Ein braver Geist, der nie auswärts spukt
Schaustellergehilfe Herbert Schoes gehört bei "Geisterschlange" fast schon zum Inventar
"Junger Mann zum Mitreisen gesucht." Wer die nächsten Tage über den Backfischfestplatz streift, wird solche Schilder häufiger sichten. Herbert Schoes ist mit seinen 48 Jahren nicht mehr ganz so jung. Aber mitreisen, das macht der Schaustellergehilfe schon - seit 26 Jahren.
Von unserem Redaktionsmitglied Roland Keth
Herbert Schoes gehört zu Emil Lehmanns "Geisterschlange" wie der riesige Gorilla, der die Rummelplatzbummler zum schaurigen Geisterbahntrip einlädt. Der gebürtige Frankenthaler hat Elektriker gelernt, die Ausbildung seinerzeit aber geschmissen. "Ich war arbeitslos. Das war die schnellste Art, wieder an Arbeit zu kommen", nennt er als Grund, warum er vor knapp 26 Jahren bei Emil Lehmann anheuerte. Den Ort weiß er noch ganz genau: "Das war beim Abbau auf dem Bad Dürkheimer Wurstmarkt."
Leute heute Für ihn und seine vier Kollegen - zwei Rumänen, ein Pole, ein Italiener - beginnt der Arbeitstag auf dem Rummel in der Regel morgens um 9 Uhr mit Saubermachen und Technikcheck. Die ersten Gäste kommen gleich nach Mittag - und dann geht´s durch bis nach Mitternacht. Mal länger, mal kürzer - je nachdem. 40-Stunden-Woche? Geregelte Freizeit? Darüber kann Herbert Schoes nur schmunzeln. Und macht seinen Job dennoch gerne. Warum?
"Man kommt viel rum, sieht ständig was anderes, trifft immer wieder gute Bekannte..." Die Bezahlung ist nicht gerade üppig, sicher weniger als das, was ein Handwerker bekommt, schätzt der 48-Jährige, ist mit seinem wöchentlich ausgezahlten Fix-Lohn dennoch zufrieden. Für die Verpflegung sorgt die Chefin persönlich, dafür muss er nichts extra zahlen. Auch nicht für sein kleines, 2,50 auf 3,50 Meter großes Schlafabteil.
Verheiratet ist er nicht. Frau, Familie - das sei halt schwer mit seinem Job vereinbar, deshalb findet er Verheiratet-Sein auch nicht gut. Was allerdings nicht heißt, dass er von Frauen nichts wissen wollte. "Ich stehe dem weiblichen Geschlecht nicht ablehnend gegenüber." Bei diesem Satz schleicht sich ein verschmitztes Grinsen auf seine Lippen.
Die "Geisterschlange" stand zuletzt in Herne auf der "Cranger Kirmes", nach dem Backfischfest geht´s weiter nach Bonn. Die Saison beginnt kurz vor Ostern und dauert so bis Ende November, Anfang Dezember. Dazwischen meldet er sich arbeitslos. Mal ist´s stressig, und zwar, wenn der Standort von einem zum anderen Wochenende gewechselt wird, mal läuft´s ruhiger, wenn so wie jetzt ein spielfreies Wochenende dazwischenliegt.
Auf- und Abbau, die Chips von den Fahrgästen entgegennehmen, die "Chaisen" (Wagen) reinschieben oder die Besucher wieder rauslassen - das sind Herbert Schoes´ Aufgaben, vor allem aber ist er für Wartungs- und Reparaturarbeiten zuständig. Stress mit der Kundschaft, mit streitlustigen Besoffenen gar - das alles habe es früher häufiger gegeben, komme heute aber nur noch sehr selten vor. "Ab und zu grölt mal einer rum oder schlägt gegen die Figuren. Aber überwiegend haben wir Familienpublikum. Nein, bei uns ist´s ruhig." Wie lange er noch Schaustellergehilfe bei Lehmann sein will, diese Frage beantwortet der Frankenthaler mit Schulterzucken. "Ich weiß selbst nicht genau, aber da der Arbeitsmarkt beschissen ist, werde ich´s wohl noch eine Weile machen müssen."
Beim Abschied auf dem Festplatz kommt höchstes Lob vom Chef persönlich: "Ich wecke meine Männer morgens persönlich. Da fehlt dann schon mal einer. Der Herbert hat in den vergangenen 26 Jahren nie gefehlt, auf den ist absoluten Verlass."