Der Schlüssel zur perfekten Attraktion liegt näher, als man gemeinhin denkt: man muss nur einfach
alles richtig machen. Dazu gilt es aber a) sich mit wirklich
allem zu beschäftigen b) bereit zu sein, die richtigen Entscheidungen zu treffen, auch wenn es teuer wird und c) letztlich: es schlicht und ergreifend draufzuhaben. Die seltene Koinzidenz dieser drei Bedingungen ist Grund dafür, dass das, was wir die letzten zwei Jahren rund um den neuen Themenbereich „Klugheim“ im Phantasialand erleben durften und was gestern Abend im feierlichen Pre Opening gipfelte, so selten in der europäischen Parkwelt vorkommt.
Kurz bevor es gipfelte: Angenehm aufgeregte Stimmung an den Toren von Klugheim
Willkommen (hier tiefes, sinistres Lachen einfügen) in Klugheim
Die meisten hier dürften das Internet-Marketing für den neuen Bereich im
Phantasialand-Magazin und auf der Facebook-Seite des Parks aufmerksam verfolgt haben und einige haben vielleicht auch den Live-Stream zur Eröffnung angesehen. Zu diesem exklusiven Event waren neben Hunderten von Achterbahnfans auch Prominente geladen, wobei ich letztere in Ermangelung eines Fernsehgeräts nicht kannte. Mit einer Ausnahme: Chris Sawyer war mit von der Partie: Chris Sawyer? Richtig, der Programmierer von Roller Coaster Tycoon gab sich die Ehre.
Neben einem leckeren und deftigen Buffet (das PHL kann‘s halt!) und vielen netten Leuten hoben natürlich die Fahrten auf Taron und Raik die allgemeine Stimmung. Denn spätestens als die ersten Testfahrer mit Tränen in den Augen aus der ebenso schönen wie langen (zum Event aber auch größtenteils leeren) Queue kamen, war klar: Phantasialand hat mit Taron ein echtes As im Ärmel.
Stolz und majestätisch reckt sich der Eingang in den Himmel. Bald wird er künden von schnellen Fahrten und langen Wartezeiten
Das liegt an verschiedenen Faktoren. Zunächst einmal ist es die
schiere Länge der Bahn. Kein Häppchen, sondern ein vollwertiger Coaster-Gang, der richtig satt macht. Dazu kommen die grandiosen Züge. Kein Schulterbügel, keine Weste, kein nervtötendes und kapazitätsenkendes Herumnesteln an sekundären Gurten im Schrittbereich, einfach Beckenbügel runterziehen, Kopf nach hinten, klappe Halten, Dispatch! So macht man das! Und speziell für ängstliche Zeitgenossen: das offene, old school
Intamin „Stuhl auf Brett“-Design mit ohne viel Drumherum. Herrlich.
Unverschlossene-Taschen-Ausleerungs-Element
Bügel zu. Alex froh.
Aus der Tiefe des Raums kommt ein Zug
Selbst gestandene Onrider neigen auf den ersten Fahrten zu "Hände unten"
Der ECC wurde trotz Brexit nicht ausgeladen.
Und hatte sicher mehr Freude am Fahren, als am gegenwärtigen Pfund-Wechselkurs (hier tiefes, sinistres Lachen einfügen)
Gaumenfreuden mehr denn sportlichen Aktivitäten zugeneigten Zeitgenossen (wie mir) sei gesagt: die neuen Sitze sind etwas toleranter und schließen bei Moppeln (wie mir) eher als B&Ms OTSRs und Oberschenkel-Quetscher. Außerdem kann man durch das neue Bügeldesign sehr leicht noch einmal von oben selbst nachdrücken. Und … so viel sei verraten … man ist froh wenn man es getan hat.
Dass die Fahrt ein Fest für
alle Sinne ist, merkt man spätestens bei der Ausfahrt aus der Station. Ein gigantischer Soundtrack aus orchestraler Musik und brachialen Sound-Effekten begleitet die Fahrt, gemischt mit dem zornigen Fauchen der
LSM-Module.
Mit letzteren macht der geneigte Fahrgast schnell Bekanntschaft. Knackig beschleunigt verengt sich das Sichtfeld, bevor es in der ersten Kurve steil bergauf geht. Auf dem ersten
Airtime-Hill mit angeschlossenem Drop bekommt der Fahrer dann einen ersten Eindruck, was da vor ihm liegt, aber so viel:
das war noch gar nichts! Es folgen einige Links/Rechts-Umschwünge und Near Misses durch die elaborate Thematisierung vorbei an scharzen Basaltkliffs und durch Gebäude und stets verläuft links oder rechts oder über oder unter einem ein weiterer Schienenstrang. Der Zug hat kaum an Fahrt verloren, da steigt er hinab in einen Graben und eine weitere Kette von LSMs packt nahezu bösartig zu. Ab da ist dann auch endgültig Schluss mit lustig. Als hätte der berechnende Ingenieur eine Null zu viel eingetippt werden Umschwünge im „Das meinen die jetzt nicht ernst“-Tempo durchhechelt. An einigen Stellen greift selbst der routinierteste Coaster-Aficionado reflexartig an die Haltegriffe, besonders wenn die Bahn Umschwünge mit steilen Drops in eine Abwärtskurve kombiniert. Wenn dann in der Schlussbremse die beträchtliche kinetische Energie in die Kupferschwerter induziert wird, während gleich neben einem der nächste Zug auf seine Reise beschleunigt wird, während ein Dritter über dem eigenen Kopf donnert, hat man nur noch drei Worte in selbigen: „Ach Du Scheiße!“
Ja, die Umschwünge haben es in sich.
Ab geht's in die Bunny-Hops
Beherrschung, dritte Reihe rechts!
Airtime means Hairtime
Hätten Sie NaLogo erkannt? Na Logo!
Noch mehr Bunny Hops
Making of onride Video
Über den Dächern von Klugheim
Es werden heutzutage viel zu wenige Achterbahnen mit Wasserfall gebaut.
Nach der Fahrt hat man die Wahl, sich erneut in der kreuz und quer durch die Bahn verlaufende und toll thematisierte Queue anzustellen oder durch den verwinkelten Themenbereich zu spazieren. Dort paart sich gestalterische Qualität auf Disney-Niveau mit einer geradezu intimen Atmosphäre.
Unglaublich, aber wahr: die gesamten Schienen wurden von diesem Mann geschmiedet
Knuspriges Gebäck von fröhlichen Bäckern
Von ihr bekam ich einen Korb. Aber nicht nur ich.
Wo sind denn die neun Flaschen hin?
Oh. Da. Alles klar.
Das ist Mr. Taron. Mit ihm sollte man sich gut stehen.
Erfolgreicheres Leben durch Weisheiten in Freizeitparks
Hier gab es Crêpes.
Eisenmeister heißt er
Wer noch nicht die "Lampen-Episode" im Phantasialand-Magazin gelesen hat, sollte das jetzt nachholen.
In Jahren der drangvollen Enge hat der Park es zur Kunstform erhoben, auf der Fläche eines Handtuchs gleich drei Gastro-Bereiche (Crêpes, Flammkuchen und ein Sitdown-Restaurant) zu errichten und das richtig urig gemütlich. Okay, im normalen Parkbetrieb ist es vielleicht etwas weniger urig. Nichtsdestotrotz bietet nahezu jede Ecke großartige Aussichten auf Taron.
Rutmor empfängt Gäste in seiner Taverne
Und das sehr stilvoll
Da braut sich was zusammen
Damit möchte ich meinen kleinen Bericht über Klugheim beschließen und bedanke mich herzlich für … Moment! Da war doch noch was?
Richtig: dem aufmerksamen Beobachter wird auffallen, dass sich hinter dem Markplatz mit seinen gastronomischen Angeboten noch eine zweite, kleine, feine Bahn befindet. Der
Shuttle Coaster Raik ist weniger extrem als sein großer Bruder, steht diesem in Thematisierung und Setting in keinster Weise nach. Ich muss aber gestehen, die Bahn nicht gefahren zu sein, somit überlasse ich das Urteil anderen, die es besser wissen müssen, eine Tugend, die in diesem Forum manchmal etwas zu kurz kommt.
Raik im Lifthill
Quiz: Erkennen Sie die onride von hinten?
Bleibt mir also nur noch, dem Phantasialand für ein großartiges Event, einen tollen Themenbereich und eine Bahn zu danken, die für mich ganz klar die neue Nummer eins in Deutschland ist. Es ist erfrischend, dass sich Parks heute noch Projekte jenseits des üblichen „Was kostet das? Brauchen wir das? Lassen wir das!“-Dreisprungs erlauben und ich bin überzeugt, dass sich das Investment für den Park in Brühl, der mich seit meiner Kindheit begleitet, auszahlen wird.
Sebastian Jonas (hier mit Markus) - der lebende Beweis, dass es auch onrider zu was bringen können.
Wenngleich das durch die vorgerückte Stunde schwindende Tageslicht es zunehmend schwieriger machte, scharfe Fotos zu schießen, ergab sich nach der Dämmerung eine außergewöhnliche Lichtstimmung:
Aufgrund der anspruchsvollen Lichtverhältnisse während des Events ließen manche ihre Kamera zuhause und malten stattdessen.
Oder: Zeit für Stativ und längere Belichtungszeiten.
Das Photo mit dem Wusch
Basaltfelsen, hexagonal, beleuchtet
Mystery Castle passt sich großartig in die Szenerie ein
#ChanceOfReign - ne - falscher Park
Hier noch ein wenig bunter.
Wallpaper-Romantik à la Klugheim
Hier noch ein wenig panoramiger
Die Felsen sind schon gut. Da gibt's nix.
Wo man geht und steht, es gibt immer einen Blick auf eine Intamin-Schiene zu erhaschen
In den Farbtopf gefallen.
Hatten wir die Felsen nicht schonmal? Ich glaube nicht!
Wählen Sie Ihre Farbstimmung. Eher erdig?
Oder bunt?
Wer hier reingeht ...
... kommt da raus. So ist es.
Vielen Dank für’s Lesen. Ich will die Silbermine zurück!