Nur etwa 10 Minuten nach unserem Auftakt in La Bresse erreichten wir bereits das dritte Ziel unseres Tagestrips am 17. Mai. Gemeint ist der Schluchtpass, oder im Französischen Col de la Schlucht. Doch was wollen zwei Achterbahnfans an diesem über 1100 Meter hohen Pass, wo sich weit und breit kein weiterer Count findet? Nun, glaubt man den Berichten, gibt es hier etwas viel besseres als einen lahmen Count. Stattdessen kann man hier noch eine originale, doppelspurige Sommerrodelbahn vom Typ RoblaRun erleben, die gerne mal als Mutter aller Sommerrodelbahnen oder gar als Gott bezeichnet wurde. Und da sie - im Vergleich zu den übrigen Entfernungen an diesem Tag - fast schon fußläufig gegenüber lag, wollten wir das natürlich einmal selbst erleben.
Vorher stärkten wir uns noch ein wenig - aber nicht bei der Brasserie, sondern aus dem Rucksack.
Der kleine Parkplatz war gut gefüllt, auf der anderen Straßenseite wäre aber noch sehr viel Platz gewesen.
Am Zugangsweg ist schon einer der Schlitten ausgestellt.
Das Gebäude, in dem auch die Kasse untergebracht ist, ist Baujahr 1904. Die Rodelbahn ist aber vermutlich doch etwas jünger, oder?
Ein kompletter Umlauf (also Auffahrt mit dem Sessellift und Abfahrt mit der Rodelbahn) kostet stolze 6,50¤. Wer möchte, kann natürlich auch zu Fuß nach oben wandern und nur ein Ticket für die Abfahrt kaufen. Wir gönnten uns aber zweimal das Komplettpaket, schließlich wollten wir ja beide Bahnen testen.
Die Talstation des Sessellifts.
Ein Bild für die Technikfans unter uns.
Zunächst führt der Lift über die grüne Wiese, die Rodelbahn fährt etwas abseits am Waldrand hinunter.
Ob die eine Schneekanone für den Winter ausreicht?
Erst im oberen Bereich nähert sich die Rodelbahn wieder dem Lift, der Start liegt dann direkt neben der Bergstation.
Die viersitzigen Gondeln werden in den Stationen übrigens aus dem Liftseil ausgekoppelt und laufen dann schön langsam zum Aussteigen.
Wirklich groß war der Andrang an diesem Tag nicht. Es fuhr zwar immer mal wieder jemand, aber eine Schlange bildete sich weder am Sessellift, noch an der Rodelbahn. Dennoch trafen wir natürlich gerade oben ein, als sich nach einer längeren Pause eine kleine Gruppe zum Start bereit machte. Der Mitarbeiter dort oben kontrollierte aber nur die Tickets und kümmerte sich um die ankommenden Schlitten. Ansonsten hielt er sich aus allem raus, sodass wir nach den beiden offensichtlich sehr langsam fahrenden Damen frei entscheiden konnten, wie lange wir warten. Und da sonst niemand mehr hinter uns wartete, ließen wir uns mehrere Minuten Zeit. Dann startete ich auf der linken und Caruso parallel auf der rechten Bahn.
Gleich zu Beginn geht es etwas steiler hinab, sodass man von Anfang an ordentlich Tempo aufnimmt.
Obwohl wir bei dieser ersten Fahrt noch ziemlich langsam unterwegs waren, hoben wir schon beim ersten Jump leicht von der Bahn ab.
Beide Strecken verlaufen meist parallel, sodass ein richtiges Renn-Feeling aufkommt.
Nur in der Mitte trennen sich die Wege immer wieder kurz und die Bahnen kreuzen sich einmal.
In den letzten Kurven liefen wir dann sogar doch noch auf die beiden vor uns fahrenden Mädels auf...
Bis dahin hatte Caruso aber klar in Führung gelegen. Ich hatte schon am Start Zeit verloren und konnte dank eines leicht nach rechts ziehenden Schlittens nicht ganz so viel Vertrauen in die Bahn aufbauen. Der Abstand zwischen uns beiden war aber nach den ersten Kurven in etwa gleich geblieben. Vor der zweiten Runde brachte ich die Kamera dann sicherheitshalber ins Auto, um ohne Angst Vollgas geben zu können.
Dieses Mal waren nur zwei flotte Herren vor uns unterwegs, sodass wir schon nach kurzer Zeit gefahrlos hinterherjagen konnten.
Natürlich jeweils auf der anderen Bahn, also Caruso links und ich rechts.
Und spätestens jetzt war klar, dass nichts, was man über die Bahn hörte, übertrieben war.
Von Beginn an baut die Bahn ein enormes Tempo auf und man ist froh über jeden Zentimeter, den die Kurven erhöht sind. Noch extremer als die Kurven sind eigentlich nur die zahlreichen Jumps, bei denen das Wort "
Airtime" nochmals völlig neu definiert wird. Denn Bodenkontakt hat man dort bei der Geschwindigkeit definitiv nicht mehr.
Spätestens nach 850 Metern sollte man dann aber doch langsam den Anker werfen.
Auch den zweiten Start hatte Caruso knapp für sich entschieden, aber auf der Geraden unter dem Lift zog ich bereits an ihm vorbei. Am Ende hatte ich einen relativ deutlichen Vorsprung, wobei ich nicht vergessen sollte, dass Caruso wohl einmal haarscharf am oberen Ende einer Kurve unterwegs war und daraufhin doch ein klein wenig Tempo herausgenommen hatte. Dennoch kam mir wohl meine RolbaRun-Erfahrung zugute, immerhin konnte ich in jungen Jahren unzählige Male auf den Bahnen im Eifelpark üben. Auch wenn da beide Bahnen zusammen nicht einmal so lang wie eine in La Schlucht waren.
Jedenfalls waren wir beide nach diesem Highspeed-Erlebnis (ich habe lediglich vor den Kurven leicht angebremst, ansonsten immer Vollgas) erstmal total von der Rolle. Ein solches Grinsen hatte ich schon lange nicht mehr im Gesicht und es war einfach nicht zu verstehen, was wir da gerade erlebt hatten. Noch voller Adrenalin blieb uns daher nichts anderes übrig, als noch ein weiteres Ticket zu erstehen und eine dritte Runde zu drehen. Allerdings waren wir uns beide einig, dass die Bahn mit dem Start auf der rechten Seite noch ein klein wenig besser ist als die linke. Daher fuhren wir nicht gegeneinander, sondern hintereinander.
Leider war gerade eine Familie mit Kleinkindern vor uns, die natürlich relativ langsam fuhren.
Die Wartezeit, die wir uns gönnten, nutzten wir daher noch für ein paar Fotos.
Rein vom Gefühl war ich beim dritten Mal doch wieder minimal langsamer unterwegs als beim Durchgang zuvor. Aber trotzdem noch recht flott. Und dennoch bin ich der Meinung, dass auch meine zweite Runde noch nicht das Ende der Fahnenstange war - immerhin kam ich völlig unfallfrei unten an.
Anders als Caruso, der im letzten Versuch wohl kurz selbst Schlitten spielen wollte. Jedenfalls hatte er am Ende ein paar nette Schürfwunden an Arm und Ellenbogen.
Etwa eine Stunde waren wir hier gewesen, dann hieß es auch schon wieder Abschied nehmen. Leicht fiel es uns nicht, immerhin wurde Sommerrodelbahn für uns gerade neu definiert. Und dass das nächste Ziel nicht annähernd daran würde anknüpfen können, war nicht schwer zu erraten...
Fazit: Die Luges d'été du Col de la Schlucht sind nicht einfach nur Gott. Nein, sie sind Gottes Mutter und Vater zusammen! Wer hier mit Vollgas runter will, der braucht nicht nur Vertrauen in die Bahn, sondern auch eine Portion Mut. Denn das hier ist definitiv keine Wiegand-Bahn, bei der man einfach blind drauf losrasen kann. Wobei das für mich schon wieder durch die Schlitten ausgeglichen wird. Mit diesen Klapp-Schlitten von Wiegand komme ich nämlich nicht so gut zurecht, wie mit den hier eingesetzten.
Achja, ein stabiles Hinterteil kann auch nicht schaden, das wird bei den vielen Jumps nämlich ganz schön stark beansprucht.