Wer hat nicht auf der morgendlichen Fahrt mit der Fähre den Blick über das stolze, weiß schimmernde Grand Floridian mit seinen eleganten roten Dächern schweifen lassen? Wer wollte nicht mindestens eine Nacht in
der Prime-Lokation im Land der Maus verbringen? Die Frage ist: lohnt sich der durchaus sportliche Zimmerpreis?
Ich möchte vorrausschicken, dass ich in der Vergangenheit mit Hotels in der Nähe von Parks meist bessere Erfahrungen gemacht habe, als mit den eigentlichen Park-Hotels (eine Ausnahme mögen hier das
Disneyland-Hotel und das
Grand Californian in Anaheim sein). Insofern ist mein Bericht als gänzlich subjektiv zu bewerten – bei einem anderen Besuch kann das Ganze schon völlig anders aussehen.
Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass sich die Qualität eines Hotels in zwei Punkten besonders widerspiegelt:
- Wie viel während eines Besuchs schief geht.
- Da so etwas nun einmal passieren kann: Wie das Hotel mit den Dingen, die schief gehen umgeht.
Ein gutes Beispiel, wie letzteres laufen kann, hat das
Mandarin Oriental in Miami geliefert: Kurz nach unserer Abreise nach Key West fiel mir auf, dass ich offensichtlich mein iPhone im Hotelsafe vergessen hatte. Also auf der Brickell gewendet und zurück zum Hotel. Wie schon beschrieben: es war
Art Basel, der Valet-Parkplatz war
proppenvoll. Dennoch kam sofort ein Bellhop, dem ich mein Problem erklärte. Darauf passierte folgendes:
- Der Bellhop ging sofort mit mir zu meinem Zimmer (er hatte hierfür eine Key-Karte)
- Unser Mietwagen wurde kurz weggefahren
- Meiner Frau wurde für die Wartezeit ein Eistee an der Lobby-Bar angeboten
- Als ich mein Telefon glücklich hatte, wurde unser Mietwagen unter einer Minute wieder „hervorgezaubert“
- Insgesamt war die Nummer binnen fünf Minuten erledigt.
Das war in der Summe so ziemlich das Optimum, wie ein Hotel mit einem Problem (das es nicht einmal selbst zu verantworten hatte) umgehen kann.
Bei meinen Ausführungen muss man im Hinterkopf halten, dass das Mandarin Oriental
billiger war, als das Grand Floridian. Trotz 30% Rabatt auf der einen und Art Basel auf der anderen Seite.
Dass der Aufenthalt unter keinem guten Stern stehen würde, zeigte sich schon bei der Anfahrt. Als Gast hat man die Wahl zwischen kostenlosen
Self-Parking und kostenpflichtigen
Valet (25$ pro Tag, wenn ich mich recht erinnere). Blöd nur, wenn an drei von vier Tagen der Self-Park-Bereich bis auf den letzten Platz belegt ist und man Valet parken
muss. Ob so etwas in der Off-Season passieren darf, sei dahin gestellt, aber klar ist, dass man als Gast eine Lösung erwartet. Also flugs gewendet und zum Valet gefahren, Situation erklärt und eigentlich eine Kombination aus „Entschuldigung“ und „Valet geht aufs Haus“ erwartet. Aber nichts dergleichen: Der Valet-Captain fühlte sich für die Proleten vom Self-Park-Bereich in keinster Weise zuständig und erklärte, wenn man Valet parken wolle, müsse man auch Valet bezahlen. Das Problem lies sich nur nach längeren Diskussionen bei den Guest Relations klären.
Dass ein Hotel gelegentlich renovieren muss, ist klar. Das kann ich absolut verstehen. Ich finde nur, dass man Gästen, die nicht wenig Geld für eine Übernachtung auszugeben bereit sind, mitteilen sollte:
- Dass das „Grand Floridian Resort and Spa“ während des Besuchs das „Grand Floridian Resort and no Spa“ ist, denn der Wellness-Bereich war „Under Construction“.
- Dass sämtliche Bars geschlossen sind. Besonders ärgerlich in diesem Zusammenhang: Mizner's Lounge war zwar offen, wurde aber zu unserem Zeitpunkt ausschließlich für Up-Charge-Aktivitäten genutzt (da das hierfür normalerweise genutzte Gebäude „Under Contruction“) war.
- Dass das gesamte Gelände ein einziger Bretterzaun sein würde.
Wie schon geschrieben: Das kann passieren, muss aber nach meiner Einschätzung im Vorfeld deutlich kommuniziert werden.
Am ersten Abend sollte es direkt zu
„Mickey’s Magic Christmas Party“ gehen, einer Upcharge-Veranstaltung im Magic Kingdom. Nun gibt es vom Grand Floridian nur drei Möglichkeiten, zum Park zu gelangen:
- Die Monorail
- Ein Boot, das den Park, das Grand Floridian und das Polynesian miteinander verbindet
- Ein Fußweg, bei dem man aber leider – im Gegensatz zum Weg zum Contemporary – an einer Stelle etwa 10 Meter durch die Lagune schwimmen muss, da eine Brücke fehlt.
Letzteres war aufgrund der Dezember-Temparaturen keine Option. Die Monorail leider auch nicht, denn die war an jenem Abend – mal wieder – außer Betrieb. Vom Boot riet man uns ab und empfahl stattdessen, den Bus zu nehmen, der an diesem Abend ersatzweise die ca. fünf Minuten lange Strecke zum Park fahren sollte. Wir gingen also zum Busbahnhof. Laut Wartezeit-Bildschirm sollte der Bus in fünfzehn Minuten da sein. Fünfzehn Minuten später sollte der Bus laut Wartezeit-Bildschirm in fünfzehn Minuten da sein. Fünfzehn Minuten später sollte es gar keinen Bus mehr geben. 90 Minuten später waren wir im Park. Die Parade war gerade zu Ende.
Aber auch wenn die Monorail funktioniert, ist man vor Unwägbarkeiten nicht gefeit. Man muss nämlich wissen, dass Disney gegenwärtig alle möglichen Funktionen auf RFID umstellt. So bekommt man als Hotelgast eine Karte, mit der man seine Zimmertür öffnen, bezahlen, Fastpasses reservieren und den Park betreten kann. Wenn die Technik funktioniert. Wenn sie nicht funktioniert, kann man keines davon. Wie in meinem Fall: ich war zwar mit ausreichend Vorlauf für die Main Street Electrical Parade am Magic Kingdom, hatte aber leider die 45 Minuten Wartezeit an den Park Guest Relations, in denen ein Mitarbeiter beamtenähnlich wechselweise Papier- und/oder Bildschirm-Formulare ausfüllte, bis es dann endlich eine Ersatzkarte für mein nicht funktionierendes RFID-Billet gab, nicht einkalkuliert. Als ich im Park war, war die Parade gerade zu Ende.
Insgesamt war der RFID-Quatsch ein reiner Quell der Freude. Immerhin wurde ich am dritten Tag schon von Weitem persönlich von den – sehr freundlichen – Mitarbeitern der Hotel-Guest-Relations begrüßt, wenn ich zum zweiten oder dritten Mal am Tag dort vorstellig wurde, weil meine RFID-Karte meine Zimmertüre nicht öffnete, ich mal wieder zu den Park-Guest-Relations musste, weil meine Eintrittskarte nicht funktionierte (tat sie kein einziges Mal) oder ich damit nicht bezahlen konnte (was besonders dann blöd ist, wenn man die Kreditkarte nicht mit in den Park genommen hat).
Was ich toll finde, ist, dass, wenn man am Vorabend Frühstück aufs Zimmer bestellt, gefragt wird, ob der Room-Service 10 Minuten vor der Lieferung anrufen soll. Da das Frühstück in einem 30 Minuten-Slot geliefert wird, kann man ausschlafen, wird geweckt, kann sich schnell etwas anziehen und kaum ist man fertig, gibt es Kaffee, Früchte und Bagel. Wenn man stattdessen von einem energischen Klopfen an der Tür geweckt wird, weil der 10-Minuten-Weckruf vergessen wurde und man hektisch seine Hose suchend und „Just a second, I’m still naked“ rufend durchs Hotelzimmer wetzt, ist das ein weniger angenehmer Start in den Tag.
Netterweise ließ sich Disney aber nicht lumpen und lud uns ob des ganzen Ärgers ins
Narcoossee's, das Hotel-eigene Fisch-Restaurant, ein. Schade nur, dass man dabei unsere Reservierung verschlampte und der Restaurant-Chef nicht bereit war, bei den Guest-Relations anzurufen und die Situation zu klären. So landeten wir selbst wieder bei den mittlerweile schon lieb gewonnenen Mitarbeitern, die uns dann auf die Schnelle einen Tisch im Cítricos organisierten. Das ging zwar auch zunächst in die Hose, glücklicherweise hatten wir aber eine sehr nette und resolute Kellnerin, die die Sache für uns regelte. Und tatsächlich war dieser Restaurant-Besuch das Positivste, was ich von unserem Besuch zu berichten weiß: er endete – trotz der vorgerückten Stunde – nach dem zweitbesten Essen, dass ich je in einem Themenpark-Restaurant hatte, in einem komplett leeren Restaurant zusammen mit ein paar Kellnern.
Zwischendurch gab es übrigens einen FastPass-Gutschein für die verpassten Paraden, drolligerweise mit
"No Strings attached" überschrieben. Mit diesem kann man aber nicht direkt zur Attraktion, nein, man muss ihn erst in den Park-Guest-Relations eintauschen und ein Formular ausfüllen, in dem man genau angeben muss, wer man ist und wo man wohnt und was nicht so dolle war (obwohl man das dem Mitarbeiter, von dem man den Gutschein hat, schon erzählt hatte). Danach tippt der Cast Member noch zehn Minuten auf seinen Computer ein und nach insgesamt 20 Minuten hat man dann den Fastpass. Der übrigens in den Hollywood Studios bei allen Attraktionen gilt. Außer Toy Story. Der einzigen Attraktion, bei der an dem Tag die Wartezeiten länger als 20 Minuten waren.
Insgesamt kann ich mich über die Freundlichkeit der Mitarbeiter in den Guest-Relations nicht beschweren. Aber das alles nützt relativ wenig, wenn jede Aktion mit minutenlangen Herumtippen in irgendwelche Bildschirmmasken verbunden ist, während der Gast vergleichsweise belämmert daneben steht.
Fairerweise muss ich einräumen, dass ich nach einer höflichen, aber sehr langen Beschwerde-Mail ein ebenfalls höfliches und sehr langes Telefon-Gespräch mit Disney hatte, das mir eine freie Nacht in einem Walt-Disney-World-Hotel meiner Wahl „eingebracht“ hat. Und während das Gespräch mit den üblichen „Es tut uns unendlich leid“-Floskeln begann, hatte ich das Gefühl, dass der nette Disney-Mensch im Verlauf tatsächlich um eine Klärung bemüht war.
Zum Hotel selbst: die Anlage ist wirklich sehr schön und gepflegt. Die Zimmer selbst fallen dagegen arg ab: sie sind im Vergleich zum
Contemporary mehr „alter Glanz“ und in Relation zum
Polynesian arg klein ausgefallen. Wenn ich im Bad nach erfolgter Defäkation in die Dusch-/Badewannen-Kombination steigen muss um die Türe öffnen zu können, dann ist das alles andere als
"Grand". Die Restaurants sind, sofern sie Tische für einen haben, sehr gut und der Blick auf das Feuerwerk (im Cítricos) erhebt jedes Abendessen zum Mahl. Das „Victoria & Alberts“ ist ohnehin über jeden Zweifel erhaben und sofern alles läuft, erledigt das Personal seine Aufgaben vorbildlich und freundlich.
Fazit: Das Grand Floridian ist ein wirklich nett anzusehendes Hotel. Die Lage ist einmalig und insgesamt wertet ein Disney-Hotel die gesamte „Experience“ erheblich auf, insbesondere, wenn es direkt am Park liegt. Was ich aber auf diesem Trip erleben durfte, ging
gar nicht. Das „Grand Floridian“ ist das erste Haus am Platze. Wenn da bei einem Gast so viel daneben läuft, muss es ab einem bestimmten Zeitpunkt „klick“ machen, und die Sache zu einem Mitarbeiter „eskaliert“ werden, der das Problem nachhaltig und abschließend regelt. Ursachensuche kann dann später betrieben werden, aber bitte nicht, während der zahlende Gast wartet. Für $400 die Nacht plus Steuern muss das drin sein.
Würde ich nochmal dort absteigen? Ja, aber vorher würde ich auf jeden Fall die Hotels beim Epcot ausprobieren. Danach wären dann eher Wiederholungsbesuche im Polynesian und Contemporary dran. Erst danach käme das Grand Floridian für mich nochmals in Betracht. Nur: bis dahin dürfte es rund 15 Jahre hin sein. Und bis dahin renovieren die bestimmt wieder und haben gerade die RFID-Pässe durch persönliche subkutane Injektionen ersetzt, die dann wahrscheinlich auch nicht funktionieren...
Das war unser Zimmer
Die Ausstattung war zwar Geschmackssache, aber auf jeden Fall hochwertig
Abendlicher Blick auf die Anlage
Das Hauptgebäude
Eines der Neben-Gebäude
Der Eingangsbereich mit Monorail
Liegt schön am Wasser
Über den Bauzaun fotografiert
Lobby des Grand Floridian (Archivfoto)
Dunkle Wolken über dem Grand Floridian