark mit seinem vermutlich begrenzten Budget auf die Beine gestellt hat.
Entgegen der hoch gesteckten Erwartungen war unsere persönliche Premiere auf der Heißen Fahrt dann jedoch eine ziemliche Enttäuschung. Noch nicht einmal die
Camelback-Serie als augenscheinliches Highlight der Achterbahn vermochte uns aus den Sitzen zu heben, sodass ich mir nur schwer vorstellen konnte, dass die Bahn später noch das halten würde, was sie verspricht. Erst eine Fahrt in der prallen Mittagssonne befreite mich schließlich von all meinen Sorgen, denn zu diesem Zeitpunkt war die Heiße Fahrt endlich warmgefahren und legte entsprechend zu: Im
First Drop schießt man in einer abwärtsführenden Rechtskurve über den Splashdown des Rittersturzes hinweg, woraufhin die Strecke wieder an Höhenmetern gewinnt und man ohne Vorwarnung in zwei Mauskurven geworfen wird. Diese werden ungebremst durchfahren und können vor allem durch die Aussicht ins Tal bestechen, die ein beinahe beklemmendes Gefühl von Höhe vermittelt.
Im Anschluss an eine
Blockbremse schraubt sich das Einzelgefährt eine unerwartet stark gebankte
Helix hinab und nimmt indes ein gesundes Maß an Geschwindigkeit auf. Über einen
Speedbump hinweg rast der Wagen einer Felswand entgegen und kaum dass man den Sitz wieder unter sich spürt, wird man erneut in die Höhe gewirbelt. Ein weiteres Mal wägt man sich für einen kurzen Moment schwerelos und der Wagen taucht in eine Schlucht zwischen zwei Steinwänden ab. Darüber erhaben thront die zweite
Blockbremse, der sich einer der wohl schönsten Achterbahnmomente anschließt: Abrupt wird man nach unten gerissen und erlebt dabei ein sehr ungewöhnliches aber spaßiges Gemisch aus
Airtime und lateralen
g-Kräften, das die Insassen an die rechte Außenwand der Chaise drückt. Im direkten Anschluss wagt
Gerstlauer dann den Exzess: Mit sagenhaftem Tempo heizt man über insgesamt vier Camelbacks hinweg, auf denen der Bobsled jedes Mal den Versuch unternimmt, alle vier Insassen abzuwerfen, und dabei jeweils nur knapp scheitert.
Es folgt eine weitere
Blockbremse, die über das Stationsdach hinwegführt, sodass man den Eindruck gewinnt, die Fahrt hätte bereits ihr Ende erreicht; nicht aber so in Klotten! Auf engstem Raum präsentiert die Heiße Fahrt mit einer weiteren
Helix und einer 180°-Kurve, die unter einer Terrasse hindurchführt, ihr sagenhaftes Ende und fährt stolz erhobenen Hauptes in die Schlussbremse ein. Man fasse zusammen: Mauskurven in schwindelerregender Höhe, eine extrem gebankte
Helix, Speedbumps und Camelbacks mit Airtimegarantie – das alles bietet die Heiße Fahrt zu einer extrem angenehmen Laufruhe und bildet somit eine der zackigsten Achterbahnfahrten, die man wohl aus einem Coaster dieser Dimensionen herausholen kann. Das gesamte Layout strotzt von Ideenreichtum und abgesehen von den kahlen Themingansätzen am
First Drop fügt sich diese Attraktion auch noch blendend in die Landschaft ein – ein Hoch auf die Heiße Fahrt!
First Drop aus dem Vulkan, der Burg, bzw. der Baustelle
Ein erquickender Start in den Tag
Auf der Heißen Fahrt hat einfach jeder Spaß
Diese vier aber besonders
Ungebremst durch zwei Mauskurven
Dann in eine geschmackvolle Helix
Ninety degrees! Almost...
Ab hier zündet der Gerstlauer so richtig durch
Airtime, bei der man besser die Sonnenbrille festhält – immer und immer wieder
Gerstlauer hat noch einen
Ein hundertprozentig durchdachtes Layout kommt zum famosen Schluss
Zum Rittersturz.
Im Anschluss an diese grandiose Achterbahnfahrt wollten wir natürlich keine weitere Sekunde verstreichen lassen und sofort ausprobieren, was Klotten uns denn sonst noch aufzubieten hat, sodass wir schnellstmöglich den Eingang zum Rittersturz suchten. Durch einen langen Gang erreicht man den Bahnhof, welcher noch sehr nackt gestaltet ist und somit keinerlei Stimmung erzeugen kann. Sitzt man aber erst einmal im Boot, beginnt der Rittersturz mit einer kurzen Themenfahrt, die aus zwei Animatronics in einem großen, aber auch größtenteils leeren Raum besteht. Die vorhandenen Ansätze sind nett, aber es sind bisweilen eben leider auch nur Ansätze.
Langsam nähern wir uns wieder dem Tageslicht und bekommen noch die letzten Wassertropfen aus einem umgekippten Eimer ab. Eine Plattform hebt uns den rotierenden Vertikallift empor, sodass wir den höchsten Punkt des gesamten Freizeitparks erreichen, von dem aus wir die Aussicht in vollen Zügen genießen können. Allmählich schieben uns die Reibräder in den Predrop, dem sich unweigerlich die große Schussfahrt hinab ins kühle Nass anschließt. Leider hat man sich in Klotten für die Montage von Bremsschwertern an der Einfahrt in den Drop entscheiden müssen, sodass das Boot merklich verzögert wird – es fühlt sich beinahe so an, als wäre irgendetwas mit der Schwerkraft nicht in Ordnung. Auch hier kann man jedoch ein Auge zudrücken, schließlich beeindruckt der Rittersturz mit seiner stattlichen Höhe das Zielpublikum doch merklich und zeigt einmal wieder auf, dass man sich in Klotten hohe Ziele steckt. Unten angekommen baut sich vor uns eine dichte Wasserwand auf, die wojoma und mich ordentlich durchnässt. Schließlich führen einige S-Kurven im Betonkanal zurück zur Station, wo uns sofort das Sitzenbleiben angeboten wird.
Noch fließt kein Wasser im Drop
Jetzt schon: Eines der ersten Boote auf dem Weg zur ritterlichen Taufe
Taufe mit Wumms
Dank diesem kleinen Predrop ist die Bahn auf Coaster Count vertreten; ich sag dazu mal nichts...
Wirbelstrombremsendrop
Zwischen Waschbären und Wildschweinen.
Im Auftrag eines Achterbahnbesuchs waren wir mit Klotten also durch und liefen somit einige Zeit an den angrenzenden Attraktionen vorbei, ehe es uns in den Wildpark verschlug. Dieser lädt zu ausschweifenden Spaziergängen ein, sodass wojoma und ich uns um ein Haar verquatscht und völlig die Uhr aus den Augen verloren hätten – so zeitlos habe ich auf der ganzen Tour noch nicht gefühlt. Den Abschluss unseres Ausflugs bildete dann ein leckeres Mittagessen im parkeigenen Restaurant, welches eine willkommene Abwechslung zum Coasterfraß der vorangegangenen Woche darstellte.
Der Haupteingang
Ein kurzer Parkrundgang: Beginnen wir bei den Attraktionen
Neben diesen Booten gibt es noch Rutschen, eine Handvoll Flatrides und mehr
Aber auch Waschbären
Der Wildpark lädt zu gediegenen Spaziergängen ein
Nach einigen hundert Schritten gelangt man wieder zu den Hauptattraktionen
In der Tat lässt sich das Feeling, das sich in Klotten breit gemacht hat, schlecht in einen Bericht verpacken. Für meinen Teil war ich ausnahmslos positiv überrascht und habe den kleinen Park wirklich in mein Herz geschlossen. Es herrscht einfach eine ganz andere Stimmung im Park, wenn die Zielgruppe hauptsächlich aus Familien mit eher jungen Kindern besteht: Alles wirkt viel freundlicher, man grüßt sich einander und am Ende des Besuchs kommen einem sogar eine Handvoll Gesichter bekannt vor, weil man ihnen immer wieder über den Weg gelaufen ist.
Klotten mag für mich einfach der richtige Park zum richtigen Zeitpunkt gewesen sein, sodass ich inmitten der DeNeFra-Tour endlich mal wieder Luft holen konnte. Aber auch objektiv betrachtet gibt der Park einiges her und zeigt mit der Heißen Fahrt als auch mit dem Rittersturz große Ambitionen. Auch abseits dieser Hauptattraktionen wirkt der Park stets gepflegt und lädt zu einem gemütlichen Freizeitparkerlebnis ein. So habe ich mich stets als Besucher willkommen gefühlt und den Park derart entspannt verlassen, dass man sicherlich hätte meinen können, ich kehre aus einem Wellnessurlaub zurück. Dementsprechend kann ich es nur jedem einzelnen ans Herz legen, Klotten selbst einmal einen Besuch abzustatten, sofern es sich anbietet: Man mag anreisen, um eine Top-Achterbahn zu fahren, aber sobald man dort ist, möchte man diesen heimeligen Park eigentlich gar nicht mehr verlassen. Leider führte mir ein kleiner Junge drastisch vor Augen, dass meine Reise unweigerlich von hier wegführen sollte, als er wojoma und mir die Frage stellte, was wir heute noch machen würden: „Ich schaue mir noch ein Feuerwerk an.“, antwortete wojoma, während ich kurz nachdenke: „Ich breche jetzt nach Frankreich auf.“ - schade eigentlich.