Deutlich früher als eigentlich gedacht war ich zum 1. Mai 2017 nach Trier gewechselt. Ein recht ungünstiger Termin im Hinblick auf die USA-Tour, meinte jedenfalls mein Vorgesetzter. Zwär hätte die Einarbeitungszeit genau gepasst, um vorher noch die örtliche Prüfung abzuhalten, aber dann hätte ich eben erst nach dem Urlaub zum ersten Mal richtig arbeiten können. Also fing ich schon etwas früher mit dem Urlaub an und kam unmittelbar nach der USA-Tour nochmal für ein paar Tage zur Einarbeitung, bevor ich dann erfolgreich geprüft wurde. Noch während dieser Prüfung klingelte das Telefon des neuen Chefs und der alte Chef fragte an, ob man mich nicht nochmal ein paar Tage entbehren könnte. So kam ich Anfang Juli tatsächlich zu meiner ersten Dienstreise. Aus zwei Nächten wurden schon vor der Abfahrt fünf, aber den Samstag zwischendrin sollte ich frei haben. Dass dies zugleich der letzte Gültigkeitstag meiner Plopsa FunCard sein sollte, war dabei wohl ein Wink mit dem Gartenzaun. Zumindest ein kurzer Abstecher zum Holiday Park, um mal die Neuheiten zu begutachten, war fest eingeplant. Den Freitag Nachmittag wollte ich derweil für einen anderen Ausflug nutzen. Und so machte ich mich nach der Frühschicht endlich mal auf den 175km weiten Weg zu Hessens höchster Erhebung, den ich in den sechs Jahren zuvor nie geschafft hatte.
Aufgrund der Spontanität dieser Ausflüge hatte ich nicht daran gedacht, die Kamera mitzunehmen. Ihr müsst euch also leider mit Handy-Bildern abfinden.
Auf der 950 Meter hohen Wasserkuppe gibt es nämlich nicht nur einen kleinen Flugplatz.
Der höchstgelegene und einer der meistfrequentierten Sonderlandeplätze in ganz Deutschland.
Und zwar nicht nur Luftseitig. Auch Landseitig sind der Flugplatz und die übrigen Einrichtungen auf dem Berg äußerst beliebte Familienausflugsziele.
Da verwundert es kaum, dass die Parkplatzsuche zunächst erfolglos verlief, zumal es meine ich noch eine Baustelle gab, die einige Kapazitäten blockierte (oder wurden diese gerade erst geschaffen?). Nach einer erfolglosen Runde wartete ich darauf, dass jemand wegfahren würde. Ein älteres Pärchen räumte bald ihre Parkbucht und überließ mir auch noch das für den Rest des Tages gültige Parkticket. Sehr freundlich.
Als "Wiege des Segelflugs" beherbergt die Wasserkuppe auch das Deutsche Segelflugmuseum.
Ein gewisses Interesse wäre bei mir zwar vorhanden gewesen, aber drin war ich dennoch nicht.
Mein eigentliches Ziel war nämlich die Ski- und Rodelarena Wasserkuppe. Wobei Ski zu dieser Jahreszeit eher schwierig ist.
Josef Wiegand eröffnete den ersten Skilift hier im Jahre 1963. 1969 und 1971 kamen zwei weitere hinzu, einen vierten übernahm man später noch von einem anderen Betreiber. Um den Leerlauf im Sommer zu reduzieren, bastelte sich Wiegand 1975 Blechwannen, die er im Hang verlegte. Die erste Sommerrodelbahn der Welt war geboren. Das Konzept war ein riesen Erfolg, und so gründete Wiegand den nach ihm benannten Produktionsbetrieb für Rodelbahnen, Wasserrutschen und Förderanlagen, den wir noch heute kennen und lieben. Die Wasserkuppe dient seither quasi als Testzentrum, es finden sich hier noch weitere Wiegand-Prototypen. Die Sommerrodelbahn wurde 1980 zunächst von 500 auf 600 Meter verlängert, 1989 folgte eine weitere Verlängerung auf 700 Meter, zusammen mit der Errichtung einer zweiten, parallelen Sommerrodelbahn.
Ich weiß leider nicht, welche der beiden Spuren nun die ältere ist. Ich meine, es wäre die linke, mit der ich auch startete.
Die beiden Bahnen schlängeln sich vorwiegend am Rande der Skipiste durch den Wald.
Wo sie doch mal die Piste kreuzen, sind sie flach gehalten. Im Winter kommen dann Platten drüber, sodass sie den Skibetrieb nicht stören.
Nach 700 Metern ist dann wie gesagt das Bahnende erreicht. Die Schlitten werden automatisch zum Lift gebracht, die Fahrgäste müssen ein Stück zu Fuß laufen.
Der Leitner-Schlepplift ist jener von 1969 und bringt die Rodler samt Schlitten wieder über 110 Höhenmeter zum Start zurück.
Mit einer herrlichen Aussicht über die Rhön.
Nach zum Teil über 40 Jahren - wobei ich nicht glaube, dass noch viele Teile von damals übrig sind - weisen die Wannen hier und da schon ein paar Dellen auf, die die Fahrt zwar etwas holprig machen, den Fahrspaß aber nicht signifikant mindern. Im Gegenteil, die Sommerrodelbahnen fand ich absolut top, nicht zuletzt aufgrund des überschaubaren Andrangs, der mich vor Bremsern auf de Bahn verschonte. Aber die Blechwannen haben auch einen Schwachpunkt: Bei Regen muss der Betrieb bekanntlich eingestellt werden. An diesem Tag knallte die Sonne zwar unermüdlich auf den Berg, aber ansonsten ist Regen in deutschen Sommern ja nicht ganz unüblich. Also entwickelte der Jupp die Sommerrodelbahn weiter und präsentierte 1997 gleich daneben mit dem Rhönbob einen weiteren Prototypen. Die sogenannte Sommerbobbahn - vom gemeinen Achterbahnfan auch Alpine Coaster genannt - fährt ähnlich einer Achterbahn auf Schienen und kann damit bei nahezu jeder Wetterlage genutzt werden. Außerdem zählt das als Count, weshalb ich hauptsächlich den Weg auf mich genommen hatte.
Laut Nicolas hatte er bei seinem Besuch nämlich erfahren, dass der alte Prototyp nach der Saison abgerissen und durch eine neue Anlage ersetzt werden solle. Schließlich hat Wiegand inzwischen jede Menge neuer Sicherheits-Features entwickelt, die nun wohl in einem neuen Prototypen präsentiert werden sollen. Ob dabei auch die Strecke selbst erneuert wird, ist mir nicht bekannt, auf der Homepage heißt es aktuell lediglich, dass der Rhönbob wegen eines Umbaus bis auf Weiteres geschlossen sei.
Da die Fahrpreise für die Wiegand-Anlagen identisch sind, erfolgt der Zugang über das gleiche Drehkreuz und dann am Start der Sommerrodelbahnen vorbei.
Im Stationsbereich hatte man beim Prototypen damals offenbar mit unterschiedlichen Fördersystemen experimentiert. Zwischen Lift und Bremsband sind Reibräder in der Kurve verbaut.
Vom Bremsband (=Ausstieg) werden die Schlitten durch eine Art Kettenlift mit Mitnehmern zum Einstieg gebracht.
Leider war der Rhönbob auch die einzige Attraktion mit ständiger Wartezeit. Zwar auch nur etwa 10 Minuten, aber viel Abstand lassen war halt nicht drin. Und dann war vor mir auch noch eine Familie mit kleinen Kindern. Der Vater fuhr mit der einen Tochter voraus, die Mutter mit der anderen hinterher. Und ich rechnete damit, nahezu die gesamte Strecke hinter letzterer herzuschleichen.
Tatsächlich war die gute Frau gar nicht so zimperlich und nutzte den Speed vom Start-Jump direkt aus.
Der Alpine Coaster versteckt sich größtenteils im Wald und ist von außen nur schwer einzusehen.
Mutter und Tochter fuhren zwar auch nicht Vollgas, ihr Tempo war aber akzeptabel. Es reichte vollkommen für eine spaßige Fahrt.
Zumindest bis wir im Mittelteil der 1km langen Strecke auf den Vater aufliefen. Der kroch wirklich. So kann man sich täuschen...
Leider hat genau der zweite Teil der Strecke ein paar größere Jumps, die mit Vollgas sicherlich viel Spaß gemacht hätten. Aber es hatte bei der Erstfahrt offenbar nicht sein sollen. In jedem Fall gehört der Prototyp zu den besseren Alpine Coastern. Eine schöne Streckenführung mit den angesprochenen Jumps, dafür ohne die nervigen Dauerbremsen der neueren Anlagen. Damals jedenfalls. Die ganzen Ablagerungen auf den zehn Jahre alten Schienen machten die Fahrt etwas holpriger, aber auch hier gehörte das halt dazu.
Die 1975 eröffnete Märchenwiesenhütte gleich nebenan wurde 2014 deutlich vergrößert und modernisiert. Zum Essen war es aber noch ein wenig zu früh.
Einige Meter Richtung Flugplatz zurück findet sich eine Art Spielplatz im Wald, an dem auch ein bisschen Heege zu finden ist.
Von größerem Interesse für mich war jedoch ein weiterer Wiegand-Prototyp, welcher 2006 errichtet wurde.
Beim Hexenbesen hockt man in schmalen Gondeln (bei zwei Personen sitzt man sich gegenüber), die unter der Schiene hängen.
Also eine Art Suspended Coaster, den man natürlich auch counten kann.
Es gibt drei flotte Lifte, dazwischen schlängelt man sich mit ein paar Kurven über etwa 300 Meter durch den Wald.
Ein ziemlich ungewohntes Fahrgefühl und noch nicht so ganz rund wie ich meine. Einmal mitnehmen kann man die skurrile Anlage aber definitiv.
Gegenüber wurde 2012 noch der höchstgelegene Kletterpark Hessens in den Wald gezimmert.
Ein weiterer Prototyp auf Schienen ist der sogenannte Wie-Li, der 2005 installiert wurde.
Es soll sich hierbei um einen Lift für Schlittenfahrer handeln, wobei man im Sommer einfach eine simple Rundfahrt hat. Bergauf werden die Gondeln wie bei Wiegand üblich per Stahlseil gezogen, bergab übernimmt die Schwerkraft. Damit es nicht zu rasant wird, ist die Strecke auf ganzer Länge mit Magnetbremsen ausgestattet. So rollt die Gondel ganz gemütlich die Strecke entlang. Da hat man dann wohl auch die Idee für die Dauerbremsen bei den Alpine Coastern her. Klingt nicht allzu spannend und ist - warum auch immer - kein Count. Da ich mir aber ein Ticket für 6 Fahrten gekauft hatte (bei 5 verschiedenen Anlagen), hatte ich auch mit dem Wie-Li noch eine Wiederholungsfahrt über. Einmal testen konnte also nicht schaden, zumal ich so noch ein paar wenige Bilder vom Rhönbob schießen konnte.
Aber so ein richtiger Knaller war der Wie-Li nun wirklich nicht.
Gerade die starke Bremsung in den steileren Bergab-Passagen fühlt sich total komisch an.
Wozu dann ausgerechnet am Schluss so eine aufwändige Serpentinen-Konstruktion gut sein soll, blieb mir ein Rätsel.
Von der Talstation aus geht es dann wieder geradewegs nach oben. Wie gesagt, ein seltsames Teil.
Dass sich Nessy in diesem Tümpel wohlfühlen würde, kann ich mir auch nicht vorstellen.
Anschließend gönnte ich mir ein Schnitzel in der Märchenwiesenhütte. Typische Kantinenqualität.
Nun hatte ich ja aber noch zwei Fahrten auf meinem Ticket übrig. Die erste nutzte ich für die zweite Spur der Sommerrodelbahn. Diesmal wurde ich leider ein wenig ausgebremst, aber es war noch im Rahmen. Für die letzte Fahrt hatte ich mir nochmal den Rhönbob ausgesucht. In der Hoffnung, diesmal möglichst ungebremst nach unten zu kommen. Eine Gruppe Jugendlicher direkt vor mir stimmte mich auch eigentlich positiv, die würden ja wohl kaum im Schneckentempo da runter fahren. Hinter mir standen offenbar noch weitere Jungs, die dazugehören zu schienen, aber es fragte keiner, ob ich sie vielleicht eben vorlassen könne. Am Anfang konnte ich dann auch tatsächlich mit Vollgas fahren, aber mitten im Wald hinter einer Kurve musste ich plötzlich voll in die Eisen gehen, weil die gesamte Gruppe dort aufeinander wartete. Mann, was hätte ich denen an die Gurgel springen können!
Die Fahrt war also auch für die Katz. Und am Ende fuhr mir noch einer von den Idioten hinten rein.
Leicht gereizt verließ ich danach die Ski- und Rodelarena in Richtung Auto. Aber jetzt schon wieder nach Hause fahren? Dafür war die Anfahrt doch zu lang, der Tag zu schön und wer weiß, wann man nochmal die Gelegenheit hat, hier vorbeizuschauen. Daher folgte ich dem Weg an zu einer Jugendbildungsstätte umgebauten Kasernengebäuden samt Wetterstation vorbei in Richtung Gipfel. Aufgrund der Lage nahe der Grenze zur Sowjetzone, bzw. später eben der DDR, hatten die Amerikaner hier oben nach dem zweiten Weltkrieg zunächst ein mobiles Radargerät aufgestellt, bevor einige Jahre später ein sogenanntes Radom errichtet wurde. 1962 schmückten ganze 5 Radarkuppeln den Gipfel, die erste wurde wenige Jahre später schon wieder abgerissen. Eine der Kuppeln war dabei leer und diente lediglich als Reservegebäude. Um auf dem neuesten Stand der Technik zu bleiben wurde 1990 mit dem Bau eines neuen Radoms begonnen, die übrigen wurden abgerissen. Aufgrund technischer Probleme dauerte es jedoch bis 2003, ehe das neue Radar seinen (Probe-)Betrieb aufnehmen konnte - da war der Kalte Krieg natürlich schon lange vorbei und das Militär hatte sich seit 1998 von der Wasserkuppe zurückgezogen. Lediglich das Radom wurde aufgrund der verbauten Militärtechnik noch überwacht. Den geplanten Abriss konnten die ansässigen Drachen- und Gleitschirmflieger verhindern, die nach dem Umzug des eigentlichen Radars nach Berlin als RADOM Flug gGmbH das Gebäude nun als Veranstaltungs- und Ausstellungsfläche nutzen.
Im ehemaligen Elektronik-Anbau ist heute ein Vereinsheim untergebracht, ein Rundgang führt als Aussichtsplattform um das Radom.
Dort war ich aber nicht rauf, so viel können die 10 Meter nicht ausmachen.
Auch so sieht man mehr als genug von der Rhön. Man verzeihe mir, dass ich jetzt nicht rundherum jeden Gipfel benenne.
Seit 2003 gibt es hier oben auch noch ein Blockheizkraftwerk, welches die Wärme für die meisten Gebäude auf der Wasserkuppe bereitstellt.
Da unten erkennt man Teile des Flugplatzes.
Und dort oben ein Flugzeug.
Nach dem Abstieg machte ich mich gegen 16:30 Uhr dann auch langsam wieder auf den Heimweg. Am Samstag schaute ich wie gesagt kurz im Holiday Park vorbei, um meine FunCard ein letztes Mal zu nutzen und die Neuheiten zu Begutachten. Und um Nicolas endlich eine Fundsache zurückzugeben, die er nach der Belgien-Tour im April bei mir im Auto vergessen hatte. Dass es bis zum nächsten Treffen nicht allzu lange dauern sollte, ahnte ich da aber noch nicht...
Fazit: Die Wasserkuppe ist völlig zurecht ein so beliebtes Ausflugsziel. Mit der Ski- und Rodelarena, dem Flugplatz und der herrlichen Aussicht hat man eigentlich für jeden etwas zu bieten. Die Sommerrodelbahnen haben mir richtig gut gefallen, der Rhönbob hätte ohne Bremser noch eine Menge Potential gehabt, welches nach dem Umbau vermutlich völlig dahin sein wird. Der Hexenbesen hat mich nicht so sehr überzeugt, ist aber skurril genug um mal eine Fahrt damit zu machen. Den Wie-Li kann man sich dagegen schenken, der taugt allerhöchstens für ein paar wenige Fotos des Alpine Coasters. Der Preis von 14€ für das Ticket mit 6 beliebigen Fahrten ist auch absolut in Ordnung. Mal eben auf dem Weg mitnehmen - so wie ich es schonmal in einer bisher nicht verwirklichten Ost-Tour angedacht hatte - würde ich die Wasserkuppe aber allenfalls als Wiederholungsbesucher, sonst entgeht einem doch einiges.