An Tag 14/15 stand mein persönliches Freizeitpark Highlight auf dem Plan. Das Mirabilandia. Mit Katun steht hier die eine Achterbahn, mit der ich schon als kleines Kind unbedingt einmal fahren wollte. In den Anfängen des Internets ist mir irgendwann mal ein Video begegnet, welches mich so sehr beeindruckt hatte, dass mir die Bahn nie mehr so wirklich aus dem Kopf gegangen ist. In unseren Breitengraden sind Achterbahnen mit einem solchen Ausmaß ja doch eher selten. Umso mehr fieberte ich dem Besuch nun entgegen.
Aber fangen wir vorne an.
Der Tag begann wie der Vorangegangene auch recht früh. Um kurz vor Acht in der Früh machten wir uns auf den Weg von unserer Unterkunft in Bologna zum Bahnhof. Die Fahrt mit dem Regio bis zur Station Lido Di Classe / Lido Di Savio in unmittelbarer Nähe zum Park dauert knapp 1,5h. Vom Bahnhof fährt dann ein Shuttlebus zum Park. Die knapp 10 minütige Fahrt im Reisebus kostet für Hin- und Zurück 6€ pro Person. Dafür wird man aber auch wirklich direkt vor dem Tor zum Park rausgelassen.
Apropos Tor - Hier muss ich das Mirabilandia echt rügen. Vor den Kassen gibt es einen eingezäunten Bereich, sodass der Zugang zu den Kassen abgesperrt ist. Alle Besucher stauen sich vor diesem einen Tor. Es gibt genau einen Security Menschen, der dann Klassenlehrer/Gruppenleiter einzeln durch das Tor hineinlässt, damit diese die Tickets für ihre Gruppen abholen können. Normale Gäste dürfen noch nicht zu den Kassen. Um 10.33 Uhr wird das Tor dann geöffnet. Der völlig überforderte Securitymensch brüllt dann aus Leibeskräften, dass man gefälligst langsam zu gehen habe und große Taschen bei ihm geöffnet und vorgezeigt werden sollen. Ihr könnt euch sicherlich vorstellen wie gut das klappt wenn ca. 30 Schulklassen losrennen, die nun allesamt auf einen Schlag über Tickets verfügen. Ich hatte in diesem Moment echt schon kurz keine Lust mehr auf den Tag. So ein dummes Öffnungskonzept ist mir vorher noch nie begegnet.
Zu allem Übel zeigte ein Laufband neben den Kassen die Info an, dass mehrere Attraktionen aufgrund des schlechten Wetters geschlossen seien. Was an ein klein bisschen Wind und einem 5 minütigen Schauer jetzt "schlechtes Wetter" sein soll kann der Park mir aber gerne nochmal erläutern.
Aber sei's drum, nachdem eine riesige Horde wilder Teenager an uns vorbeigeschwappt war, stiefelten wir mit unseren Slagharen Platinum Saisonpässen zur nächstgelegenen Kasse. Die Mitarbeiterin wusste zum Glück sofort was zu tun war und drückte uns ohne die Pässe auch nur irgendwie zu scannen oder zu dokumentieren unsere Freikarten in die Hand. Das machte den anfänglichen Ärger über die Einlasssituation zumindest wieder ein kleines bisschen wett.
Für die Eröffnungsfahrt zog es uns, ohne groß darüber nachzudenken, natürlich zu Katun. Die Schulkinder hatten sich scheinbar alle in den linken Parkteil verlaufen und so schlenderten wir gemütlich nach rechts in Richtung des immer größer werdenden Stahlmonsters. Voller Erfurcht und Vorfreude beobachteten wir die letzten Testfahrten und lauschten dem ikonischen "röhrenden"
B&M Sound des Zuges.
Wir bekamen zwei Plätze in der vorletzten Reihe zugewiesen. Nachdem sich dann genug Mitfahrer gefunden hatten um den einen Zug auf dem Track komplett zu füllen ging es endlich los.
Eine gefühlte Ewigkeit fährt der Zug immer höher den Lifthill hinauf. Alles um die Bahn herum erinnert plötzlich an eine Miniaturwelt. Die nahegelegene Wilde Maus könnte von der Perspektive her auch auf der Kirmes im Miniaturwunderland stehen. Gerade als ich mich mit der Aussicht und der Höhe anfreunden konnte, macht der Zug einen Satz nach vorne, zieht einen über den Pre-Drop, wirft sich elegant nach links zur Seite und stürzt in die Tiefe. Der Druck nimmt sanft zu und der Zug durchquert das Tal, bevor er in den riesigen
Looping empor steigt. Einmal auf den Kopf gestellt, nimmt der Zug wieder an Fahrt auf und saust in die Tiefe hinab. Es folgt der für mich persönlich spektakulärste Part der Bahn. Die Auffahrt in die Zero
G-Roll will gefühlt nicht enden. Langsam setzt die Schwerelosigkeit ein und es folgt eine elegante 360° Drehung.
Es folgt eine schnell durchfahrene bodennahe Kurve, die dann unmittelbar in der
Cobra Roll mündet. Eine aufsteigende 270°
Helix führt den Zug dann in die
Blockbremse. Im Anschluss an diese folgt eine rasant durchfahrene rechts/links
Korkenzieher Kombination und eine 360°
Helix, welche den Zug in die Schlussbremse befördert.
Fazit: WOW! Das ist Stahl in seiner schönsten Form. Das Layout ist einfach nur klasse und ich finde die Bahn fährt sich absolut genial. Man merkt zwar im Hintergrund ein leichtes rappeln. Das ist aber keineswegs unangenehm oder störend. Wenn man das Alter der Anlage berücksichtigt verleiht es ihr sogar einen gewissen Charme.
Es folgt - Stahlverschwendung:
Sieht nicht schön aus und tut einfach nur weh. Viel zu rabiate Bremsen und dämlich gebogene Kurveneinfahrten. Und das schlimmste: Man muss zwei Runden fahren. Immerhin muss man dafür beim aktuellen Abfertigungskonzept nicht aussteigen.
Wenn wir schon dabei sind Counts abzufrühstücken, nehmen wir noch schnell die Wilde Maus "Gold Digger" aus dem Hause L&T Systems mit. Etwas ungewohnt weicht das Layout in der unteren Ebene von den
Mack und Maurer Anlagen leicht ab. Leider kommt die Schlussbremse hier gefühlt auch der Kollision mit einer Wand gleich. Da kann selbst die Euro Mir einpacken.
Hier zeigte sich auch erstmals das Fastpass Phänomen im Park. Wenn in der Anstellschlange nicht gerade offensichtlich zusammengehörige 3er oder 4er Gruppen waren, wurden die Einzelchaisen immer nur mit maximal 2 Personen besetzt. Selbst wenn sich die Leute in der Warteschlange selbst zu Grüppchen zusammenorganisierten ließ die Mitarbeiterin immer nur 2 Personen rein.
Wir waren zum Glück recht früh dort und mussten für die 30 Leute vor uns "nur" 15min anstehen.
Count Nr 4. steht wenige Meter weiter. Der Powered Coaster hört auf den Namen Rexplorer und kommt aus dem Hause S.D.C. . Die Anlage ist recht unspektakulär. Durch die mit der Zeit gewachsene Vegetation sieht sie aber immerhin schön in die Umgebung eingebettet aus.
Hieß es am Morgen noch dass Desmo Race ganztägig außer Betrieb sein soll, konnten wir gegen Mittag Testfahrten mit Technikpersonal beobachten.
Das stimmte mich leicht positiv. Vielleicht könnten wir mit etwas Glück wenigstens eine der beiden Anlagen fahren. Ein Schild am Eingang wies darauf hin, dass man wohl von 13-16.30 Uhr öffnen wolle. Bei der geringen Kapazität eigentlich eine Frechheit. Somit war für uns jedenfalls klar, wo wir um Punkt 13 Uhr sein würden. Bis dahin blieb uns aber noch ein bisschen Zeit.
Also machten wir uns auf den Weg zu iSpeed, in der Hoffnung der initiale Ansturm wäre vielleicht schon abgearbeitet.
Die Schlange sah verhältnismäßig überschaubar aus. Es dauerte leider immer noch knapp 45 Minuten bis wir an der Reihe waren. Die Ursache war beim Betreten der Station schnell ausgemacht. Trotz der nur 12 Sitze pro Zug glaube ich dass man hier eine ganz passable Kapazität rausholen könnte, wenn man einfach mal eine ordentliche Abfertigung fahren würde. Man muss sich das so vorstellen: Ein Zug fährt auf der Strecke und in den zweiten in der Station können die Leute einsteigen und versuchen selbstständig ihre Bügel zu schließen. Das Personal langweilt sich derweil und beachten den Vorgang nicht. Der erste Zug kommt zurück in die Station, wird dann erst einmal komplett entladen und erst dann beginnen die Mitarbeiter langsam mit der Abfertigung des zweiten Zuges. Dabei wird dann festgestellt, dass mindestens drei Fahrgäste zu wenig Kleidung an haben, oder ihre Schuhe ausgezogen haben und diese erst wieder aus der Gepäckablage kramen müssen. Auf der Strecke herrscht in der Zwischenzeit im besten Fall nur zwei Minuten gähnende Leere. Ich frag mich, wie man so jemals den dritten Zug sinnvoll einsetzen will... Wahrscheinlich garnicht. So eine auf den Fastpass Verkauf "optimierte" Abfertigung kenne ich hier in Europa sonst nur aus dem Thorpe Park oder dem Heidepark und aus Geschichten vom Port Aventura.
Aber nun zur Fahrt:
Der Launch ist, wie von
Intamin gewohnt, heftig. Auf dem
Top Hat katapultiert es einen mit aller Gewalt aus dem Sitz. Die darauffolgenden Streckenmeter wirbeln einen wild umher und es gibt einige unliebsame Kontakte mit den für diesen Bahntyp völlig unpassenden Schulterbügeln. Auf der einen Seite macht die Kompromisslosigkeit und Intensität der Bahn schon Spaß, aber ich war danach irgendwie noch nicht so ganz überzeugt. Das Layout hat sich für mich irgendwie nicht richtig rund angefühlt. Ob das jetzt an dieser komischen Zwischenbremse liegt die nur wenige Meter vor der Schlussbremse platziert wurde - ich weiß es nicht.
Im Anschluss an iSpeed gönnten wir uns eine Mittagspause mit für Freizeitparkverhältnisse überdurchschnittlich guten Burgern. Mit Blick auf den Eingang zu Desmo Race entspannten wir noch ein paar Minuten um uns dann kurz vor 13 Uhr in die zu diesem Zeitpunkt noch überschaubare Schlange einzuordnen.
Mit ein paar Minuten Verspätung ließ die Mitarbeiterin die wartenden Gäste in den offiziellen Wartebereich. Zu unserem Glück wurde die Fastpass Schlange erst ein paar Minuten später geöffnet, sodass wir am Eingang in die Station niemanden mehr vorlassen mussten.
Die Sitzposition und die Sicherung mit dem Gurt ist im ersten Moment etwas ungewöhnlich. Spätestens in dem Augenblick als das Fahrzeug beschleunigt ist der Zweifel aber auch schon verflogen. Die Beschleunigungswechsel sind sehr gut auf das Layout abgestimmt. Kurz vor den Hügelkuppen wird meistens noch einmal leicht beschleunigt, wodurch ein leichtes Kitzeln im Magen entsteht. Das macht richtig Laune. Von außen mag das alles etwas unharmonisch aussehen, aber während der Fahrt hat das definitiv zum Spaßfaktor beigetragen. Es ist einfach mal was anderes als eine normale, rein durch die Schwerkraft, angetriebene Achterbahn, oder ein träger Powered Coaster mit langem Zug. Ich würde es auf jeden Fall begrüßen mehr von den Anlagen zu sehen.
Leider hatte sich der Wartebreich in der Zwischenzeit fast komplett gefüllt und die Fastpass Schlange war ebenfalls bis zur Hälfte voll. Bei der leider verschwindend geringen Kapazität der Anlage dürfte das eine Weile dauern. Um nicht den Rest des Tages in der Warteschlange zu verbringen, entschieden wir uns dazu die Fahrt auf der zweiten Spur kurz vor Schließung anzustreben. Wie sich später herausstellen sollte eine goldrichtige Entscheidung. So konnten wir die linke Spur mit nur knapp 20min Wartezeit antreten.
Eine große Achterbahn fehlte uns noch: Divertical
Der
Intamin Water Coaster ist hier im Mirabilandia anscheinend sowas wie der Autoscooter oder der Breakdance abends auf der Dorfkirmes. Das hier ist wohl die Hauptattraktion für die ganze Jugend. Wir waren während der halben Stunde Wartezeit die einzigen Erwachsenen weit und breit.
Von außen sieht der Splash irgendwie nicht so späktakulär aus. Der Eindruck täuscht allerdings gewaltig. Bis auf den Punkt an dem der Bügel auf den Knien auflag waren wir einmal komplett durchnässt. Die Gesichter und Flüche aller Mitfahrenden waren jedenfalls Gold wert und sorgten für einen anhaltenden Lachflash. Das war dann wohl der Ausgleich für die zu trockenen Wasserbahnen im Gardaland.
Nun, was tut man, wenn man eh schon bis auf die Knochen durchnässt ist? Richtig, das hier:
Zum Glück hatten wir Wechselklamotten und wasserdichte Beutel mit dabei
.
Einzig ein zweites Paar Schuhe hätte noch gefehlt. Die Aufgabe übergaben wir dann dem Fahrtwind bei einer Abschlussrunde mit Katun. Leider war es dann auch schon an der Zeit sich zum Ausgang zu begeben, um den letzten Shuttle Bus zum Bahnhof nicht zu verpassen.
Am Ende doch noch glücklich mit beiden Desmo Race Spuren gefahren zu sein und Katun, der alle Erwartungen aus der Kindheit mehr als erfüllen konnte, genossen wir dann die gemütliche Zugfahrt zurück nach Bologna.
Wie immer vielen Dank für's Lesen!