In Blackpool Pleasure Beach stellte sich nach einigen Fahrten auf der Wild Mouse für Julia, Jan und mich nur noch eine beklemmende Frage: Werden wir je wieder eine „normale“ Achterbahnfahrt genießen können? So freute ich mich sehr, als ich kurz nach der England-Tour auf rct-3.org las, dass Markus ein kleines Usertreffen im Europa Park zusammentrommeln möchte. Angesichts des für mich recht preiswerten Spaßes und der vielen Interessenten fiel mir die Zusage auch nicht wirklich schwer und überhaupt: Ist der Europa Park nicht das ideale Testobjekt, um herauszufinden, ob auch weniger lebensbedrohliche Achterbahnen noch die Sucht stillen können? Ein weiteres Pro war dann natürlich das Versprechen des womöglichen
Ex-Kinderachterbahnfahrers Markus, mit uns eine Runde auf Europas höchster Achterbahn zu drehen, von der er vor ziemlich genau einem Jahr noch Reißaus genommen hat.
Die fünf Übeltäter des diesjährigen EP-Treffens
Kurz vor Parköffnung erreiche ich schließlich den Brunnen, an welchem Jonas schon wartet. Auch Markus erkennt man bereits in der Masse, die vom Parkplatz aus auf uns zuströmt, sodass die Gruppe für die erste Stunde vollzählig versammelt ist. Sofort macht sich ungetrübt gute Stimmung breit und das vielversprechende Wetter tut sein Übriges, sodass wir voller Energie in den Park aufbrechen und erst einmal einige Kapazitätsgurken abklappern. Für mich gilt es im Anschluss noch, das Madhouse „Fluch der Kassandra“ nachzuholen, welches sich seit Merlin's Magic Castle in Walibi Holland auf meiner Liste der unerlässlichen ToDos befindet. Leider konnte die Hexenschaukel der Konkurrenz nicht wirklich das Wasser reichen, obgleich der Soundtrack mit griechischer Texteinlage die Grundstimmung der Attraktion perfekt inszeniert. Trotzdem bleibt mir die vergleichsweise mager gestaltete Trommel, die sich um die Fahrgäste dreht, ein Dorn im Auge, sodass mich im Fluch der Kassandra eher die Technik als die Gestaltung begeistern konnte. Dabei kitzeln auch die zusätzlichen Effekte nicht allzu viel heraus, zumal diese vom eigentlichen Fahrerlebnis ablenken und es kaum erweitern; Die Idee als solche finde ich allerdings schlichtweg genial.
Eine rasante, aber unaufregende Fahrt auf dem Alpenexpress Enzian später steigen wir schließlich hinab in die Bergmine des Dufts, woraufhin wir den Brotkrumen in den Märchenwald folgen, ehe unsere Reise nach Russland zu Markus und Julian führt. Letzterer hatte sich noch einen Count zu holen und somit war unser nächstes Ziel eigentlich auch schon beschlossene Sache: Wodan besticht auch 2013 noch durch eine fabelhaft gestaltete Queue, an deren Ende wir uns schließlich für die augenscheinlich unbeliebte erste Reihe entscheiden. Ohne allzu große Erwartungen lassen wir uns den Lifthill emporziehen und siehe da, es geht doch! Im Vergleich zum letzten Jahr hat die Holzachterbahn einen ordentlichen Zahn zugelegt und konnte besonders am Nachmittag durch Schwerelosigkeit und einige sehr zackige Fahrmanöver gut bei Laune halten. Wodan ist für mich noch lange kein Troy, aber inzwischen findet man auf ihr ein gutes Repertoire von dem, was einen anständigen
GCI ausmacht. Man würde sich sicherlich davor hüten, Worte wie „gedrosselt“ in den Mund zu nehmen, wenn die Anlage nicht im Europa Park stünde.
Sind das die richtigen Schuhe für einen EP-Besuch?
Definitiv ein schönes Eck
Hoffentlich rennen hier ab nächstem Jahr nicht die Besucher in Scharen entlang; das wäre dem Märchenwald nicht sonderlich zuträglich
Guten Morgen, Sonnenschein
Holz am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen
Gegen 15:00 dann aber doch merklich geiler
Habt ihr Spaß?
Karibik-Feeling
Über blue fire, die ihre Sache noch genauso gut wie im Vorjahr macht, führt unsere Reise dann schließlich nach Frankreich: „Sag mal Markus, bist du inzwischen eigentlich Silver Star gefahren?“ Er berichtet uns kurz von seiner „eigentlich langweiligen“ Fahrt auf einem der mittleren Plätze; von der Höhe habe er gar nichts mitbekommen und ohnehin wäre alles nur halb so schlimm. „Okay, dann fahren wir mit dir mal in der ersten Reihe, damit du auch etwas siehst.“ Bei fünf Minuten Wartezeit kann man sich diesen Luxus schließlich gönnen, obwohl es uns doch einiges an Überzeugungskunst und körperlicher Anstrengung abverlangt, den Kinderachterbahnfahrer nach außen in die First-Row-Queue zu locken.
Im Anschluss an dieses extrem unterhaltsame Spektakel gilt es natürlich auch noch, den Stolz Deutschlands zu fahren – naja, zumindest auf dem Papier ist Silver Star dieser besagte Stolz. Neben der oftmals geschmähten Familientauglichkeit ist die Dame inzwischen nämlich ein wenig in die Jahre gekommen, sodass sich während der gesamten Fahrt ein leichtes Vibrieren bemerkbar macht. Die zweite Veränderung, die uns aufgefallen ist, wiegt dagegen stark positiv: Wir alle hatten den Eindruck, deutlich schneller über die Camelbacks zu fahren als in all den zimperlichen Vorjahren, wodurch besonders ab der
Blockbremse ein rundes Erlebnis von Floating
Airtime entsteht. Nein, ich möchte damit nicht sagen, dass Silver Star plötzlich die Kurve gekriegt hat und Maßstäbe setzt: Die
Airtime hat noch immer denselben meditativ-ruhigen Charakter, aber irgendetwas scheint sich geändert zu haben – die Fahrt auf dem Silberpfeil ist zumindest ungewohnt ansprechend geworden. Nach diesem kleinen Aha-Erlebnis stürmt uns allen voran Markus aus dem Bahnhof heraus und reiht sich sofort für eine Wiederholungsfahrt ein: „Leute, wir haben Markus kaputt gemacht.“
Markus schiebt Markus – alle Jahre wieder
Das (wohl nötige) Beweisfoto
Fliegt!
Trotz vieler enttäuschender Fahrten noch immer ein bildhübsches Ding
Voller Zug
Arme und Haare nach oben
Ab hier folgen nur noch uninspirierte Standardfotos
Partyzug
Richtungswechsel im Horseshoe
Zoom- und Coaster-Nerd
Da ist was im Busch
Einfach mal zurücklehnen und Spaß haben
In den Tälern noch immer kraftlos
Eine schöne Rückenlehne kann auch … entzücken
Seit 11 Jahren hoch und schnell
Die erste Leerfahrt nach Parkschluss
Schräges Ding
Bei einem Kurzaufenthalt in Frankreich muss natürlich auch eine absolut kultige Fahrt auf der Eurosat mitgenommen werden, sodass wir keine fünf Minuten später in unserem Zug Platz nehmen und uns den endlosen Beatschuppen-Lift emporschrauben. Julian ruft mir über die Musik hinweg noch zu, dass eine Fahrt mit Licht doch mal etwas Geiles wäre, ehe der Countdown einsetzt. Unsere Motoren laufen und wir alle erwarten das Altbekannte, doch dann bleibt plötzlich der Zug wenige Zentimeter vor dem
First Drop stehen. Ist das ein neuer Effekt? Ein Blick zu den ebenso verwirrten Europa-Park-Kennern lässt diesen Gedanken schnell unwahrscheinlich erscheinen. Dann ertönt in der unendlichen Dunkelheit eine miserabel verständliche Lautsprecherdurchsage, die uns womöglich mitteilt, dass die Bahn technische Probleme hat – das wäre uns doch glatt entgangen. Plötzlich wird es hell und wir blicken uns im Gipfel der Sat erst einmal interessiert um: Überall sind Kabel und Schalter mit der Beschriftung „Reibräder“. Hm, besser keinen Knopf drücken, wer weiß, was uns im nächsten Blockbereich erwartet. Außerdem finden sich noch die Telefonnummern der verschiedenen Bremsen, die uns eines Tages sicherlich noch nützlich sein werden.
Ein Blick nach unten lässt erahnen, dass ein Mitarbeiter gerade auf dem Weg zu uns ist und tatsächlich werden wir wenige Minuten später nochmals persönlich darüber aufgeklärt, dass die Bahn nicht funktioniert. „Können Sie vielleicht das Licht anlassen, wenn wir wieder fahren?“, fragt Julian noch nach. „Nein, das geht nicht.“, lügt die Frau uns frech an. In der Tat versetzen wir uns nämlich bereits wenige Augenblicke später in Bewegung und beginnen somit die Reise in das wahrlich Unbekannte. Noch ist es erstaunlich leer um uns herum, aber das Schienenknäuel am Boden der Kugel lässt ein tolles Finale erhoffen. Beim Anblick der hell erleuchteten Eurosat vergessen wir beinahe um die aktuelle Fahrt, sodass es uns umso härter trifft, als der Zug in der ersten
Blockbremse brachial auf Null gebremst wird. Der dort platzierte Mitarbeiter grinst kurz und schon setzen wir unseren Erkundungstrip fort, wenn auch deutlich langsamer, als es der Achterbahn gut tut. Am nächsten Brakerun ist ein weiterer Mitarbeiter stationiert, der bereits bei unserer Einfahrt verschmitzt lächelt. Eine Lektion schlauer stützen wir uns bereits vor der Bremse ab und vermeiden somit das Schlimmste, während ich rufe: „Dem macht das Spaß! Dem macht das sowas von Spaß!“ Ein freundliches Grinsen bestätigt meine Vermutung und wir werden in das schleppende Finale entlassen, während dem wir uns immer wieder wundern, wieso sich in diesem Lichtraum-Chaos noch niemand die Hände verletzt hat, obwohl einige Schaumstoffpolster ja Gegenteiliges vermuten lassen.
Die berüchtigte Schlussbremse hat mit uns schließlich weniger Arbeit als üblich, was wir gemeinsam feiern, indem wir dort erneut eine ganze Weile still stehen bleiben, bis schließlich Markus und Jonas aus der ersten Reihe befreit und abtransportiert werden. Wir bleiben noch etwas ratlos zurück: Kommt da nochmal jemand? Schließlich rollen wir rund 21 Minuten nach Fahrtantritt wieder in der Station ein – ein kleiner Traum ist endlich wahr geworden, aber der Magen langsam ebenso ungeduldig. Nichtsdestotrotz gönnen wir uns im Laufe des Tages natürlich noch eine pannenfreie Wiederholungsfahrt auf der Eurosat, die in ihrer altbekannten Art und Weise Spaß macht und einfach herrlich verplant durchs Dunkel führt. Und doch greift die letzte
Blockbremse auf offener Strecke in diesem Jahr merklich, sodass der letzte Abschnitt nicht ganz so furios durchfahren wird, wie man es sich doch eigentlich wünscht.
Ähnliches fiel uns später auch bei Euro-Mir auf, die im Vergleich zum Mai 2012 deutlich handzahmer fährt. Während ich bei meinem letzten Besuch noch in Pein und mit einem Gesichtsausdruck des Warum sehnlichst auf die Schlussbremse gehofft hatte, war die Fahrt in diesem Jahr absolut vertretbar: Nur in der letzten
Helix und der anschließenden Kurve gab es nennenswert auf die Ohren, während uns die
g-Kräfte noch immer gekonnt in den Sitz pressten. Vielleicht stecke ich inzwischen aber auch einfach nur mehr weg.
Turmgegurke
Das gleiche Foto in anders
Nach dem nervenaufreibenden Stress während der Beinahe-Evakuierung der Eurosat knurren uns die Mägen, sodass eine nahrhafte Stärkung im Seerestaurant her muss, ehe wir uns den Kultbahnen widmen. Zu diesen zählen in jedem Fall die Piraten in Batavia sowie das Geisterschloss, die beide inzwischen eine fast schon alljährliche Freude darstellen. „Warum strampelst du nicht?“ - The Ride zählt sicherlich auch nicht zu den schlechtesten Dingen, die man im Europa Park mitnehmen kann, sodass wir uns auch Volo Da Vinci nicht entgehen lassen. Ein deutlich abwechslungsreicheres Vergnügen war uns im Anschluss allerdings das Fjord Rafting, welches seit meiner letzten Fahrt einige neue Elemente dazugewonnen hat: Zum einen wird man auf halber Strecke von einem Eimer überrascht, der über den Wasserstrom hinweggezogen wird und aufgrund einiger Lecks nur bedingt dazu geeignet ist, Wasser zu transportieren. Zum anderen wurde außerdem der gesamte Lift am Ende der Anlage in ein Haus eingebettet, was den Abschluss der Wildwasserfahrt deutlich aufwertet. Das wahre Highlight waren für uns jedoch die altbewährten Wellenmaschinen, aus deren Wirkungsbereich unser Boot gar nicht mehr entkommen wollte, sodass wir allesamt eine gesunde Portion Wasser tanken konnten.
Gegen Ende des Tages besuchten wir noch einmal Island, um sowohl mit blue fire als auch mit Wodan in die Wiederholung zu gehen. Der Andrang bei Wodan war um diese Zeit verblüffend gering, wohingegen wir uns bei blue fire dann doch für die Single-Rider-Lösung entschieden. Dabei wurde Julian das unglaubliche Glück zuteil, welches wahlweise mit sozialem Ausschluss zu bestrafen ist, und nahm in der ersten Reihe seinen freien Sitzplatz ein. Dies und eine Abschlussfahrt im hinteren Zugteil Wodans, wo der
First Drop wirklich sehr schön zur Geltung kommt, bildeten das glänzende Finish eines weiteren wunderbaren Tages im Europa Park, an den man sich mit Freuden erinnern wird.
Kopfstand in Rust
“Warum liegt hier überhaupt ein Ball rum?“ - „Und warum hast du ne Maske auf?“
Blaues Knäuel
Monorail-Shot
Donut-Shop
Schlussendlich wählten wir die kürzeste Route zum Ausgang des Europa Parks, ab dem sich unsere Wege und Buslinien leider schon wieder voneinander trennen sollten. Da mir noch ein Zeitfenster von gut einer halben Stunde bis zur Abfahrt des EP-Shuttles bleibt, zücke ich ein letztes Mal die Kamera und laufe in alter Manier unter der noch fahrenden Silver Star entlang. Wann habe ich mir zum letzten Mal die Zeit dafür genommen? Das liegt bestimmt fünf Jahre zurück... Während ich im Schatten des Stahlgiganten stehe und den Sonnenuntergang genieße, fühle ich mich beinahe wieder wie 15 und auf einmal verstehe ich auch wieder die Faszination, die diese Achterbahn vor langer Zeit einmal auf mich ausgeübt hat.