Ich befinde mich derzeit im Abitur und schreibe eine Jahresarbeit im Fach Elektrotechnik und Physik. Unter anderem Rechne ich die Beschleunigungsstrecke von Blue Fire aus und dabei ist mir eine Frage bzw ein Problem aufgekommen. Ich hoffe ihr könnt mir helfen.
Blue Fire beschleunigt von 0 auf 100 km/h in 2,5 Sekunden Quelle
Mit diesen Werten kann ich die Beschleunigung ausrechnen:
Gegeben sind:
t = 2,5 Sekunden sowie v = 100 km/h = 27,78 m/s
Es gilt für die gleichförmige Beschleunigung:
a = v/t
a = 27,78m/(s * 2,5s)
a = 11,1 m/s²
Mit dem Weg-Zeit gesetzt kann ich nun auch die Beschleunigungsstrecke "s" berechnen.
s = 1/2 * a * t²
s = 1/2 * 11,1 m/s² * 6,25 s²
s = 34,70 m
Nun habe ich eine Beschleunigungsstrecke von 34,70 Metern.
Auf der Website steht aber eine Beschleunigungsstrecke von 80 Metern. Habe ich irgendwo falsch gedacht? Wie komm ich rechnerisch auf die 80 Meter aus dieser Quelle?
Drei Ansätze: ungleichförmige Beschleunigung, Marketing, Reserven.
Ein beliebiges onride-Video von Blue Fire zeigt, dass der Zug gute 4 Sekunden bis zum Ende des Linearmotors braucht. Ob nun dauerhaft beschleunigt wird oder viel Reserve im Motor ist kann man natürlich aus dem Video nicht ablesen.
Noch ein Gedanke: Bei Zielgeschwindigkeit braucht der Zug für 80 Meter 2,88 Sekunden. Nach 34,7 Metern auf denen beschleunigt wird bleiben noch 45,3 Meter, die bei 27,78 m/s noch 1,63 Sekunden brauchen um durchfahren zu werden. 2,5+1,63 sind ja die guten 4 Sekunden. Die üppige Reserve wirkt plausibel.
Das ist ganz einfach:
Der Blue Fire Zug wird nicht über die ganze Strecke beschleunigt. Es wird beschleunigt, dann wird über Sensoren die Geschwindigkeit gemessen und im zweiten Teil der Strecke wird die Geschwindigkeit angepasst (zu schnell, zu langsam, genau richtig).
Daher gibt es bei BF auch so gut wie nie Rollbacks.
Wozu mit Sensoren messen wenn die Ansteuerung vom Linearmotor die Geschwindigkeit schon genau kennt? Und wie danach wieder aufsynchronisieren nach dem Messen?
Okay, bei den Sensoren bin ich mir nicht sicher, jedenfalls wird nach der eigentlichen Beschleunigung dennoch nochmal gemessen, wie schnell der Zug wirklich ist (wie auch immer) und dann nochmal nachgesteuert.
Es ist wohl so, dass der Zug sons mit verschiedenen Geschwindigkeiten auf den Top Hat zufahren würde. Wie danach das angesteuert wird weiß ich nicht - so ins Detail ist man bei meiner Führung im Europapark nicht gegangen.
Das Einzige was ich mir vorstellen kann ist, dass bei niedrigeren Temperaturen, oder noch nicht warmgefahrenen Lagern eine höhere Endgeschwindigkeit vom System vor dem Start festgelegt wird, um den Zug sicher über den Top Hat zu bringen. Mag sein, dass dies irgendwie auch je nach Gewicht des Zuges vorher schon in Messparametern erfasst und dann als Aufschlag mit eingebracht wird. Aber während des Beschleunigungsvorganges messen und nachsteuern.... das wäre ein technisch ziemlich hoher Aufwand, zumal Temperatur und/oder nasse Schienen sowieso nur von entsprechenden Sensoren und nicht vom LSM erfasst werden können.
Die Ansteuerung des Motors kennt auch, wie oben schon gesagt, die Endgeschwindigkeit. Diese erreicht der Zug auch zu genau 100%.
Da es sich hierbei um einen Linearen Syncron Motor handelt und nicht mehr um einen Linearen Induktionsmotor, darf das Magnetfeld dem Zug auch nicht davonlaufen. Das Wort "Syncron" beschreibt ja schon, dass die Geschwindigkeit von Stator- und Läufermagnetfeld identisch ist. Laufen die Felder nicht mehr syncron, wars das mit der Beschleunigung...
Als ich den LM im Studium behandelt habe, habe ich mich auch nach Sinn des nachsteuerns gefragt -jedenfalls bin ich mir sicher, dass uns das System der Beschleunigung bei BF so erklärt wurde und das war einer der beiden technischen Leiter des Europaparks. Daher gehe ich schon davon aus, dass die Info stimmt.
Hat der Zug nicht auch eine Rückwirkung auf das Magnetfeld? Sollte ja schon eine Art Widerstand sein - von daher ist es doch durchaus möglich, wenn immer die gleiche Energie zum Start eingespeißt wird, dass Reibung (Wind, Gewicht, Öle/Fette) einen Einfluss auf diesen haben - oder ist das nicht möglich?
Mir fällt vom Prinzip her höchstens Gegeninduktion als Widerstand ein. Dadurch dass die Magneten sich an den Statoren vorbeibewegen wird dort ebenfalls eine Spannung induziert, die sozusagen gegen die anliegende Frequenz am Stator arbeitet. Aber das ist ja ein kalkulierbarer Faktor gleich bleibt.
Es würde mich bei allen genannten äußeren Einflüssen halt nur wundern, wenn man diese nicht vor dem Start erfasst und einen Aufschlag berechnet, mit dem diese Faktoren dann ausgeglichen werden können. Mir persönlich erscheint eine Durchführung während des Starts im Vergleich einfach zu aufwändig.
Das Problem mit dem Messen während des Beschleunigungsvorganges bekommt man eigentlich erst bei einem fliegenden Start.
Ganz ohne Nachteile kommt jedoch auch ein LSM-Antrieb nicht daher, denn er erfordert eine weitaus genauere Ansteuerung der linearen Motoren: Die Geschwindigkeit des wandernden Magnetfeldes muss exakt mit der Geschwindigkeit des Zuges synchronisiert sein. Ansonsten "verliert" das Statorfeld den Zug und es findet keine Beschleunigung statt. Die Positionierungsgenauigkeit des Zuges liegt bei wenigen Millimetern, um das Statorfeld zu den Permanentmagneten des Zuges synchron laufen zu lassen. Dazu ist ein im Vergleich zum LIM hochpräzises und meist empfindlicheres Positionsermittlungsystem erforderlich. Die Positionen der Sensoren untereinander und in Bezug auf die Statoren muss millimetergenau stimmen. Kommt es zu Ausfällen einzelner Sensoren, kann der Beschleunigungszyklus zum Erliegen kommen.
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