Bevor ich richtig in die Berichteserie eintauche, scheint mir ein kurzer Exkurs in die Geschichte der Vereinigten Arabischen Emirate sinnvoll. Tatsächlich gab es wohl schon in der Jungsteinzeit vor über 7.000 Jahren erste Siedlungen auf dem Gebiet der heutigen Emirate, die Wüste wurde jedoch vorwiegend von Nomaden und Beduinenstämmen bevölkert. Rund um Oasen entwickelte sich die Landwirtschaft und an der Küste florierten Handel, Fischfang und Perlenindustrie. Aus den Einflussbereichen der mächtigsten Stämme entwickelten sich über die Jahre dann die einzelnen Emirate (= Herrschaftsbereich eines Emirs/ Fürsten/ Stammesführers), meist eben um eine Siedlung herum. Nachdem sowohl das Osmanische Reich als auch die Portugiesen im 16. und 17. Jahrhundert ihres Einflusses beraubt worden waren, begannen die Qawasim 1747 an der Küste damit, neben der Perlenfischerei auch Piraterie gegenüber Handelsschiffen zu betreiben. Mit einer Flotte von bis zu 60 Schiffen waren sie so mächtig, dass Großbritannien zur Sicherung des Handels mit Indien einschreiten musste und 1820 schließlich einen Friedensvertrag mit allen Emiraten am Golf erreichte. Trotzdem gab es weiterhin einzelne Angriffe auf Handelsschiffe, bis 1853 ein ewiger Seefrieden erklärt wurde. 1892 sicherte ein Vertrag den Emiraten zu, von den Briten vor Angriffen zu Lande und zu Wasser beschützt zu werden. Dafür durften die Scheichs kein Territorium veräußern oder Beziehungen zu anderen Staaten eingehen. Trotzdem spalteten sich einige Emirate auf und es kam mehrfach zu Kriegen zwischen den einzelnen Emiraten, bis die britische Schutzmacht zwischen 1963 und 1969 die Grenzen der Emirate festlegte. Allerdings zog sich Großbritannien nach 1971 von allen Militärbasen und Verpflichtungen östlich des Suezkanals zurück, womit auch die Emirate in die Unabhängigkeit entlassen wurden. Auf Initiative der Herrscher aus Abu Dhabi und Dubai wurde eine Union der Emirate ins Leben gerufen und eine gemeinsame Verfassung ausgearbeitet - entsprechend stellt die Herrscherfamilie von Abu Dhabi bis heute stets das Staatsoberhaupt, während der Regierungschef aus der Herrscherfamilie Dubais stammt. Im Dezember 1971 schlossen sich die Emirate Abu Dhabi, Adschman, Fudschaira, Schardscha, Dubai und Umm al-Qaiwain zu den Vereinigten Arabischen Emiraten zusammen, im Februar 1972 folgte als siebtes Emirat Ra's al-Chaima. Bahrain und Katar lehnten eine Aufnahme in die Union ab und gründeten unabhängige Staaten. Mit den ersten großen Ölfunden Anfang der 1960er-Jahre ging es auch wirtschaftlich bergauf und die VAE entwickelten sich zu einem der reichsten Länder der Welt. Die Einnahmen flossen in die Entwicklung des Landes hin zur Moderne, wobei nur 10% der Einwohner Staatsangehörige sind. Der Rest sind mehrheitlich Arbeitsmigranten, vorwiegend aus Indien und Pakistan. Die Herrscher haben aber bereits frühzeitig an die Zeit nach dem Öl gedacht. So investierten Dubai und etwas später auch Abu Dhabi massiv in den Tourismus, die übrigen Emirate hängen da noch etwas hinterher.
Für uns ging es nun aber dennoch direkt nach der Landung in Dubai zu einem der neuesten Touristenziele im Norden des Landes. Dabei passierten wir die Emirate Schardscha, Adschman und Umm al-Qaiwain mit Ziel Ra's al-Chaima. Je weiter wir kamen, desto karger wurde die Wüstenlandschaft. Aber immer wieder tauchten einzelne Gebäudekomplexe und Baustellen am Straßenrand auf. An den Ausfahrten waren öfter Hotels als Ortschaften ausgeschildert.
Da steht dann auch mal ein Umspannwerk mitten in der Wüste rum.
Gleich daneben hat sich ein Beduinencamp niedergelassen - es dürfte sich allerdings wie bei den meisten dieser Camps um eine touristische Einrichtung handeln.
Erwähnte ich schon, dass selbst in diesen spärlicher besiedelten Gegenden einfach mal dreispurige Straßen in die Landschaft gezimmert wurden?
Und trotzdem kamen sich an der Auffahrt des Vororts Al Fahlain zwei Kipplaster fast in die Quere. Eigentlich wollte ich nur das Gebirge am Horizont einfangen.
Hier und da grünt es sogar in der Wüste mal. Schaut in der Satellitenansicht nach einer Farm/ Plantage aus.
Schließlich erreichten wir die nördlichen Ausläufer des Hadschar-Gebirges, welches sich entlang des Golfs von Oman erstreckt.
Entsprechend gehört das Gebirge mehrheitlich zum Oman.
Dabei bildet Musandam ganz im Norden der Halbinsel an der Straße von Hormus eine Exklave, welche durch die Vereinigten Arabischen Emirate vom Rest des Omans abgetrennt wird. Etwa in der Mitte dieser Lücke besitzt der Oman noch eine von den VAE vollständig umschlossene Exklave, in der sich mit dem kleinen Ort Nahwa wiederum eine Exklave der VAE befindet. Aber das nur am Rande, wir blieben natürlich auf dem Gebiet der Emirate.
Schon am Fuße des Gebirges taten sich unsere Reisebusse schwer. Mehrfach mussten wir auf dem Standstreifen kurz stoppen und neu anfahren.
Daher steuerten wir zunächst einen Schotterparkplatz an, der wohl als Startpunkt für diverse Bergsteiger-Ausflüge dient. Für uns hieß es hier nun umsteigen, denn für die Fahrt zum eigentlichen Ziel in den Bergen warteten zwei kleinere Busse auf uns, die sich mit den Steigungen leichter tun sollten. Für unserem Bus mit dem vollen Programm war eigentlich Thorsten zuständig, trotzdem gesellte sich für die Auffahrt auch Dirk noch dazu. Im anderen Bus war es nämlich noch kuscheliger, wie ich hörte. Dort sollen sogar die Notsitze, welche sich in den Mittelgang hinein aufklappen ließen, benötigt worden sein.
Mit den zugezogenen Vorhängen kam so ein bisschen der Eindruck eines Gefangenentransports auf - aber mit besserer Stimmung.
Und wenn ein Toyota Coaster nicht der perfekte Bus für eine Coaster-Tour ist, dann weiß ich auch nicht.
Der Fahrer sorgte jedenfalls dafür, dass die Fahrt dem Namen des Gefährts gerecht wurde.
Ich glaube, Dirk sah uns nicht nur einmal über die Begrenzungsmauer hinausschießen.
Irgendwann musste er aber einsehen, dass seine Aufforderungen zum langsameren Fahren ins Leere gingen.
Die ersten 30 km der breiten Bergstraße wurden übrigens 2013 fertiggestellt, weitere 6 km zum Gipfel folgten 2017.
Es wurden auch zahlreiche Aussichtspunkte angelegt und entlang der gesamten Strecke stehen dutzende Müllcontainer.
Nachdem wir den immer langsamer werdenden zweiten Bus zwischenzeitlich überholt hatten, hieß es kurz vor 11 Uhr dann endlich: Schiene!
Während Dirk schonmal die Tickets besorgte, konnten wir die Aussicht vom Parkplatz genießen.
Für den Rest unseres Busses sollte es zunächst jedoch noch ein Stück weiter den Berg hinauf gehen.
Dass er hierfür nicht mehr auf Dirk warten musste, konnten wir dem Fahrer zwar erst im dritten Versuch klar machen, schließlich fuhr er dann aber doch los. Auf dem Panorama links wartete allerdings schon vor der ersten Serpentine eine Schranke auf uns. Der irritierte Fahrer drehte davor um und steuerte erstmal den kleinen Parkplatz daneben an. Nach einem kurzen Telefonat fragte er nach unserer "Berechtigung", also wohl der Anmeldung für den zweiten Programmpunkt, der sich eben dort oben befindet. Der Grund für diesen Checkpoint dürfte sein, dass der Scheich von Ra's al-Chaima weiter oben auch einen privaten Palast besitzt.
Auf 1.484 Metern Höhe erreichten wir - neben der Bergstation des Alpine Coasters - das höchste Restaurant der Vereinigten Arabischen Emirate.
Außerdem befindet sich dort die Anmeldung für die weltweit längste Zipline, wegen der wir hier waren. Den Haftungsausschluss hatten wir schon im Vorfeld online ausgefüllt, sodass man uns direkt namentlich aufrufen und mit dem Wristband für den Flug versehen konnte. Also sofern die Waage grünes Licht gab, leider hatten es nicht alle Fluginteressierten geschafft, das Maximalgewicht von 120kg einzuhalten. Da der Bus mit ohne Zipline nicht genug Plätze gehabt hätte, hatten wir aber auch ein paar Teilnehmer dabei, die keine Zipline gebucht hatten. Davon konnte immerhin einer noch überredet werden, doch noch eines der somit frei gewordenen Tickets zu übernehmen. Drei oder vier von uns ließen sich noch eine Kamera mitgeben, dann konnte es losgehen.
Im benachbarten Container erfolgte das Briefing per Video, dann wurden wir eingekleidet und mit Minibussen zur Startplattform gefahren.
Die befindet sich in einer Höhe von 1.680 Metern , knapp anderthalb Kilometer von der Grenze zum Oman entfernt am Rande des Jebel Jais.
Mit über 1.900 Metern wäre das der höchste Berg der VAE, wenn sein Gipfel nicht bereits im Oman läge. Ein Nebengipfel mit 1.892 Metern bildet aber immerhin den höchsten Punkt des Landes. Mit dem Bau der Jebel Jais Mountain Road begann die touristische Erschließung des Berges, die Zipline wurde 2018 eröffnet. 2022 folgte der Alpine Coaster und es sind weitere Attraktionen in Planung, die mit Hotels zu einem kompletten Resort ausgebaut werden sollen. Ob die mal angedachten Seilbahnen und Skipisten noch aktuell sind, weiß ich allerdings nicht.
Aber zurück zur Zipline. Da soll es also gleich 2.831 Meter weit über den Abgrund gehen.
Definitiv nichts für schwache Nerven. Zumal dieses Schlachter-Outfit nicht von Ungefähr kommt.
Statt wie gewöhnlich mehr oder weniger sitzend, absolviert man hier den Flug nämlich in Bauchlage.
Bisher gibt es zwei Seile. Plattformen und Verankerungen wurden aber schon für vier Seile gebaut, sodass die Kapazität bei Bedarf verdoppelt werden kann.
Zwischen den Startböcken bietet ein Steg mit Glasboden einen Blick auf die Strecke. Im roten Kringel hängt die Landeplattform.
Nacheinander wurden wir auf den Flug vorbereitet, nochmal alles nachgezogen und bei mir die Kamera montiert. Dann hieß es warten, bis wir endlich an der Reihe waren. Schließlich wird man nochmals gewogen und dann einem der beiden Seile zugeordnet. Der Schwerere Links, der Leichtere Rechts - wenn ich mich recht entsinne. Auf dem Startbock wird man eingeklingt, beugt sich vor und stützt sich auf den Armen ab, dann heben die Mitarbeiter die Füße an und man hängt da so rum. Um die Gewichtsunterschiede ein wenig auszugleichen, bekommt man entweder noch ein Zusatzgewicht oder ein kleines Bremssegel auf den Rücken geschnallt und sobald von der Landeplattform die Freigabe erfolgt (was auch mal etwas länger dauern kann und in der Bauchlage mit Kopf voran nicht allzu angenehm ist), geht es auch schon los.
Je nachdem, wie das Seil schwingt, kann man mit den Füßen durchaus den Startbock streifen.
Man wird schneller und schneller, der Fahrtwind peitscht einem ins Gesicht und der Boden entfernt sich immer weiter. Man wirbt mit Geschwindigkeiten von bis zu 160 km/h, ich bezweifele allerdings, dass ich die erreicht habe. Die ersten 20 Sekunden kickt das tatsächlich recht ordentlich. Aber dann war es das halt mit der Geschwindigkeitszunahme, abgesehen von der Höhe gibt es jetzt auch nicht so wahnsinnig viel zu sehen, aber man hat erst ein Drittel des Fluges hinter sich. Ok, der Versuch sich umzusehen resultierte in einem Schlingern, sodass ich den Blick lieber nach vorne gerichtet ließ. Leider müssen die Hände auch auf dem Rücken bleiben, die Superman-Pose ist also ebenfalls nicht möglich. Ansonsten ziehen sich die 2,8 km allerdings etwas. Sieht man auch schön an meinem Gesichtsausdruck im Video. Real kam mir der zweite Teil des Fluges übrigens deutlich länger vor:
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Wie man sieht, musste ich mich die letzten Meter selbst zur Landeplattform ziehen. Mit mehr Gewicht oder Rückenwind kann man es durchaus auch bis zur Plattform schaffen. Unter Umständen bleibt man aber auch schon vor Erreichen des Reinziehseils hängen, dann muss ein Mitarbeiter von der Landeplattform rauskommen und einen reinziehen. Dort angekommen wird man wieder aufgerichtet und das Liege-Gurtzeug entfernt. Ganz befreit wird man jedoch noch nicht, denn man hat noch keinen festen Boden unter den Füßen.
Die 9 Tonnen schwere Landeplattform schwebt laut Webseite etwa 80 Meter über dem Boden. Den Glasboden hatte ich aber überhaupt nicht realisiert.
Von dort geht es dann normal sitzend mit einer zweiten Mini-Zipline rüber zum Festland.
Auf der Webseite steht was von einer 1 km langen Zipline zum Fuß des Berges. Tatsächlich sind das nur etwa 40 Meter, ohne großartiges Gefälle. Völlig unspektakulär, noch langweiliger als das Ende der großen Zipline. Für meinen Geschmack hätte es auch eine Hängebrücke getan, wäre womöglich sogar spannender gewesen - also wenn es überhaupt die komplizierte Schwebekonstruktion gebraucht hätte. Nachdem wir uns dann endgültig des Gurtzeugs entledigt hatten, brachte man uns mit den Minibussen wieder hinauf zum Restaurant. Zum Glück war Dirk da nicht mehr dabei, dagegen war der Fahrer unseres eigenen Busses noch gemütlich unterwegs.
Mit Vollgas ging es den Berg hinauf, sofern kein Gegenverkehr kam, wurden die Kurven mit Ideallinie genommen und den Checkpoint passierten wir auf der Gegenspur, weil sich vor der Schranke ein Stau gebildet hatte - das vordere Fahrzeug durfte wohl nicht durch und musste nach Diskussion wieder zurücksetzen.
Zurück am Restaurant wurden die Kameras zurückgegeben. Das Video kann dann wahlweise direkt gekauft oder später per QR-Code online bezahlt werden. Leider zeigt die Vorschau nur wenige Sekunden des In-der-Station-Baumelns und mit umgerechnet 35 Euro ist der Preis ähnlich abgehoben wie die Zipline selbst. Entsprechend war ich wohl der einzige, der sich das Video - nach zwei Tagen Bedenkzeit - schließlich doch gönnte.
Obwohl der Alpine Coaster hier oben auch eine Station besitzt, brachte uns unser Bus wieder nach unten zur Talstation.
Leider gelten auch hier äußerst strenge Regeln, es darf absolut nichts mitgenommen werden. Also auch keine Handys oder gar Kameras. Entsprechend gibt es von der Fahrt selbst keine Bilder. Nach kurzer Wartezeit stiegen wir in die Wiegand-Bobs und wurden nach oben gezogen. In der Bergstation wird man angewiesen, den Bremshebel nach vorne zu drücken. Und zwar "all the time" - auch wenn das auf dem noch folgenden letzten Liftsegment natürlich völlig unnötig ist.
Die Fahrt beginnt mit einem
Kreisel, dann windet sich die Strecke mit Serpentinen, S-Kurven und Wellen durch die schroffe Felsenlandschaft nach unten.
Natürlich ist auch diese Anlage mit den inzwischen üblichen Magnetbremsen entlang der gesamten Strecke versehen. Leider, denn das Layout macht einen guten Eindruck. Aber wenn man mit Vollgas in die Steilkurve knallt, nur um dann auf der anschließenden Geraden massiv eingebremst zu werden, stört das den Fahrspaß doch ungemein. Dabei hatte ich gehofft, dass man die Bremsen inzwischen dezenter einsetzen kann, bei anderen Anlagen fielen sie jedenfalls nicht so dramatisch auf.
Schließlich endet die Fahrt, so wie sie begonnen hatte, mit einem
Kreisel.
Dann hieß es schleunigst zurück zum Bus, der uns nach knapp drei Stunden wieder aus dem Gebirge heraus zum Parkplatz unseres eigentlichen Reisebusses brachte. Die andere Gruppe war natürlich schon lange fertig und unterwegs zum nächsten Ziel - wahrscheinlich sogar schon zum übernächsten Ziel. Denn als kleine Überraschung hatte Dirk noch ein Zwischenziel eingeplant, das mehr oder weniger auf dem Weg lag...
Auch wenn das für unsere Zipline-Gruppe einen äußerst knappen Zeitplan bedeutete...
Fazit: Ein Ausflug ins Gebirge gehört sicherlich nicht zu den ersten Ideen, wenn man an einen Urlaub in den Vereinigten Arabischen Emiraten denkt. Aber man gibt sich hier alle Mühe, dass sich das ändert. Wo bisher vor allem Wanderer, Bergsteiger und Radsportler unterwegs waren, versucht man mit immer mehr Attraktionen auch andere Touristen ins Hadschar-Gebirge zu locken. Dabei ist der Längenrekord der Zipline natürlich hilfreich, auch wenn das aus meiner Sicht nur die Flugdauer unnötig in die Länge zieht. Auch der Jais Sledder konnte nur bedingt überzeugen. Die Bremsen sind einfach völlig deplatziert und dass man überhaupt nichts mitnehmen darf, dient wohl in erster Line dem Verkauf der eigenen Videos. Den eigentlichen Nervenkitzel boten jedenfalls die Busfahrer, da konnten weder der Alpine Coaster noch die Zipline mithalten.