Irgendwo zwischen veganem Kuchen, einer Tapas-Bar und „Hombre y Oso“ kehrten wir zum Abschluss unseres Spanien-Urlaubs in Madrid ein. Bereits in Deutschland wurde leidenschaftlich ausdiskutiert, für wieviele der dortigen Freizeitparks Zeit bleiben würde, ohne bei Abreise als Kulturbanausen die Hauptstadt verlassen zu müssen. (Leider haben wir erst nach dieser Entscheidung festgestellt, dass die europäische Zentralbank im echten Leben nicht einmal halb so schön wie das Casa De Papel aus der Netflix-Serie ist. Zum Glück bietet die Stadt aber noch einige andere Sehenswürdigkeiten.) Somit war von Anfang es beschlossene Sache, dass lediglich einer der beiden anliegenden Parks in unser Urlaubsprogramm passen würde. Am Parque de Attraciones reizte mich bis auf den
Inverter von
Intamin und meinem Fetischismus nach Raritäten tatsächlich nichts. Im Warner Parque hingegen warteten ein Batman-Klon, ein vielversprechender
Floorless Coaster sowie ein Giant Inverted
Boomerang – also eine Achterbahn à la carte, bei der ich nach mehreren Jahren des Enthusiasten-Daseins endlich mitreden wollte. Zudem wurde gab es gegenüber unserer Unterkunft zielgruppen-gerechte Werbung für zwei der Hauptattraktionen im Warner Park.
In Chueca gibt es noch innovative Werbe-Ideen zu Achterbahnen
Und so kam es, dass einmal mehr mitten im Urlaub der Wecker klingelte. Ein paar Metro-Haltestellen und ein fast verpasstes Freizeitpark-Shuttle später standen wir endlich mitten im Nirgendwo auf dem großen Plaza des Parque Warner. Aus unseren Erfahrungen mit den spanischen Operations in Port Aventura haben wir unsere Lektion gelernt und uns im Park sofort mit einem Fastpass ausgestattet. Das heißt im Umkehrschluss, dass ich an dieser Stelle weniger über die Abfertigung meckern werde, dass sie allerdings dennoch beschämend schlecht lief: Bei Superman waren Dispatch-Zeiten von drei Minuten nicht selten. Bei Batman benötigte die Abfertigung zum Teil fünf Minuten, da hier zusätzlich zwölf Fahrer mit VR-Brille ausgestattet werden mussten.
Stunt Fall. Mit unserem magischen Wristband nahmen wir sofort nach einem Grande Latte Platz in der letzten Reihe von Stunt Fall. Wir werden freihängend gemeinsam mit den anderen Gästen den ersten beider Türme hochgezogen. Die Schiene kippt in die Vertikale und die Insassen nehmen nach und nach allesamt die Hündchenstellung ein, während sie mit dem Gesicht gen Boden im Bügel hängen. Im hinteren Teil des Zugs bleiben wir absolut orientierungslos, wie weit oben wir uns inzwischen befinden. Die Erwartungsangst vor dem unvermeidbaren Drop baut sich mit jedem Meter mehr auf. Der Zug verlangsamt sich und in der naiven Erwartung, noch einen Moment stillzustehen, erwischt es mich eiskalt, denn wir beginnen ohne jede Vorwarnung zu fallen. Für eine gefühlte Ewigkeit schweben wir in Sitz, bevor wir druckvoll in die Sitzschale zurückgeholt werden. Am beeindruckendsten fanden wir hier unsere Fahrt in der ersten Reihe, wo der Sturz noch von einem Near Miss mit der Stützkonstruktion aufgewertet wird. Auch als erprobte Fahrer sind wir für einen kurzen Moment überzeugt gewesen, am näherkommenden Stahlträger zu zerklatschen. Das anschließende Layout ist bekannt, allerdings nicht annähernd so schmerzhaft wie auf den Sitdown-Varianten. Natürlich schlägt die
Cobra Roll ein wenig, dennoch stört die Unruhe kaum und das druckvolle Layout kommt wirklich gut zur Geltung. Zudem wird man in der ersten Reihe noch mit dem Gefühl des „Rückwärtsfallens“ belohnt, welches hier noch unvorhersehbarer durch den abrupten Einsatz der positiven
g-Kräfte beschnitten wird.
Im Fazit ist Stunt Fall ein Hammerteil, das mich gut überrascht und aus den Socken gehauen hat. Leider kam es bei unserer dritten Fahrt zum Notaus und einer längeren Downtime, sodass es bei zwei Fahrten geblieben ist. Die waren jedoch derart beeindruckend, dass ich inzwischen jeden Respekt für die Sitdown-Boomerangs verloren habe.
Die Kulisse könnte so im Movie Park Germany stehen. Die Achterbahn dahinter leider nicht.
Imposant wie ein Ölbohrturm
Viele positive g-Kräfte
I need a Fisheye, a Fisheye is what I need.
Superman: La Attración … ihr wisst schon. In einer der Parkecken steht der offenbar aussätzige Superman im Schatten seines eigenen Eingangsgebäudes. Der
B&M Floorless hat zwar seinen eigenen Plaza bekommen, dafür seit Jahren keinen frischen Anstrich geschweige denn festen Boden unter den Füßen. Ich bedaure es wirklich, dass eine derart hochkarätige Bahn überhaupt nicht in Szene gesetzt wird. Es gibt so viele interessante Elemente in diesem Layout, welche allesamt ein Hingucker wären, könnte man sie nur vom Park aus erahnen. Stattdessen steht dieser Premium Coaster wie ein vergessenes Kamel in der Einöde. Höchstens Scream in Magic Mountain hat ein noch tragischeres Schicksal erlitten. Trotz Abzüge in der Optik-Note komme ich im Geiste einfach nicht umher, diese Bahn mit Dragon Khan zu vergleichen. Und Superman ist für mich ganz klar der bessere Coaster, wenn auch definitiv nicht der schönere.
Beide Anlagen haben einen geraden
First Drop. Die Inversionsabfolge ist ebenfalls erstaunlich identisch. Gut, der Dive
Loop wurde zu einem
Immelmann und der zweite
Looping fehlt. Dafür hat Superman allerdings noch einen
Camelback mit sehr hübscher Floater
Airtime sowie zwei abschließende Helices, welche bei
B&M einfach immer ein sattes Finale bieten. Insgesamt läuft der
Floorless Coaster auch deutlich ruhiger auf den Schienen, ist schließlich auch die neuere der beiden Anlagen. Aber auch bei den einzelnen Elementen gibt es Unterschiede. Superman hat keine MCBR, dafür jeweils eine Trim vor der Zero-
G und dem
Camelback, welche aus meiner Sicht für eine sehr ausgewogene Fahrt sorgen. Gerade in der Zero-
G-Roll schwebt man sanft durch die
Inversion, während man sich um die eigene Herzlinie schraubt. Das gefällt mir deutlich besser als das „Herumgeschleudert“-Werden auf anderen Anlagen. Auch in den großen Inversionen kommt der Wechsel zwischen Druck und Hangtime besser zur Geltung. Und bei der Einfahrt in die Schlussbremse geht jedes Mal aufs neue ein kleines Gedicht zu Ende. Diese Anlagen werden es zwar sicher nie in meine Favoriten schaffen, da ich einfach eine andere Art von Achterbahnerlebnis bevorzuge, aber an Superman gibt es einfach nichts auszusetzen. Außer, ihr wisst schon … Farbe und Standort eben.
Besser als kein Bild: Superman lässt sich kaum blicken
Batman. Deutlich frischer sieht dagegen Batman aus. Der
B&M Inverter ist außerdem auch vom Park aus sichtbar und hat eine ziemlich gut gestaltete Warteschlange, welche leider ausschließlich in Innenräumen verläuft und hierfür nicht ausreichend belüftet oder klimatisiert ist. Batman war einer der Gründe, weshalb die Entscheidung auf Parque Warner gefallen ist. Bisher war ich nur die Ausführung in Six Flags Magic Mountain gefahren und erinnerte mich an eine (oder zwei?) kraftvolle Fahrten, bei denen mir in der kalifornischen Hitze die Lichter ausgegangen sind. Dafür hat der spanische Sommer zwar nicht ganz gereicht, dennoch hat Batman genau dieses druckvolle Fahrerlebnis geliefert. Diese Kiste gehört mit Sicherheit zu meinen liebsten Klonen, dennoch blieb es an unserem Besuchstag bei zwei Fahrten.
Zu unserem Ärgernis mussten wir nämlich feststellen, dass unser Fast Pass auf Batman ungültig ist. Und aufgrund der VR-gestützten Fahrt, welche für drei Wagenreihen in der Mitte angeboten wird, ist die Abfertigung hier unfassbar langsam. Beim Kauf des Premium Passes haben wir eine tabellarische Übersicht erhalten: links eine Spalte mit den Attraktionsnamen, daneben die Spalten für die einzelnen Fastpässe mit grünen Haken für gültige Attraktionen. In unserer Spalte war jede Attraktion mit einem Haken versehen. Erst bei genauerer Betrachtung (zu der wir ja beim Warten allerhand Zeit hatten) ist uns dann aufgefallen, dass Batman in dieser Liste überhaupt nicht aufgeführt wird. Als zahlender Gast derart irregeführt zu werden, ist sicherlich einer der Gründe, warum uns dieser Park nur wenig positiv in Erinnerung geblieben ist. Jedoch sollte es bei so einer guten Bahn nicht bei einer einzelnen Fahrt bleiben, sodass wir gelegentlich in den Wartebereich spähten und schließlich einen günstigen Moment für eine Wiederholungsfahrt abgriffen. Fürs erste sind wir nach diesem Achterbahnerlebnis jedoch erst einmal weiter gezogen zum letzten Major Ride im Portfolio des Parks.
Von Batman sieht man immerhin den First Drop
Und einen Looping
Näher…
Näher…
Coaster Express und ein paar Counts. Wer mich kennt, weiß, dass ich durchaus auch rappelndes Holz schätze – zumindest solange es gut gemacht ist. Wenn Grand National über die Kurven tanzt oder Colossus (Magic Mountain) vor seinem Umbau auf geraden Strecken Luftsprünge gemacht hat, dann springt das Herz in meiner Brust gleich ein bisschen höher. Für Coaster Express schlägt bei mir hingegen nichts. Jede
Helix wird mit zunehmender Geschwindigkeit qualvoller, jedes erhobene Plateau zum Zen-Moment der Prügelpause. Zum Ende hin nimmt die Fahrt zwar an Tempo auf und bekommt sogar auf gerader Strecke einen seichten
Airtime-Moment hin. Aber wer mich zuerst peitscht, dem danke ich eben auch nicht fürs Zuckerbrot.
Völlig aus dem Häuschen war ich hingegen, als ich bemerkt habe, dass die beiden übrigen Anlagen im Park nichts weniger als ein Pegasus-Klon und eine Eins-zu-Eins-Kopie meiner allerersten Achterbahn, der
Marienkäferbahn in Bayerns stärksten Stück Freizeit, sind. Voller Nostalgie und Churros nahm der Tag somit eine sehr erfreuliche Wendung. (Leider muss man an dieser Stelle erwähnen, dass die Verköstigung im Park allenfalls das Grummeln im Bauch in grummelige Laune verändert. Vor einigen Jahren habe ich das noch billigend hingenommen. Inzwischen wissen wir, dass selbst Freizeit- und Themenparks eine angemessene Mahlzeit auf den Tisch bringen können. Schließlich freuen wir uns bei einem Ausflug in Phantasialand nicht nur auf Taron, sondern auch auf die Flammkuchen oder die Waffeln mit 10.000kcal und Sahne oben drauf.)
Da ich mich so gar nicht auf den Parkbesuch vorbereitet habe, hat mich dieser Fund überrascht!
Wasserattraktionen. Nach unserem üppigen Mittagessen wollten wir es erstmal ruhiger angehen und haben die Water Rides des Parks besucht. Vom Splash Battle waren wir nicht nur prächtig amüsiert, sondern auch durch und durch nass. Dafür ist jedoch mehr die umliegende Szenerie als die „gegnerischen“ Boote verantwortlich. Auf dem Caratatas Salvajes, einem Shoot the Chutes Ride, geht es attraktionstypisch schon härter daher. Der Splashdown fühlt sich an als wäre man versehentlich in die Waschstraße statt in die Dusche gegangen und bringt eine willkommene Abkühlung am heißen Sommertag.
Das Rafting haben wir leider aus den Augen verloren, sodass unser Favorit unter den Wasserbahnen die zugleich trockenste Attraktion, der Rio Bravo, ist. (Im Fließtext gibt es einen Spoiler, gegebenenfalls gerne zum nächsten Absatz springen!) Von dieser Flume sieht man zunächst nur einen Lift, der in einem Berg verschwindet, sowie einen Drop, der aus ebendiesem wieder herausführt. Ich befürchtete kurz ein zweites Alien Encounter, während wir auf einem Drehteller für den Rückwärtsdrop hergerichtet wurden. Was folgte, war einfach unerwartet. Diese Flume beinhaltet nicht nur einen Drop, sondern tatsächlich einen Airtimehügel, der völlig unerwartet rückwärts überfahren wird. Wir hatten keinerlei Bügel, sodass wir am Scheitelpunkt sicherlich mehr standen als saßen und zeitgleich zum Splashdown erstmal wieder in unsere Sitze krachten. Noch heute erzählen wir an manchem Abend in gemütlicher Runde von „der Wasserbahn, in der wir kurz dachten, dass wir sterben.“ Als vergleichbares Erlebnis fällt mir da nur die ehemalige Holzmaus in Blackpool ein, welche auf den letzten Streckenmetern ähnlich absurde Nahtod-Erfahrungen simulierte. Was für eine gelungene Überraschung! Der Rest der Attraktion führt durch einige sehr offensichtliche Kulissen, von denen man teilweise die Rückseiten sehen kann. Thematischer Tiefpunkt ist sicherlich der zweite Lift im Berg, welcher sich eher anfühlt als würde man durch Schiffscontainer fahren. Der abschließende Drop rundet jedoch eine gute Flume ab.
Parque Warner Madrid. Wir hatten also einen großartigen Tag mit aberdutzenden Fahrten auf Superman, überraschend intensiven Achterbahn- und Flume-Momenten und dem inkludierten Ärger über Fast Pass und die Abfertigung. Die meisten Anlagen im Parque Warner Madrid sind 17 Jahre alt und es sieht an vielen Stellen im Park aus als hätten die Attraktionen die besten Jahre hinter sich. Der Park fühlt sich sehr amerikanisch an und hat gewissermaßen mehr Six-Flags-Feeling als die Walibi-Parks. Es gibt Midway Games, einen Triple
S&S-Tower und ausgeblichene
B&M-Schienen, welche fernab des Parkgeschehens verlaufen. Dabei ist jedoch die Qualität der einzelnen Attraktionen nicht zu verachten, hier steht eben mal kein SLC oder Standard
Boomerang, sondern durchaus Bahnen, die im europäischen Raum selten anzutreffen sind und deutlich mehr Spaß machen. Leider muss ich wie schon bei Port Aventura für mich persönlich feststellen, dass ich zwar viel Gefallen an der spanischen Gelassenheit finde, meine Freude allerdings bei Themenparks ihr Ende findet. Um es in den Worten einer Freundin auszudrücken: „Die sind halt sehr bei sich.“ Und wenn es um Wiederholungsfahrten geht, habe ich die Jungs irgendwie lieber bei mir. Abgesehen von Batman kamen wir dank unseres Premium-Aufpreises trotzdem voll auf unsere Kosten. Vollkommen außer Acht gelassen haben wir die Investitionen des Parks im Sektor der Dark Rides. Die Thrill Rides und Achterbahnen betreffend wünsche ich mir für den Park hingegen, dass er in den nächsten fünf Jahren ein bisschen Geld in die Hand nimmt, um zu gestalten, ein Konzept nachzurüsten oder mit Sinn und Verstand zu investieren und nicht einfach den nächsten Stahlhaufen an den Parkrand zu stellen. Einem Filmpark verzeihe ich sehr gerne billig aufgestellte Kulissen; die passen irgendwie auch ins Gesamtkonzept. Aber ein Filmpark, der mich zu keinem Zeitpunkt in die Kulissen „hineingesaugt“ hat, lässt mich trotz drei fantastischer Achterbahnen etwas ernüchtert zurück.