Alle Teile der Serie:
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- Präludium
- Genie+ und Wahnsinn
- Gratias Helvetia
- Siva ko!
- Die härteste Tür auf Batuu
Wenn die Corona Pandemie ein „Gutes“ hatte, dann ist es, dass sich im Laufe der zweijährigen Zwangspause reichlich neue Attraktionen „angestaut“ haben. Eine war die vor gerade mal zwei Wochen gestartete, sehenswerte
Cirque Du Soleil Show „Drawn to life“ in Disney Springs, für die ich mir tatsächlich noch einen Einzelplatz schnappen konnte – allein zu reisen hat auch seine Vorteile. Die Show sei Cirque- und Disney-Fans gleichermaßen ans Herz gelegt: sie spannt eine Brücke zwischen dem bekannt-bewährten Stage-Gewusel, solider Akrobatik und „All beloved Disney Songs“, ohne aber zur Nummern-Revue zu verkommen, wie das bei so manchem neuen Disney-Feuerwerk teilweise der Fall ist.
Die aufwändig gestaltete Bühne
Die Cirque-übliche „Pre-Show“
Dann war da neben diesem Star Wars Ding bei Disney noch die
neue Stunt-Show „Jason Borne Stuntacular“, die den Platz des Cameron/Schwarzenegger Allzeit-Favoriten „T2 3-D: Battle Across Time“ einnimmt. Ich will hier gar nicht zu viel spoilern: mit diesem neuen Action-Spektakel treibt Universal seine Vorliebe für „Screen based Attractions“ auf die Spitze. Sehenswert? Oh ja, überraschenderweise absolut. Denn manchmal kommt es auf den Bildschirm an und der ist derartig bad-ass, dass ich nicht mit Sicherheit sagen kann, wie viele Schauspieler in der Show überhaupt auf der Bühne waren. Und wenn auf einer ultra-hellen, gigantisch großen, pervers scharfen „Leinwand“ eine Kamerafahrt läuft, und sich auf der Bühne riesige Set Pieces 100% synchron mitbewegen, dann ist man tatsächlich „im Film“. Davon darf Universal gerne mehr bauen (und Fast and The Furious dafür abreißen, bitte).
Dringender Verguckungsauftrag
Aber ich war ja nicht über den Teich geflogen, um mir Matt Damon, Julia Stiles, Alicia Vikander und Franka Potente anzusehen. Sehnsuchtsziel und Hochrisiko-Wette zugleich war der
brandneue „Velocicoaster“ in den Islands of Adventure. Wette deswegen, weil die zwei Jahren Corona und Ellenbogenfraktur geschuldete Bewegungsarmut bereits bei einen sommerlichen Ritt auf Taron zu einer Bügel-geht-zu-aber-gerade-so Situation geführt hatte. Ich hatte zwar bereits für meinen ursprünglich auf Ende Januar terminierten Trip ein martialisches Diät-/Trainingsprogramm aufgelegt, nur fehlten mir nun aufgrund meiner Spontaneität 45 Tage. Ich weiß nicht, ob es mein Almased-Gelage oder der Hardcore Magic Kingdom Tag waren, die letztlich den Ausschlag gaben: der Testsitz zeigte ein sattes und bequemes Grün.
Und ein Rot wäre extrem schade gewesen, denn was Universal und
Intamin mit dem Velocicoaster auf die Beine gestellt haben, ist eine schlicht atemberaubende Stahl gewordene
UN-VER-SCHÄMT-HEIT. Das beginnt schon mit dem futuristischen Statitionsgebäude, in dem Chris Pratt, B. D. Wong und Bryce Dallas Howard (bei der ich mir nicht sicher bin, ob sie mittlerweile noch in den Coastersitz passen würde) stimmungsvoll auf den kommenden Höllenritt einstimmen. Die grandiose Zugänglichkeit verdankt die Anlage einem verpflichtenden (aber kostenlosen) Locker-System, bei dem Fahrwillige ihre Taschen komplett ausleeren müssen, lediglich das Park-Ticket ist erlaubt, denn dieses benötigt man später, um die relativ kleinen Schließfächer nach der Fahrt rückseitig wieder zu öffnen. Da Kontrolle besser als Vertrauen ist, passiert jeder Rider einen Metalldetektor. Die Queue enthält auch ein paar nette Dino-Animatronics und einen kurzen Blick auf den Launch-Tunnel, bei dem Projektionen den Eindruck erwecken, dass der Zug von den Raptoren Blue, Charlie, Delta und Echo verfolgt würde. Ach ja, das ist die – im Grunde vernachlässigbare – Storyline der Attraktion.
Denn im Grunde geht es hier nicht um Dinosaurier oder fiktive Freizeitparks in Freizeitparks. Es geht auch nicht um InGen, es geht um
Intamin und deren neu entdeckte Freude daran, auszuloten, welche Sauereien man anstellen kann, wenn man richtig, richtig gute Lapbars in seinen Zügen hat.
So einiges.
Apropos Züge: wie schon bei Taron sind die ein absoluter Hingucker: Stylisch, schnittisch und abends mit Beleuchtung. Selbst Kratzspuren durch Raptorenklauen fehlen nicht. Lediglich die Fußfreiheit ist gegenüber Taron etwas reduziert. Zu recht.
Denn die Fahrt hat es in sich. Man beginnt klassisch mit einer kurzen „Darkride“-Szene und dem vergleichsweise sanften
LSM-Launch, gefolgt von einer überhöhten Steilkurve und tingelt danach erst einmal durch den „Backyard“ der Attraktion vorbei an Felsen und allerlei Gestrüpp. Eine erste
Inversion wird ebenfalls abgespult und vermittelt zusammen mit einigen
Airtime-Momenten den Passagieren einen ersten Eindruck von der Zuverlässigkeit des Rückhaltesystems. Eine hübsche, harmonische familienfreundliche Attraktion, auf der auch die Kleinen voll auf ihre Kosten kommen.
Und dann kommt der zweite Launch.
Also jetzt mal ehrlich:
What the Fuck? Das ist ja nicht mehr normal! Bei meiner ersten Fahrt wurde ich noch gefragt, ob ich in der Mitte oder in Reihe 12 sitzen will (ratet mal …) und nach dem
Top Hat meint man, der Sitz reißt ab. Kurz danach folgt die Signature-Frechheit™, das Fahren-wir-doch-mal-drei-Sekunden-auf-dem-Kopf-das-muss-der-Bügel-abkönnen-Segment. Danach folgt eine lang gezogene Doppelhelix, garniert mit Wir-werfen-die-Passagiere-ab-Links-Rechts-Umschwüngen. Danach gibt’s noch einen Mini-Hump und zum krönenden Abschluss eine
Fassrolle über den See, die viel, viel, viel zu schnell durchfahren wird, aber hey – im Zweifel fallen die Passagiere ja nur in den See, da werden die zwar nass, aber da kann ja im Grunde nix passieren. Nach einem letzten Umschwung hechtet man wieder hinauf zum Stationsgebäude, wird knackig auf seinen Tushy gesetzt und nickt wohlwollend, wenn der Zug elektromagnetisch kinetische in thermische Energie umwandelt.
Dann holt man sich seine Sachen aus dem Locker und stellt sich wieder an.
Das ist zumindest – und damit kommen wir zum potenziellen Pferdefuß der Anlage, was der Enthusiast tut. Abgesehen von der munteren Überkopffahrt wirkt der Ride von außen für durchschnittlich Coaster-Affine durchaus „fahrbar“. Dass das für nicht wenige Gäste eine krasse Fehleinschätzung ist, zeigt sich dann auf der ersten und oftmals einzigen Fahrt. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: die Post-Ride-Experience unterscheidet sich deutlich vom Kuka-People-Shaker „Forbidden Journey“, der jedem dritten Fahrgast „50 shades of green“ ins Gesicht zaubert. Es ist mehr die Freude, gefahren zu sein, gemischt mit der Entschlossenheit, das nicht noch einmal zu tun.
Aber vielleicht ist das sogar eine erstrebenswerte Situation …
„Rode once and lived to tell the tale!“
So oder so: für den geneigten Enthusiasten ist die reduzierte General Public Kompatibilität von Vorteil: liegen die Wartezeiten morgens noch bei 60 bis 90 Minuten, schmelzen diese im Verlauf des Tages auf 20 bis 30 ab. Das mag auch an den überragenden Operations liegen, die die 24-sitzigen Züge nur so rausballern. Solange die Bahn keine Downtime hat, was während meines Besuchs des Öfteren vorgekommen ist. Ich konnte das ausgleichen, indem ich meine Universal-Jahreskarte statt geplant einmal, insgesamt drei Mal zum Einsatz gebracht habe. Von der Single Rider Queue kann ich hingegen abraten, diese hat mir eine deutlich längere Wartezeit beschert, die mir dann obendrein vom hanebüchenen Redeschwall einer amerikanischen Querdenkerin „versüßt“ wurde, so dass ich – und das pflege ich in den Staaten eigentlich nicht zu tun – meine Contenance verloren und ihr ein Biden’sches
„Oh, will you just shut up?“ entgegen geschleudert habe. Geholfen hat’s gleichwohl nicht.
Wie bereits erwähnt, lag meine Spiegelreflex trocken und sicher im Hotelsafe, deswegen gibt es den Velocicoaster zusammen mit den vielen anderen feinen Attraktionen hier im Bewegtbild.
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A propos „bewegt“: da der, der die Klassiker nicht ehrt, den neuen
Intamin-Knaller nicht wert ist, hat es mich natürlich noch ein letztes mal nach Hamunaptra zu Hohepriester Imothep verschlagen, bevor „The Mummy“ in einen längeren Rehab geht.
„Not even the Medjay can save you now, there is not escape. Your end shall be my beginning, your souls are mine!“