Nach den beiden Abenteuer-Tagen sollte es an unserem fünfzehnten Tag in Japan wieder etwas gewöhnlicher zugehen. Und halbwegs ausschlafen konnten wir auch, denn das erste Ziel an besagtem Montag sollte in gerade einmal gut 20 Minuten per Zug zu erreichen sein. Zunächst ging es mit der uns bereits bekannten Shonan-Shinjuku Line eine Station weiter nach Ikebukuro im Stadtbezirk Toshima. Dort mussten wir auf die private Ikebukuru Line der Seibu Railway wechseln, die dort in einem Kopfbahnhof startet. Hat man den richtigen Zug erwischt, taucht dieser nach dem fünften Halt in Nerima zwischen den weiterführenden Gleisen ab und biegt auf der Toshima Line nach Norden ab. Ein kurzes Stück geht es mitten durch ein Wohngebiet, wo die Häuser so dicht wie nur irgend möglich an die Bahnstrecke herangebaut wurden - also nicht, dass es bei den übrigen Strecken anders wäre, aber hier befindet sich das eine Gleis tatsächlich auf dem Boden und ist auch nicht mit Schallschutzwänden versehen. Diese "Hinterhof"-Strecke endet aber auch schon nach etwa einem Kilometer am zweigleisigen Kopfbahnhof Toshimaen. Und der heißt nicht nur zufälligerweise genauso wie unser Ziel, er befindet sich auch unmittelbar neben dem Haupteingang des gleichnamigen Parks.
Und natürlich gehört der Freizeitpark Toshimaen ebenfalls zur Seibu Group.
Wobei es inzwischen leider heißen muss: gehörte. Denn obwohl man beteuert, dass weder rückläufige Besucherzahlen noch mangelnde Rentabilität dafür verantwortlich seien, musste Toshimaen im August 2020 nach 94 Jahren für immer die Tore schließen. Schon 1957 gab es wohl Überlegungen seitens der Stadt, den Park im Sinne des Katastrophenschutzes umzugestalten. Damals konnten sich die Anwohner noch erfolgreich dagegen wehren, doch nach dem großen Erbeben von 2011 sah sich die Stadt wohl zum Handeln gezwungen. Das Gelände von Toshimaen soll geräumt werden, um künftig im Katastrophenfall als Evakuierungsfläche dienen zu können. Ohne jetzt die Notwendigkeit einer solchen Fläche in Frage stellen zu wollen, aber da hätte man doch bestimmt eine andere Lösung finden können, als einen der ältesten Freizeitparks des Landes einfach platt zu machen. Zumal ein Teil des Geländes dann doch wieder verpachtet wird, um dort die Warner Bros. Studio Tour Tokyo zu errichten, wo die Besucher ab 2023 genau wie in London hinter die Kulissen der Harry-Potter-Filme blicken können sollen.
Wir konnten aber glücklicherweise noch den originalen Toshimaen Freizeitpark erleben, der 1926 das Licht der Welt erblickte. Der Name leitet sich ab vom Toshima-Clan, der hier Ende des 14. Jahrhunderts am Südufer des Shakujii-Flusses das Nerima Castle errichtet haben soll. Die Burg fiel allerdings 1477 und wurde anschließend nicht wieder aufgebaut, das Gelände wurde zu einem Wald. Im Sumpfgebiet nördlich des Flusses legte man später ein Reisfeld an. Im Jahr 1916 erhielt der Geschäftsmann Kosaburo Fujita rund vier Hektar Land südlich des Shakujii zum Bau eines Ruhesitzes. Er fand es dort aber wohl so schön, dass er auf den Bau eines Hauses verzichtete und den Ort einfach nur zum Genießen der Natur besuchte. Für die angedachte Residenz wurden später weitere zwei Hektar erworben, auf denen zunächst ein Gewächshaus samt Garten entstanden. 1925 kaufte er auch das sechs Hektar große Reisfelds nördlich vom Fluss, welches ihm optisch vermutlich ein Dorn im Auge war und daher wieder renaturiert werden sollte. Allerdings wollte er die Schönheit der Natur auch mit anderen Menschen teilen, und so wurde das Gelände im Folgejahr zu Nerima Castle Ruins Toshimaen. Nach einer Teilöffnung als Landschaftspark folgte 1927 schließlich die feierliche Eröffnung mit den ersten Attraktionen. Darunter - wie im entsprechenden Bericht erwähnt - das erste Shoot-the-Chutes in einem japanischen Park, dessen Schwesteranlage wir im Hakkeijima Sea Paradise erleben durften. Auch der angrenzende Bahnhof nahm in diesem Jahr den Betrieb auf. Da Herr Fujita freilich nicht mit dem Betrieb eines Freizeitparks vertraut war, geriet er jedoch schnell in finanzielle Schwierigkeiten und Toshimaen wurde 1931 versteigert. Die neue Betreibergesellschaft einer Treuhandbank ging dann schließlich 1941 an den Vorgänger der heutige Seibu Railway.
Um es mal mit den Worten vom (deutschen) Kaiser zu sagen: Ja is' denn heut scho' Weihnachten?
Das lässt sich zwar mit einem klaren Nein beantworten, den Grund für die Festbeleuchtung und die zahlreichen US-Flaggen kann ich jedoch nur erahnen. Angesichts der Tafel links im Bild, scheint man damit den 110. Geburtstag des Karussells im Vorjahr gefeiert zu haben - aber dazu an geeigneter Stelle mehr. Wir besorgten uns natürlich wieder ein Wristband, welches inklusive Eintritt für 4.200 Yen (gute 32€) zu haben war.
Gleich links vom Eingangsbereich thronten die Hydropolis-Rutschen des zugehörigen Wasserparks.
An dieser Stelle dürfte der Überlieferung nach wohl einst das Nerima Castle gestanden haben. Der Wasserpark wurde damals mit zwei Becken im Jahr 1929 eröffnet. In den Jahren 2016 bis 2019 nutzte man die Pools für so einen aufblasbaren Hindernisparcours. Von den drei miteinander verbundenen Rutschentürmen - der erste wurde 1988 eröffnet - sollen zur Hochzeit ganze 31 Rutschen gestartet sein, zum Ende hin waren immerhin noch gute 20 in Betrieb. Aufsehen erregte man jedoch bereits 1965, als man mit dem River Pool den weltweit ersten (künstlichen) Lazy River präsentierte. Der führte in einem recht simplen "runden Dreieck" um die beiden ursprünglichen Schwimmbecken herum. Die ebenfalls im Inneren platzierten Sprungtürme mit eigenem Landebecken wurden 2006 abgerissen. An ihrer Stelle entstanden zwei Natic Jets inmitten des Wasserparks. Hinzu kamen 1961 ein flaches Becken mit künstlichen Wasserfällen an einer Seite, wo 1997 die Karakuri Water Factory mit Kinderrutschen ergänzt wurde, ein 1973 eröffnetes Wellenbecken und ein 1974 eröffnetes Kinderbecken. Bilder kann ich zu all dem jedoch nicht liefern, auch dieser Wasserpark war nämlich noch geschlossen.
Wir gingen weiter und überquerten die Brücke über den Shakujii, der den Wasserparkteil vom Freizeitparkteil trennte.
Dort trafen wir auf ein Gebäude mit dem Souvenirladen B Promenade und einigen Spielgeräten für Kinder.
Außen führten Treppen aufs Dach, wo man die zweitjüngste Achterbahn des Parks finden konnte.
Ja, ihr lest richtig, in Toshimaen gab es nur eine weitere Achterbahn, die nach dem Powered Coaster im Jahr 1982 eröffnet wurde.
Der Blaue Enzian in der Version 2 wurde wohl inklusive Namensschild direkt aus dem Mack-Katalog übernommen.
Anstelle der Wassertanks bei den mobilen Anlagen umkreiste man hier die eher rudimentär verkleideten Klimaanlagen des Gebäudes.
Sonderlich schön war die Anlage auf dem nackten Betondach ehrlicherweise nicht.
Aber zumindest hatte man einen guten Blick auf die Wildwasserbahn und die deutlich bekanntere, älteste Achterbahn des Parks.
Letztere fiel vor allem durch ihre ikonische Fachwerk-Stützkonstruktion auf. Auf der Suche nach deren Station ging es weiter durch den Park.
Vorbei an der Mini-Wildwasserbahn aus dem Jahr 2010.
Hin zum Mini-Cyclone. Der Kiddy Coaster war mit Baujahr 2009 die angesprochene jüngste Achterbahn von Toshimaen.
Wie beim großen Bruder waren die Züge der von Hoei Sangyo gebauten Bahn als Baumstämme gestaltet.
Aus 8 Metern ging es in einer 180°-Kurve leicht hinab und über einen kleinen Hügel - leider ohne nennenswerte Airtime.
Dann eine Wende über die finale Kurve hinweg und mit einem winzigen Hügelchen über eine noch recht neue Eisenbahnfahrt hinweg.
Eine weitere 180°-Kehre und schon ging es über besagte Schlusskurve auch wieder zur Station zurück.
Eine ziemlich gemächliche Fahrt. Da fanden wir die angesprochene Eisenbahnfahrt darunter schon interessanter.
Der Challenge Train war erst 2017, also ein Jahr vor unserem Besuch, eröffnet worden.
Zur Erinnerung: Der Park wurde von einer Eisenbahngesellschaft betrieben. Da schien es doch nur logisch, neue Lokführer anzuwerben, oder?
Tatsächlich nahm man hier im Führerstand eines stilisierten Fahrzeugs der Seibu-Flotte Platz, wobei sich sogar die Bedienung je nach Modell etwas unterschied. Wie bei solchen Attraktionen üblich, konnte man selbst beschleunigen und bremsen. Aber jetzt kommt der Clou: Das sollte man nicht einfach so nach Belieben tun. Es galt, vor roten Signalen zu stoppen, den putzigen Mini-Zug an zwei ebenso schnuckeligen Bahnsteigen passgenau halten zu lassen und die Hupe an der richtigen Stelle zu betätigen. Das alles natürlich in einer vorgegeben Zeit, Verspätungen sind bei der japanischen Eisenbahn schließlich nicht gern gesehen. Für alle Aufgaben konnte man insgesamt 100 Punkte erzielen. Leider erinnere ich mich nicht mehr an unsere Punktzahlen, aber wir fanden den Challenge Train eine wirklich gelungene Attraktion.
Bei dem geringen Andrang hätte es mich ja wirklich gereizt, noch einen zweiten Versuch zu starten. Dabei gehöre ich nichtmal zur eigentlichen Zielgruppe.
Nach der Schließung von Toshimaen wurde die Attraktion wohl inzwischen in den Schwesterpark Seibuen Yuenchi verlegt.
Aber nun endlich zur - zumindest für mich - bekanntesten Attraktion des Parks. Der Achterbahn Cyclone.
Wie bereits gesagt vor allem aufgrund der markanten Stützkonstruktion. Mit Baujahr 1965 handelte es sich zudem um eine der ersten Achterbahnen von Togo.
Auch die Baumstamm-Züge waren einmalig. Die Sitze waren mit braunem Stoff bezogen, gesichert wurde man lediglich mit einem Gurt.
An der Spitze des 18 Meter hohen Lifthills saß dereinst wohl ein Bremser. Die Bremse selbst war zwar noch vorhanden, schien aber nicht zuzugreifen.
Nach der Kurve ging es ein erstes Mal hinab - sogar leicht unter Bodenniveau - und dann wieder hinauf auf eine kurze Gerade.
Der zweite Drop erreichet den Boden direkt neben dem Gebäude mit dem Blauen Enzian.
Die anschließende Steigung fiel vergleichsweise flach aus und zog sich ziemlich in die Länge.
Dabei überquerte man auch zusammen mit der Wildwasserbahn den Shakujii-Fluss, was eine größere Stützweite und somit eine andere Konstruktion erforderte.
Nach einer weiteren langsamen Kurve verlief die Strecke zwischen Fluss und Wasserpark, wobei der dritte Drop neben dem River Pool wohl Anfang der 70er-Jahre angepasst und weiter nach unten gezogen wurde. Gleich drei Airtimehügel wurden hier überfahren, wobei die letzte Senke eher flach ausfiel. Ab dem zweiten Hügel wies die Strecke zudem bereits einen leichten Drall nach links auf, der sich nach dem letzten Hügel zu einer richtigen Linkskurve entwickelte. Dabei tauchte man auch in einen stockfinsteren Betontunnel ab, womit Cyclone die erste japanische Achterbahn mit Tunnel war. Zur Eröffnung war der Tunnel wohl noch in Regenbogenfarben beleuchtet. Man stellte aber schnell fest, dass die Fahrt durch die Finsternis noch mehr Nervenkitzel bot. Und wer den kurzen Tunnel beim Knoebels'schen Twister kennt, kann auch erahnen, mit welcher Lautstärke der Zug hier hindurchratterte - nur halt deutlich länger als in Pennsylvania, denn man absolvierte eine weite 270°-Drehung quasi unter einer großen Halle mit den Umkleiden des Wasserparks. Das Tageslicht erreichte man wieder direkt unter dem letzten überfahrenen Hügelchen, Ein- und Ausfahrt des Tunnels lagen also nur wenige Meter auseinander. Auf Bodenhöhe überquerte man nochmals den Shakujii, ehe sich der Zug ein letztes Mal hinaufschwang.
Über den Köpfen der übrigen Besucher wurde man auf zwei längeren Geraden mit kleinem Rechtsschwenk dazwischen sanft abgebremst, ehe man die Station erreichte.
Eine schöne, alte Bahn. Optisch ein wahrer Leckerbissen, bequeme Stoff-Sitze, kein störender Bügel und trotzdem ganz gute
Airtime. Highlight der Fahrt war aber der dunkle, laute Tunnel. Ein Jammer, dass dieses Schmuckstück nicht erhalten bleiben konnte. Zwar stand in einem Artikel über die bisherigen Umsetzungen einiger Attraktionen vom März 2021, dass man noch nach einem neuen Zuhause für Cyclone suche, aber in Videos vom vorherigen Dezember ist leider relativ klar ersichtlich, dass die Bahn nicht vorsichtig abgebaut, sondern bereits mit der Stahlschere zerlegt wurde.
Mehr oder weniger gegenüber schwangen sich zwei Korkenzieher über den Platz.
Die gehörten natürlich zum Corkscrew aus dem Hause Arrow. Baugleich zum Modell im Nagashima Spa Land und ebenso 1979 eröffnet.
1993 ersetzte man die Züge durch die modernere Version, die Arrow bei Drachen Fire und dem Canyon Blaster in Las Vegas eingeführt hatte.
Und auch dieser Arrow fuhr sich wirklich hervorragend. Leider fiel er inzwischen ebenfalls der Stahlschiene zum Opfer.
Lediglich der gelbe Zug dreht im Yagiyama Benyland weiter seine Runden. Der alte Zug des dortigen Corkscrews soll derweil nach Hokkaido (Rusutsu Resort?) umgezogen sein.
Zwischen Corkscrew und Cyclone fand sich noch dieses interessante Glashaus.
Im Erdgeschoss befand sich mit dem Game Center eine Arcade, obendrauf schien einmal eine Station gewesen zu.
Diese beiden Betonrampen nebendran führten einst hinauf, wobei nur noch die Einstiegsseite eine Verbindung zur ehemaligen Station aufwies.
Mein erster Gedanke war, dass hier vermutlich mal eine Monorail verkehrte. Inzwischen bin ich jedoch schlauer und weiß, dass dies die Station einer weiteren Achterbahn war. An dieser Stelle konnte man von 1980 bis 2008 einen original Schwarzkopf Shuttle
Loop fahren. Zwischen den beiden Rampen begann die hintere Spike, der
Looping befand sich dort, wo der Park zum Zeitpunkt unseres Besuchs endete. Anstelle der vorderen Spike war der Park bereits einem Parkplatz gewichen. Unmittelbar neben dem Standort des Loopings befinden sich bereits die ersten Wohnhäuser. Daher wohl auch die ungewöhnliche Glaskonstruktion als Lärmschutz um den Einstiegsbereich, während die Station selbst unter freiem Himmel lag. Die Launchstrecke war mit einer tunnelartigen Stahlkonstruktion versehen, die halbseitige mit Plexiglas geschlossen war. Den
Looping hatte man ebenfalls mit einer einseitig mit Plexiglas ausgekleideten Stahlkonstruktion umbaut. Lediglich die beiden Spikes lagen vollkommen frei. Also quasi eine Turbine light. Bei diesem Shuttle
Loop soll es sich übrigens um jenen gehandelt haben, den Hennie van der Most für seinen nach wie vor im Bau befindlichen Attractiepark Rotterdam erworben hat. Leider hat man inzwischen wohl einsehen müssen, dass eine Reaktivierung der Achterbahn in Europa nicht so einfach möglich ist, sodass der Shuttle
Loop wieder abgestoßen werden soll.
Auf der anderen Seite der Cyclone-Station thronten die Flying Pirates - der Prototyp der doppelten Riesenschiffschaukeln von Huss.
Genau wie im Nagashima Spa Land war die 1980 eröffnete normale Schiffschaukel (ebenfalls von Huss) wohl derart beliebt, dass man beim deutschen Hersteller ein größeres Modell anfragte. Für die gewünschte Größe hatte man angeblich die damaligen Besucherzahlen und eine maximale Wartezeit von 20 Minuten zugrunde gelegt, sodass man auf eine erforderliche Kapazität von 240 Personen kam. Ganz so groß wollte Huss dann aber doch nicht bauen, weshalb man sich eben auf eine Doppelanlage mit Platz für je 120 Personen pro Schiff einigte. Die Flying Pirates gingen dann 1984 an den Start, ebenso wie das einfache, dafür aber mobile Traumschiff auf der deutschen Kirmes. Im Nagashima Spa Land legte
Intamin, wie im entsprechenden Bericht erwähnt, nochmals vier Reihen drauf für 160 Passagiere pro Boot.
Die Zeiten, in denen diese Riesenschiffe vollends ausgelastet waren, waren freilich schon längst vorbei.
Eine Fahrt ließen wir uns aber auch hier nicht nehmen. Zum Glück, denn auch diese Attraktion hat die Schließung des Parks nicht überlebt.
Direkt unter den Schiffen befand sich eine weitere Arcade.
Inklusive eines 4D-Kinos, welches jedoch nicht mehr genutzt wurde. Leider konnte ich dazu nicht viel mehr herausfinden.
Auf dem Dach eines 1993 angebauten Restaurants im Schatten der Riesenschiffe fanden sich zwei weitere Huss-Klassiker.
Namentlich ein 1979 eröffneter Troika.
Und ein 1987 eröffneter Break Dance.
Wie an den Daten unschwer zu erkennen ist, standen die beiden ursprünglich an anderer Stelle im Park auf dem Boden. Beim Bau des Restaurants zog dann zunächst der Troika um, während der heutige Platz des Breakers anfangs von einem neuen Huss Megadance eingenommen wurde. Der wurde wiederum irgendwann zwischen 1997 und 2003 ans Benyland verkauft und der Breaker zog aufs Dach um.
Als Troika-Fan ließ ich mir eine Fahrt natürlich nicht nehmen.
Das Faible für Attraktionen auf Gebäudedächern hatte sich übrigens schon wenige Jahre zuvor entwickelt. Neben der Station des Shuttle Loops baute man 1990 vier rundliche Imbissbuden, wobei die Dächer von jeweils zweien miteinander verbunden wurden. Über Treppen gelangten die Besucher auf die so entstanden Plattformen auf den Dächern, wo wiederum je eine Attraktion platziert wurde.
Den seit 1980 im Park befindlichen Swing Around setzte man um, das neue Kettenkarussell folgte 1991 mit einem Jahr Verzögerung.
Ersteren konnte ich mir ebenfalls nicht entgehen lassen.
Auf der anderen Seite wurden mit den Gebäuden ein Condor und ein Magic eröffnet.
Auch da ließen wir uns natürlich nicht zweimal bitten.
The Eagle has landet.
Unter dem Magic hatte man 2002 das Jungle House eingerichtet.
Eine dieser Kletterlandschaften für die jüngeren Besucher.
Schließlich setzten wir unsere Runde hinter dem Corkscrew fort. Dort drehten sich seit 1995 die verschiedensten Fahrzeuge auf einem Karussell.
Doch damit nicht genug. Während der Fahrt schwankte der Boden des Karussells auf und ab.
Da war ich im ersten Moment schon etwas überrascht, hatte ich in der Art bisher noch nicht gesehen. Kennt denn sonst jemand noch ein solches Karussell? Ich konnte leider nichts weiter dazu herausfinden, in der japanischen Wikipedia liest es sich aber so, als habe Toshimaen dieses Fahrgeschäft selbst entwickelt. Dahinter erhob sich seit 2016 eines dieser 3D-Labyrinthe, hier tatsächlich so groß, dass es nach Schließung des Parks geteilt und in zwei verschiedene Parks verkauft wurde.
Der benachbarte Kinderwald wurde ebenfalls 2016 eröffnet.
Bereits seit 1966 nannte Toshimaen einen Autoscooter sein Eigen.
Dort fuhren auch zum Schluss noch Fahrzeuge der Gebrüder Ihle aus Bruchsal. Allerdings nicht mehr die Originalen, die konnten nämlich wohl noch nicht rückwärts fahren und wurden daher später durch andere ersetzt, die eben dies konnten. Fragt sich nur wozu, denn wie man auf dem Bild sieht, mussten alle schön in die gleiche Richtung um die Mittelsäule kreisen. Eine absichtliche Kollision unter den Fahrzeugen war laut japanischer Wikipedia übrigens auch verboten, zumindest in den letzten Jahren.
Ebenfalls im Jahre 1966 eröffnet wurde die Oldtimerbahn von Arrow.
Die Treppen hinter dem Autoscooter führten hinauf zum Insektarium.
Dieses Insektenmuseum wurde bereits 1957 in Toshimaen etabliert, allerdings im Bereich des späteren Wasserparks. 1973 zog es in die nordöstliche Ecke des Parks um, an seinem alten Standort wurde daraufhin das Kinderbecken gebaut. Rundherum erstreckte sich zudem ein 2003 neu angelegter Hortensiengarten. Für die Blütezeit waren wir jedoch einen guten Monat zu früh.
Ansonsten hätte sich die Fahrt mit der angrenzenden Parkeisenbahn an den blühenden Hortensien vorbei sicher noch mehr gelohnt.
So gab es halt nur grünes Dickicht und ein paar Eisenbahnmodelle im Stationsbereich zu sehen.
Und die sahen jetzt auch nicht unbedingt alle zum Anbeißen aus.
Achja, entlang der Strecke hatte man auch noch einige Papiertiere verteilt, die Nachts offensichtlich leuchten konnten.
Hätte im Dunkeln teilweise vermutlich auch besser ausgesehen als am Tage...
Wie oben gesehen, verliefen Hin- und Rückweg zunächst parallel um die Kurve und unter dem Weg zum Insektarium hindurch.
Dahinter teilten sie sich auf und fühtren in einer Schleife um den Kinderwald herum.
Und dann eben wieder auf gleichem Wege zurück. Vor dem Bau des Corkscrews war die Streckenführung wohl etwas weitläufiger.
Auch die Eisenbahn stammt übrigens aus dem Jahr 1966. Einzelne Schienenstücke konnten nach Schließung des Parks wohl als Souvenir erworben werden.
Die beiden Züge aus dem Hause Chance gingen an Seibuen Yuenchi und Takao, ein Unternehmen, das Spielplätze plant und baut.
Zur Geisterbahn Mystery Zone können wir leider nicht viel sagen.
Auch die wurde 1966 eröffnet, war zum Zeitpunkt unseres Besuchs jedoch nur mit VR-Brille und damit gegen Aufpreis nutzbar. Von uns dummerweise wenig beachtet blieb auch das Karussell El Dorado, dessen Geschichte mir im Vorfeld leider nicht bekannt war. Dabei hätte es ja - wie eingangs gesehen - am Parkeingang durchaus einen Hinweis gegeben, dass es sich hier nicht um irgendein Karussell handeln konnte. Tatsächlich stammte das Karussell aus dem Jahre 1907, ging bei unserem Besuch also schon auf den 111. Geburtstag zu. Gebaut wurde es vom deutschen Karussellbauer Hugo Haase, sein Debüt feierte es auf dem Münchner Oktoberfest. Schon 1910 wurde es aber nach New York verkauft, wo es zunächst im Dreamland von Coney Island operierte. Den Großbrand, der das Ende dieses Parks bedeutete, überlebte das El Dorado glücklicherweise mit überschaubaren Schäden, sodass es nach kurzer Restaurierung im benachbarten Steeplechase Park fortan auch berühmte Persönlichkeiten wie Theodore Roosevelt oder Marilyn Monroe erfreute. Aber auch dieser Park stellte 1964 den Betrieb ein und das El Dorado wartete fünf Jahre auf einen neuen Besitzer.
Schließlich erwarb Toshimaen das Karussell, ließ es zwei Jahre lang restaurieren und eröffnete es 1971 wieder.
Besonders war aber nicht nur die Geschichte, sondern auch die Machart des Karussells. Die Bodenplatte bestand nämlich aus drei Ringen, die sich in unterschiedlichen Geschwindigkeiten drehten. Der äußere Teil drehte sich in "gewöhnlichem" Karusselltempo, der mittlere Ring lag eine Stufe höher und drehte sich etwas schneller. Beide waren mit Pferden und Kutschen versehen. Der innere Ring drehte sich demnach am schnellsten und lag nochmals deutlich höher. Er war auch mit einer Brüstung versehen und somit nur über Treppen zu erreichen. Dort nahm man direkt an der Brüstung auf Sitzbänken Platz. Das El Dorado wurde nach der Schließung von Toshimaen abgebaut und wird derzeit wohl in einem Lagerhaus der Seibu Group aufbewahrt. Ein neues Zuhause wurde demnach noch nicht gefunden, und auch ein Antrag zum Weiterbetrieb im neuen Katastrophenschutzpark konnte offenbar noch keine Zustimmung erhalten.
Nach Mini-Cyclone und Mini-Wildwasserbahn folgte 2014 auch ein Mini-Condor. Allerdings wohl von Hoei Sangyo statt Huss.
Ebenso wie die Magic Bikes von Zamperla im Schmetterlings-Design findet man diesen inzwischen im Hakkeijima Sea Paradise.
Der normale Pirat von Huss ging im Vergleich zu den Flying Pirates auch als Mini-Version durch. War bei unserem Besuch allerdings nicht in Betrieb.
Da wir für diesen Tag noch ein zweites Ziel eingeplant hatten, war die bevorzugte Abfahrt in Toshimaen für 13 Uhr angesetzt. Zu diesem Zeitpunkt saßen wir zwar tatsächlich im Zug, der gehörte allerdings zur Parkeisenbahn. Aber die Planung sah eh schon eine alternative Abfahrt eine Stunde später vor.
So blieb noch Zeit für eine Wiederholungsfahrt mit Cyclone. Ich lieb(t)e diese Stützkonstruktion einfach.
Und zu guter Letzt nahmen wir auch die "große" Arrow-Wildwasserbahn aus dem Jahre 1970 noch mit.
Aus der Station heraus ging es quasi direkt den Lift hinauf, an dessen Spitze ein Teil des hochgepumpten Wassers gleich wieder als Wasserfall herabprasselte.
Das Namensschild des Flume Rides war aufgrund der in fast 40 Jahren etwas gewachsenen Bäume kaum noch zu sehen.
Der aufgeständerte Kanal führte dann nach einer Linkskurve geradewegs über den Shakujii. Auf der Wasserparkseite schlängelte man sich relativ flott zwischen Fluss und Cyclone durch drei Links- und zwei Rechtskurven mit jeweils kurzen Geraden dazwischen. Die letzte Kurve unterquerte dabei die Achterbahn und richtete den Kanal parallel zu deren Auffahrt aus, sodass es wieder zurück auf die Freizeitparkseite ging.
Nach erneuter - recht knapper - Unterquerung der Achterbahn brachte ein zweiter Lift das Boot auf die endgültige Höhe.
Darauf folgte der einzige Drop mit überschaubarem Nässegrad und schließlich ging es zurück zur Station.
Danach machten wir uns langsam auf den Weg zum Bahnhof, von wo es wieder über Ikebukuro weiter in Richtung Yokohama zu unserem zweiten Tagesziel ging...
Fazit: Ich kann jetzt nicht sagen, dass ich Toshimaen besonders schön fand. Vor allem die Gebäude wirkten doch schon etwas in die Jahre gekommen. Hier und da mag allerdings auch das trübe Wetter dafür gesorgt haben, dass der Park an manchen Stellen etwas trist wirkte. Aber irgendwie hatte der Park auch eine ganz einmalige Atmosphäre mit den alten Attraktionen auf den Gebäudedächern und einigen hochmodernen Attraktionen gleich daneben. Besonders hervorzuheben wäre das offensichtlich sehr gute Verhältnis des Parks zu Huss, man hatte im Laufe der Jahre ja quasi das gesamte Portfolio eingekauft und einen Großteil davon auch bis zur Schließung in Betrieb gehalten. Mit den Flying Pirates bestellte man sogar einen eigens entwickelten Prototypen. Ein Jammer, dass dieses Paradies für Huss-Liebhaber nicht mehr existiert. Daneben konnten mich vor allem der knuffige Challenge Train und die wunderschöne Cyclone begeistern. Für ihr Alter hatte die Lady ganz schön was auf dem Kasten. Ich kann es einfach nicht fassen, wie man ein solches Schätzchen einfach so in handliche Stücke zerlegen und zum Altmetall geben kann.
Gleichzeitig bin ich allerdings auch froh, noch die Gelegenheiten gehabt zu haben, Toshimaen vor seiner Schließung zu besuchen.